Veröffentlicht: 08.08.2024
Strecke: 245 km Fahrtzeit: 12:33
Gesamtstrecke: 1.923 km (davon 1.599 km mit unseren Rädern)
Nach vier Wochen mit den Fahrrädern in China haben wir uns an die hiesigen (teils chaotisch anmutenden) Verhältnisse im Straßenverkehr gewöhnt. Getreu dem Motto "Follow the local" finden wir uns in den Innenstädten im dichten Gewirr der Verkehrsteilnehmer immer besser zurecht.
Es stellt sich heraus, dass LKWs (die großen 40 Tonner) immer (!!) Vorfahrt haben. Egal ob wir mit 40 Sachen einen Hügel auf einer Vorfahrtstraße hinunter düsen - der aus der Nebenstraße kriechende Lastwagen schert sich nicht um den restlichen Verkehr und erst recht nicht um uns zwei kleinen Biker. Wir nehmen es gelassen (also hinterher, nicht im Augenblick des Geschehens), denn was bleibt uns anderes übrig?
Ein weiteres, ungeschriebenes Gesetz der Straße, zeigt sich an der Ampel: Alles was weniger als vier Räder hat, darf auch bei Rot über die Kreuzung (auf eigene Verantwortung versteht sich). Wichtig: Immer den Kurs halten, Blickkontakt mit dem Gegenüber suchen und nicht anfangen stehen zu bleiben!
Tag 22: Die ersten Kilometer legen wir bei Sonnenschein auf der G205 zurück. Dann verlassen wir die dicht befahrene Schnellstraße und setzen unseren Weg auf kleinen Straßen zwischen verschiedenen Dörfern fort. Komoot führt uns (mal wieder) auf völlig unbefestigte Wege – und damit meine ich wirklich unbefestigt (ja, ich hätte lieber die Gaode App als Navi einsetzen sollen!). Abseits der Straße geht es durch Pfützen und Schlamm, was zwar herausfordernd ist, aber wenig Spaß bringt...
Normalerweise ist Zhaoyang nicht aus der Ruhe zu bringen. Egal ob heiße Temperaturen, einsetzender Regen, buckelige Fahrbahnen - sie bleibt gelassen. Das einzige was sie ärgert sind (zurecht) schlechte Hotelzimmer und schlechtes Essen. Im Matsch ist es jedoch auch mit ihrer Geduld vorbei. Zum Glück kann ich ihren Ärger auf Komoot als "Schuldigen" ableiten.
Unsere Bikes und wir sind verdreckt vom Matsch - so können wir unsere Bikes nicht im Hotel unterstellen. Glücklicherweise empfiehlt uns das nette Mädchen von der Rezeption eine KFZ-Werkstatt in der Nähe unseres Hotels im Ort Tangshan/Hexicun. Dort ist der Hochdruckreiniger defekt, dafür stellt uns der Nachbar kostenfrei einen Wasserschlauch zum Säubern zur Verfügung - also für die Bikes versteht sich. Wir waschen unsere Sachen später im Hotel ;-)
Tag 23: Der Himmel zeigt sich heute morgen grau verhangen im Dorf Hexicun. Wir checken erneut die Wetterprognose: 0% Regenwahrscheinlichkeit, lediglich am Nachmittag gegen 14:00 h sind 10% vorhergesagt. Die Straßen sind trocken, genug Wasser ist eingepackt und etwas für den kleinen Hunger haben wir ebenfalls verstaut. Da wir keine Lust auf erneute Matsch-Abenteuer haben, bleiben wir auf den besser ausgebauten Landstraßen.
Gegen 14:00 h legen wir eine kleine Pause ein und es kommt, wie es kommen muss: Ein Gewitter donnert heran, wir suchen uns ein einigermaßen geschütztes Plätzchen und warten darauf, dass der Regen nachlässt. Tut er nicht, dafür kommen unsere Regenklamotten zum Einsatz. Die Temperatur ist merklich gefallen und wir sind froh um die winddichte Kleidung. Von außen nass und von innen durchgeweicht erreichen wir zwei Stunden später unser Ziel in der kleinen Ortschaft Dachang.
Tag 24: Unsere Reise geht heute leider schon zu Ende. Nur noch wenige Kilometer trennen uns von Beijing, dann haben wir es geschafft. Die Sonne freut sich ebenfalls und macht es uns mit 34 Grad warm ums Herz. Die Straßen bzw. Radwege sind tipp-topp in Ordnung und wir folgen weitestgehend ruhigen Wegen bis zu unserem Ziel, dass südlich vom Zentrum Beijings etwa 20 km entfernt liegt.
Rückblick und Fazit: Wie uns die 5-wöchige Tour in China rund um das Bo Hai Meer gefallen hat? Es war ein tolles Abendteuer, jeder Tag hat seine unvergesslichen Momente gehabt. Und geteilte Freude ist doppelte Freude, da wir zu zweit die gleichen Erfahrungen gemacht und Herausforderungen gemeistert haben.
Das wichtigste zuerst: Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen in China sucht seinesgleichen. Auch heute wieder: Wir putzen unsere Räder, um sie nach der Tour zu verstauen. Ein Nachbar sieht uns und schleppt gleich zwei Eimer Wasser an...
Dann das Essen: Es ist überhaupt nicht mit den China-oder Asia-Restaurants in Deutschland vergleichbar. Egal ob am Straßenrand oder in vornehmeren Restaurants, mir hat es immer bestens geschmeckt und wohl bekommen (wie gesagt, einzig Seewürmer sind nicht mein Ding).
Sicherheit ist ein weitere Pluspunkt: Bis auf sehr wenige Ausnahmen im Straßenverkehr haben wir uns immer sicher und gut aufgehoben gefühlt. Fast überall sind Fahrradstreifen vorhanden, auch wenn die gerne in den Innenstädten als Parkplatz genutzt werden. Zhaoyang hatte befürchtet, dass es viele kläffende Hunde geben würde (unsere Erfahrung aus Thailand). Aber weit gefehlt, nur selten war Gebell zu hören und alle anderen Vierbeiner haben uns entspannt passieren lassen. Von einer Tollwut-Impfung, die ich ursprünglich in China nachholen wollte, wurde mir abgeraten, da keine Notwendigkeit dazu besteht.
Landschaft und Meer: Natürlich habe ich mir beim Gedanken an "Meer" schöne Strände und Promenaden vorgestellt und war etwas enttäuscht, als das Landschaftsbild die ersten Tage von großen Industrien geprägt war. Nach dem wir den südlichsten Teil der Bo Hai Bucht hinter uns gelassen haben, änderte sich dies und wir genossen mehr und mehr schönere Eindrücke. Yantai war der Höhepunkt auf der Südseite, gefolgt von dem beeindruckenden und in Hügeln gebetteten Dalian. Die Chinesische Mauer in Shanhaiguan war ein weiteres Highlight, ebenso das touristische und mit langen Sandstränden versehene Baideihe.
Auch wenn es eine eher untypische Reise war, hoffen wir, dass euch dieser Reiseblog einige Eindrücke vermittelt konnte. Wir hätten gerne ein paar Wochen drangehängt, jetzt da wir so in Schuss sind, aber wir brechen morgen in den Norden Chinas nach Harbin auf, Zhaoyang's Eltern und Familie besuchen. Danach geht's weiter nach Mauritius, aber das ist eine andere Geschichte...
Sascha & Zhaoyang