Veröffentlicht: 20.10.2024
Recoleta, die ESMA - das ehemalige Foltergefängnis der Militärdiktatur - und das traditionsreiche Stadtviertel La Boca.
Der Friedhof Recoleta beherbergt in den meist prächtigen Mausoleen viele der wichtigsten Persönlichkeiten des Landes - neben mehreren Präsidenten auch Evita Perón. Für uns Touris kostet der Zugang zum Friedhof Eintritt - verständlich bei dem Besucheraufkommen. Wir laufen in einer gut geführten Tour durch die verzweigten Gänge. In der Stadt der Toten gibt es mehr als 6000 Gräber. Das Areal ist so groß, dass wir schnell unter uns sind und von Ruhe umgeben.
Über das Leben und Sterben der zahlreichen Prominenten ließen sich endlos viele Bücher schreiben. Die Geschichte von Evita und ihrem Leichnam ist nur eine. Ihr Mann, der Präsident Perón, ließ sie nach ihrem Tod 1952 einbalsamieren. Nach Peróns Sturz aber wurde ihr Körper gestohlen und in Mailand unter falschen Namen begraben. Nach 17 Jahren wurde er dann von Mailand doch nach Buenos Aires zurückgebracht und von ihrer Familie schließlich relativ dezent im Familiengrab untergebracht.
Es gibt viele weitere Geschichten…Liliana Crociati de Szaszak: Die junge Frau starb überraschend auf ihrer Hochzeitsreise, als eine Lawine auf ihr Hotel in der Nähe von Innsbruck stürzte. Vor ihrer Grabstätte wurde sie gemeinsam mit ihrem geliebten Hund verewigt.
Das Arbeiterviertel „La Boca“ ist bekannt für seine bunten Häuser. Sie wurden aus Metallplatten von abgewrackten Schiffen gebaut und mit Schiffslack bunt angemalt. Hier spielen vor allem der Fußball und der Tango eine große Rolle!
Im überlaufenen Zentrum des Viertels fühlen wir uns wie auf einem Rummelplatz. Wir sind offensichtlich nicht die einzigen Touris, die hier herkommen 😁 Dadurch fehlt es definitiv an Atmosphäre. Um etwas mehr Authentizität zu bekommen, müssten wir sicherlich in die kleineren Seitenstraßen einbiegen - davor wird allerdings abgeraten, es sei denn wir wollen Geld und Ausweise schnell loswerden 🙏🏻
Besonders sehenswert sind allerdings die politischen Murals und das Stadion der Boca Juniors. Maradona hat selber hier mal gespielt.
Das ESMA war zur Zeit der Militärdiktatur unter Videla (1976 - 1983) ein geheimes Haft- und Folterzentrum und ist heute eine Erinnerungsstätte. Wie furchtbar es gewesen sein muss, zeigt eine Ausstellung die durch die ehemaligen Räumlichkeiten führt - Ein sehr beklemmender Ort!
In der ESMA wurden Gegner des Regimes und welche dafür gehalten wurden unter schlimmsten Bedingungen eingesperrt, gefoltert und ermordet. Es gab sogenannte Todesflüge, bei denen Inhaftierte betäubt über dem Meer herausgeworfen wurden. Schwangeren Frauen wurde ihr Kind nach der Geburt weggenommen und sie wurden anschließend getötet. Über 5000 Menschen fielen den Gräultaten alleine dort zum Opfer.
Eine Opferorganisation der Mütter „Madres de Plaza de Mayo“ demonstrierte damals bereits gegen das Verschwinden ihrer Angehörigen.
Mitten in dieser Zeit fand auch die Fußball-WM in Argentinien statt. Obwohl es Berichte über die Missstände gab und auch Deutsche verschwanden, wurde von Seiten des DFB dieses Thema abgetan. Berti Vogts (damals Kapitän) sagte zu der Zeit: „Argentinien ist ein Land, in dem Ordnung herrscht. Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen.“ Dieses Statement ähnelt doch sehr der Äußerung des Kaisers Beckenbauer zur EM in Katar…
Nach der Diktatur gab es eine Kommission der demokratischen Regierung. Die Hauptverantwortlichen wurden letztendlich zu langen Haftstraffen verurteilt.
Am nächsten Tag besuchen wir dann noch zum Abschluss unseres Besuchs einen faszinierenden Ort: Eine der schönsten Buchhandlungen überhaupt befindet sich in einem ehemaligen Theater, „El Ateneo Grand Splendid“! Wir laufen über Treppen auf die verschiedenen Etagen und bewundern die eindrucksvolle Kulisse.