Veröffentlicht: 03.08.2022
So, heute war es dann soweit. Schon vor 07:00 Uhr begab ich mich mit dem Transporter auf seine, zumindest mit mir, letzte Fahrt. Ziel der Reise war ein kleines Dorf kurz vor Tiflis, in dem ich ihn bei einem Bekannten abstellen kann. Er wird dann alles weitere Organisatorische für mich übernehmen.
Naja, nur 10min nach der Abfahrt ging er an einer Steigung erstmal aus und im Gegensatz zur gleichartigen Situation in Armenien auch nicht mehr an. Hmmh, am Berg bastelt es sich schlecht, also zurückgerollt und nach einer kleinen Wendung in der Ebene am Rand abgeparkt.
Die Ursache war schnell gefunden, der Motor bekam keinen Diesel mehr. Super, und ich hatte gestern alles Werkzeug usw. ausgeräumt. Zum Glück fiel mir ein, dass ich eine Zange und einen Schraubendreher zurückbehalten hatte um später die Kennzeichen zu demontieren. Tatsächlich ließ sich die Verschraubung mit der Kombizange lösen. In der Hohlschraube und der Leitung am Filtereingang steckte wieder mal Dreck, irgendwas, was sich wie Knete anfühlt. Ließ sich glücklicherweise mit einem Stück Draht rauspuhlen. Komisches Zeug, hab es mal eingepackt, will ich mir zu Hause mal unterm Mikroskop genauer ansehen.
Nach dem Zusammenbau lief er tatsächlich auch wieder, Schwein gehabt. Wäre zu ärgerlich gewesen, auf den letzten Fahrtag noch fremde Hilfe zu benötigen. Merke: Das alte Sprichwort "Hast Du Hammer, Zange, Draht, kommst Du bis nach Leningrad." gilt immer noch.
Die weitere Fahrt lief gut, irgendwann auf der Autobahn überkam es mich, wollte schon immer wissen, wie schnell er maximal fährt. Hatte ich doch bisher den elektronischen Tacho mit einer nervig piependen Warnschwelle bei 95 versehen, um den Motor nicht unnötig zu belasten. Naja, bei 129 nach GPS war Schluss, da klang er aber auch "leicht" angestrengt. Muss man nicht haben, um die 80/90 ist auch gemütlicher...
Mein Bekannter, er heißt Zviad, holte mich dann am vereinbarten Treffpunkt neben der Autobahnabfahrt ab und wir fuhren zum Abstellplatz in seinem Dorf. Dort angekommen ging dann alles sehr schnell: Abparken im Hof, Kennzeichen ab, kurze Erklärung meinerseits zu den zusätzlichen "Wegfahrsperren", dem Car-Safe, sonstigen "Features" und paar allg. Details, GPS-Tacho und Krimskrams rausräumen und dann gab es auch schon Mittagessen. Dazu gab es neben Saft gleich noch ausreichend Wein und 65prozentigen Schnaps, alles selbstgemacht, alles lecker. So geht das dann gleich alles viel leichter...
Nach einem längeren Gespräch zu allen möglichen Themen brachte mich Zviad zur Autobahnauffahrt zurück. Dort wollte er mir ein Marshrutka (das sind üblicherweise alte Mercedes-Sprinter, die quer durchs Land eine Art Linienverkehr durchführen) anhalten. Ich selbst hatte mir eine Pappe mit der Aufschrift "Kutaisi" mitgebracht, die ich parallel dazu hochgehalten habe. Nach ca. 10min hielt dann auch schon ein Renault Megane Cabrio. Nugo, der Fahrer, meinte, dass Kutaisi genau seine Richtung ist und er mich direkt am Hotel absetzen wird. Mein Pappschild soll ich gleich mal Zviad geben, werde es nicht mehr brauchen. Naja, besser kann es bald nicht laufen.
Gefühlt fährt Nugo da einzige Cabrio in ganz Georgien, nach etwa 3,5h mit großteils offenen Dach durch pralle Sonne, durch lange Baustellen mit extrem staubigen Pisten und mit teils böse rußenden Fahrzeugen in unserem Umfeld erahne ich, warum hier kaum jemand ein Cabrio bzw. wenn doch, dann eigentlich nur geschlossen fährt. Einziger erkennbarer Vorteil war, dass jetzt der rechte Arm auch mal bissel Bräune bekam, sah doch bisher nur der linke Arm Sonne...
Nugo spricht zwar kein Englisch, dafür aber fließend Deutsch. Er hat neun Jahre in Österreich gearbeitet und ist wegen seiner Eltern wieder zurück nach Georgien gekommen. Sehr angenehmer Typ, haben uns gut unterhalten.
Sein Fahrstil war dafür aber recht gewöhnungsbedürftig. Als echter Georgier scheint man immer erst dann zum Überholen auszuscheren, wenn man wirklich keine Chance hat, etwas bezüglich entgegenkommender Fahrzeuge zu sehen. Auch kennt man als klassischer Georgier weder eine Motorbremse noch die Möglichkeit der kraftstoffsparenden und materialschonenden Fahrweise. Da hatte es wieder sein Gutes, dass ich vor dem Antritt der Rückreise aus reiner Höflichkeit alle mir von Zviad angebotenen alkoholischen Getränke ausgetrunken habe, womit das doch deutlich besser zu ertragen war.
Nach der Rückkehr im Hotel in Kutaisi zum späteren Nachmittag war ich dann auch einige Nahtoderfahrungen reicher.
Abends waren wir dann wieder im Papavero essen, auch heute war es sehr angenehm. Nebenher konnte ich einen vielleicht 10jährigen Jungen vor dem Restaurant beim Jonglieren beobachten. Er scheint sich, so wie andere in der Fußgängerzone Instrumente spielen, damit sein Taschengeld aufzustocken. Großer Respekt, was er dort mit sehr viel Freude für eine Show hingelegt hat, da wirft man wirklich gern was in den Hut.
Den Rest des Abends verbrachten wir mit unseren Gastgebern Tamara und Georgi in deren Garten bei leckerem Wein und angenehmen Gesprächen.
Heute sind es nochmal 197km mit dem Transporter, für mich wohl die letzten mit ihm, geworden. Irgendwie komisch, ihn nach der langen Zeit und den fast 8000-Urlaubskilometern nun einfach zurückzulassen.
Trotzdem war es alles in allem ein schöner, wenn auch anstrengender Tag.