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Die Rumänischen Karpaten – Liebe auf den zweiten Blick

Veröffentlicht: 19.08.2023

Rumänien bereitete uns ganz im Norden erstmal einen zweifelhaften Empfang. Am grenznahen Bahnhof war man – ganz entgegen unserer bisherigen Erfahrungen im Osten – nur bedingt gewillt, uns zu helfen; die Umgebung erschien uns eher dreckig und vor allem lieblos; nach einem Bus, der unsere Wartezeit verkürzen sollte, suchten wir vergebens; unsere Rucksäcke mussten wir unter der knallenden Sonne etliche Kilometer durch die Stadt tragen und als wir dann am Abend endlich in unserer Unterkunft ankamen, brauchte es einige Palinka, bis wir mit dem Wirt warm geworden sind, trotz der sommerlichen Temperaturen.

Rumänische Vorsorge

Dabei waren wir vor zwei Jahren schon mal in Rumänien unterwegs. Damals aber in Begleitung unserer Freunde und mit dem Auto in Siebenbürgen. Dort war die Welt in Ordnung, die Dörfer aufgeräumt, die Landschaft idyllisch und alle nett und hilfsbereit. Wo waren wir also jetzt hingeraten?

Mănăstirea Bârsana

Wir wollten im Norden Rumäniens die Karpaten erkunden und wenigstens ein Moldau-Kloster besuchen. Außerdem stand mal wieder eine Pause auf dem Programm, denn in den letzten zwei Wochen haben wir zwar ständig neue Eindrücke gesammelt, mit Ruhetagen aber gespart. Diese braucht es aber gelegentlich: um in Ruhe Wäsche zu waschen, wirklich mal wieder Yoga zu machen, Mails abzuarbeiten oder die Gedanken zu sortieren.

Drahtseilakt

Nach kurzer Zeit fanden wir dann aber doch das Rumänien wieder, an das wir uns erinnerten. Nach ein paar Palinka taute nicht nur der Wirt auf, wir haben uns auch mit einer rumänischen Familie angefreundet, die hier eine Woche im Urlaub war und uns zu Maria Himmelfahrt mit ins Kloster Bârsana nahmen. Das war ein echtes Fest! Tausende Einheimische, viele in Tracht kamen zusammen um zu beten, singen, beichten und Wünsche an das Himmelreich zu übergeben. Wir waren beeindruckt, auch von der traumhaften Kulisse und von der Handwerkskunst, mit der das Kloster seit der Wende wieder aufgebaut wurde. Der im Sozialismus unterdrückte Glaube erlebt hier eine Renaissance insbesondere in den ländlichen Regionen.

Santa Maria

Ohne unsere rumänischen Freunde hätten wir vermutlich erst an der Bahnsteigkante gemerkt, dass dieser hohe Feiertag für das orthodox geprägte Land ins Haus stand, denn der Zug, mit dem wir an dem Tag eigentlich einen Ausflug machen wollten, verkehrt an Feiertagen nicht.

Wanderers Rast

Da wir es natürlich auch nicht lassen können, die Berge ringsum zu erklimmen, haben wir noch etliche Forstwege erkundet, die in keiner Karte verzeichnet sind, sind durch Dörfer gelaufen, in die man für gewöhnlich nur mit dem Pferd oder Geländewagen kommt und haben uns dann doch ganz schnell wieder mit Rumänien versöhnt – nicht zuletzt wegen der tollen Landschaft, dem leckeren Essen und rumänischen Großmüttern, die man einfach lieben muss, auch wenn man keine gemeinsame Sprache findet.

Weg mit Weitblick

Das Land ist gesellschaftlich und politisch im Umbruch, die alte Ordnung in den Dörfern mit extrem fleißigen Bauern, gepflegter Kulturlandschaft, liebevoller Tierhaltung und kleinen Läden (nie ohne Bank zum Schwatz) trifft auf Orte, die ihren Rahmen noch nicht wieder gefunden haben und unzählige Rumänen in Autos mit ausländischen Kennzeichen, die ihr Geld anderswo verdienen. Der Balanceakt zwischen Tradition und Umbruch ist noch nicht gefunden.

Robert

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