Veröffentlicht: 07.09.2021
Was machst du, wenn drei Tage vor deinem Urlaub das Reisemobil kaputt geht?
Nein, das ist keine ganz neue Situation für uns, ich vergieße dennoch ein paar Krokodilstränen und dann vergleiche ich Preise für Campermieten, AirBnBs, Hausboote und Flugreisen.
Zappa inspiziert indes den kleinen Twingo und setzt mich dann in Kenntnis, dass wir mein Auto für die Reise nehmen werden. Rückbank raus, Bett rein, Strom oben drauf, Gepäck reduzieren und los geht die Tour!
Rückbank raus dauert fünf Stunden, weil zwei Schrauben raffiniert fies versteckt sind und kein Rausdrehen möglich ist. Es findet sich kein passendes Werkzeug und das will bei Zappa schon was heißen! Selbst eine Fahrt in den nächsten Baumarkt bringt keine Lösung.
Ich verdrücke mich und vergleiche Preise. Nach drei Stunden ist auf wundersame Weise die Sitzfläche trotz der misslichen Schrauben entfernt, die Schrauben der Lehne werden jedoch mittels einer Sichtblende geschützt, deren Entfernung einmalig und irreparabel ist.
Mittlerweile habe ich sämtliche Preisvergleichsseiten bemüht und bin kurz davor eine Kreuzfahrt zu buchen.
Es ist absehbar, dass wir heute entgegen aller Pläne nicht mehr auf große Tour gehen, deshalb mache ich uns was zu essen.
Am späten Abend ist auch die Lehne der Rückbank ausgebaut!
Zappa hat mich nicht in sein Geheimnis eingeweiht, vielleicht verrät er dir ja, wie ihm dieses Wunder gelungen ist.
Nun braucht nur noch die Liegefläche eingebaut zu werden und die Solarzelle muss aufs Dach. Das Wetter spielt April, mal fieser Regen, mal ein paar Sekunden Sonnenschein. Aber mein Held gibt nicht auf und lässt sich nicht beirren, er misst, sägt, misst, passt ein, baut aus, wird nass, wird wieder nass, verändert, baut ein, wird nass und flucht, flucht, flucht.
Nach einem weiteren Tag des zähen Ringens mit Material, Wetter und Umständen ist es geschafft: der Twingo ist reisebereit!
Der Ausbau der Rückbank hat uns zu luxuriösem Stauraum verholfen, weit entfernt vom Platz im ersten Twingo, aber nach verschärfter rigoroser Aussortierung unnötiger Dinge quetschen wir alles, was wir brauchen in den vergrößerten Fußraum der Rückbank.
Auf der Abdeckung des Heckantriebs liegt das Brett, auf dem wir schlafen, durch zwei Hölzchen gesichert. Die Sitze werden nun ganz nach vorn geschoben und die Lehnen ebenso nach vorn herunter gekurbelt, was etwas umständlich ist, weil du dir einen Wolf drehst und irgendwann nur mit langem Arm an das Rad heranreichst.
Die unabdingbare, unerlässliche und immer und ewig notwendige Catering-Kiste passt rein und die Campingstühle auch. Perfekt! Jetzt gehts los.
24 Stunden später als geplant starten wir unsere diesjährige vierwöchige Reise. Wir planen eine Frankreich-Klassiker-Tour und so starten wir spät mit Regen Richtung Süden.
Die Erfahrungen aus der ersten Nacht:
der Umbau geht gut, wenn wir noch etwas mehr für Ordnung sorgen.
Schlafen geht auch sehr gut, es ist viel mehr Schlafplatz als im alten Twingo.
Regen ist blöd, weil an den Stellen an der die Ratschengurte die Solarzelle auf dem Dach halten, tropft es rein und macht das Bettzeug nass. Aber nicht schlimm, der Motor hinten heizt, wärmt und trocknet alles in Blitzeschnelle.
Das lernen wir auch in den ersten Tagen in den Alpen sehr zu schätzen. Sobald die Sonne hinter den Gipfeln verschwindet, wird es schnell empfindlich kühl. Wir setzen uns dann hinter unser Wohnmobil, werfen die altbewährte Plane über die Kofferklappe und genießen die Wärme, die der Motor nach vielen Kilometern über hohe Gipfel noch lange abgibt. Wenn wir die Plane ganz aufklappen, ensteht ein kleines Vorzelt, in dem es wohlig warm ist.
In Val d'Isere übernachten wir auf 1900m auf einem Parkplatz, das Thermometer zeigt 4°C in der Nacht. Wir sind nicht sicher, ob es regnet, deshalb kommt die Plane komplett über den Twingo, damit es nicht durch die besagten Stellen reintropft. Und siehe da: das Motörchen erwärmt den Innenraum, wir haben kuscheliges Bettzeug und sind beim Aufstehen von der morgendlichen Kälte etwas überrumpelt. Ein Hoch auf den Heckantrieb!