Deutschland-Kaukasus 2022 mit dem VW T3
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Tag 22 Armenien - Jerewan und Umland die Zweite

Veröffentlicht: 17.06.2022

Heute morgen war ich mit Mahi verabredet. Ihr erinnert Euch, der Iraner, den ich bei der Einreise nach Armenien an der Grenze mitgenommen habe. Wir sind in Kontakt geblieben und hatten verabredet, dass wir vielleicht noch bissel zusammen rumfahren. Ich traf ihn vor seinem Hostel in Jerewan und wir gingen zunächst Tee und Kaffee trinken.

Dabei kamen wir über einen großen Platz, wo man für seine Kinder umgebaute Elektrofahrzeuge, die richtig Geschwindigkeit machen und durch die hinten angeschweißten Rollen wunderbar schleudern und driften können, mieten kann. Eine heiße Geschichte, sieht lustig aus, ist aber sehr gefährlich. Insbesondere deshalb, weil die Kinder kreuz und quer durch die Fußgängermengen heizen. Aber hier ist das alles etwas anders...

Anschließend gingen wir zu einer Bank und haben versucht, an einen seiner Freunde eine kleine Geldmenge zu transferieren. Für Iraner ist das nicht möglich, da sie unter eine Art Embargo fallen. Für mich war das nicht möglich, weil die Bankangestellten so trantütig waren, dass nicht nur wir, sondern auch eine Vielzahl der anderen wartenden Kunden nach einer halben Stunde Warten ohne jegliche Veränderung wieder gegangen sind.

Mahi ist sympatisch und sehr intelligent, er wird eine Lösung finden.

Dann entschieden wir, dass wir heute ein bissel zusammen durchs Umland fahren und uns verschiedene Sachen ansehen.

Zunächst ging es zu einer Ruine einer Kathedrale in Swartnoz. Google Maps führte uns dahin über Feldwege, sodass wir plötzlich, ich nenn es mal, am Hintereingang landeten. Dort haben wir dann den Transporter im unwegsamen Gelände zurückgelassen. Dann haben wir die Kathedralenruine besichtigt. Dabei kam plötzlich eine Art Wächter und wollte Geld von uns. Nur dass das, was er sagte nicht mit dem übereinstimmte, was er uns als Wechselgeld geben wollte.

Naja, da haben wir dann die Zahlung verweigert und wurden von ihm zur offiziellen Kasse in ca. 400 bis 500m Entfernung geschickt. In einem von ihm unbeobachteten Moment sind wir aber abgebogen, übers Hinterland wieder zum Transporter gegangen und haben uns lieber getrollt. War ein unangenehmer Zeitgenosse, hatte keinen Bock mehr auf Besichtigung dort.

Bei der weiteren Fahrt über Land entdeckten wir einen Gemüsemarkt und hielten spontan. Die Früchte und das Gemüse waren sehr preiswert und lecker...

Dann ging es zu einem Yezidi-Tempel. Auch die Yezidi haben mehrfach in der Geschichte Genozide erfahren, einige Denkmäler und Infotafeln im Gelände erinnern daran. Der Tempel und die Außenanlagen waren sehr prachtvoll, selbst die goldenen Verzierungen auf den Türmen sahen aus wie gewienert. Dort haben wir dann eine Gruppe Kurden getroffen, die jetzt in Bordeaux leben, eine der Frauen lebte vorher in Frankfurt a.M.. Ein sehr interessantes Gespräch, eine der Damen hätte Mahi, der iranischer Kurde ist, wahrscheinlich gern geheiratet. Er fühlt sich aber noch nicht bereit für das andere Geschlecht, will noch etwas abwarten.

Dann fuhren wir in Richtung türkische Grenze, Mahi erklärte mir, dass dort ein Grenzfluss existiert. Nebenher hielt ich mal wieder am Straßenrand an, um Fotos vom Ararat zu machen. Im Gegenverkehr fuhren zwei junge Männer mit einem Lada Samara vorbei und grüßten freundlich. Dann setzten sie zurück, stiegen aus und schenkten uns beiden jeweils zwei, drei volle Hände mit Süßkirschen aus Kisten auf der Rückbank. Natürlich gab es dann von mir ein Sicherheitsutensil als Rückantwort.

Später kamen wir an einem wilden Schlagbaum und einem netten Schild an, dort war natürlich Schluss. Nix Grenzfluss, nix Foto meinten die dort rumlungernden Einheimischen.

Nach dem Umkehren und dem versehentlich entstandenen Foto kam uns plötzlich ein russischer Geländewagen UAS469 mit russischer Kennung entgegen. Das wussten wir beide noch nicht, dass dort scheinbar auch die rote Armee ihren Dienst zur Sicherung des Friedens leistet.

Wir haben es dann noch an einem weiteren Übergang versucht, aber auch dort kam sofort jemand in einer mehrfarbigen Uniform des Weges, der uns höflich, aber eindeutig mitteilte, dass man kein Verständnis für Tourifotos mit Motiv "Dreckiger Transporter vor Schlagbaum und Verbotsschild" haben würde. Aber Fragen kostet ja nichts.

Im Rahmen der weiteren Fahrt konnten wir aber zumindest noch den Grenzstreifen betrachten. Einmal Erdstreifen zwischen zwei Stacheldrahtzäunen, ich erinnerte mich prompt an meine Kindheit und die Grenze zwischen Thüringen und Bayern im Raum Sonneberg, nur dass dort noch ab und zu auch zusätzlich Hunde rumturnten...Man scheint es also ernst zu meinen mit der Bewachung hier.

Nebenher gab es nicht nur miese Straßen und Feldwege, sondern ab und zu auch Pisten mit groben Schotter. Da kam dann bissel der Spieltrieb durch, so eine kleine selbstprovozierte fahrdynamische Unstetigkeit hier und da fetzt...Und die Staubwolke, die wir hinterherzogen, war auch irgendwie lustig...So muss das damals bei Günther Willers und Franz Meersdonk gewesen sein, aber das ist eine andere Geschichte und dürfte mittlerweile auch nur noch für Insider nachvollziehbar sein...

Auch die durchfahrenen Dörfer in Grenznähe hatten ihren Charme. Für mich schon deshalb, weil überall deutlich über 30 Jahre alte Autos in mehr oder weniger gutem Zustand rumstehen. Aber auch die vielen, vielen Storchennester waren eine Besonderheit.

In einem Dorf sind wir dann auf einen Fortschritt E302 gestoßen. Echte Friedensware aus alter Zeit, scheint hier noch im Einsatz zu sein. Ob er es wohl im Rahmen der Bruderhilfe hierher geschafft hat?

Später haben sich Mahis und meine Wege getrennt. Er möchte in den Süden an die iranische Grenze. Dort wird er sich mit einer Bekannten treffen und dann paar Wochen mit ihr zusammen durch Armenien trampen.

Mahi ist ein sehr angenehmer und intelligenter 19jähriger Typ, der seinen Lebensunterhalt während seiner mittlerweile mehrjährigen Reise mit Gelegenheitsjobs und dem Verkauf von selbstgefertigten Fotos und Handarbeiten verdient. Ich schenkte ihm zum Abschied eine alte Kamera, die ich warum auch immer auf die Reise mitgenommen habe, aber dann eben doch nie verwendet habe. Er wird damit sicher etwas anfangen können.

Wer seine Reise verfolgen möchte, hier der Link:

https://instagram.com/stories/s_travel_lessons_2/2862509389279196227?igshid=MDJmNzVkMjY=

Ich bin dann zurück nach Jerewan gefahren. Unterwegs sah ich noch einen Obdachlosen, der gerade in einer Mülltonne wühlte und einen riesigen Palettenwagen mit allerlei Equipment bei sich hatte. Genau auf so eine Chance habe ich gewartet, hab ich doch diverses Zeug im Transporter, was vor meiner Heimreise eine sinnvolle Verwendung sucht. Und er sah aus, als könnte er etwas gebrauchen und hatte Transportkapazitäten.

Ich hab ihm mein Campinggeschirr, diverse Schüsseln, Töpfe, Decken, Planen, einen Campingstuhl und die am Innenspiegel hängende Sonnenbrille von Opa Rudi geschenkt. Alles Dinge, die ich mitgenommen hatte, weil man sie zu Hause nie aber hier vielleicht im Ausnahmefall mal brauchen könnte (aber eben doch (fast) nie braucht), daher nicht wegwirft, die aber anderen Menschen das Leben leichter machen könnten. Insbesondere die Sonnenbrille schien ihn sehr zu freuen, Rudi hätte sicher nichts dagegen gehabt. Irgendwie war es eine Erlösung für mich, dass diese Sachen hier einen dankbaren Abnehmer gefunden haben, habe ich doch in den letzten Tagen mehrfach darüber nachgedacht, was wohl mit dem Inhalt des Transporters nach meiner Heimreise geschehen soll. Problem gelöst...

Im Hotel angekommen hab ich mich dann nur noch über eine Dusche gefreut und meinen Abend an der Poolbar mit dem Schreiben dieses Blogs verbracht. Nebenher habe ich noch die Info erhalten, dass meinem Antrag auf Einreise nach Karabach nicht stattgegeben wurde. Gründe wurden keine genannt. Naja, ehrlich gesagt hab ich eh nicht damit gerechnet, dass es klappt. Aber unversucht weiß man das sonst nie.

107 Kilometer sind es heute geworden. Es war ein wunderschöner Tag mit vielen tollen Eindrücken...


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