Veröffentlicht: 17.10.2023
Nun führt uns die Reise Richtung Süden ins schöne Beaujolais. Eine hügelige Landschaft, die uns sehr an die Toskana erinnert, nur die Zypressen fehlen. Winzige Dörfchen mit plätschernden Brunnen, charakteristischen Steinhäuschen und bunten Blumenbeeten prägen das Bild.
Und ja: endlich stehen wir mittendrin in den lang ersehnten, romantischen Weinbergen. Wobei mir persönlich der hier gekelterte Tropfen zu wenig Charakter hat, was wohl der Tatsache geschuldet ist, dass man unbedingt den ersten Wein im Jahr verkaufen will. Das tut jedoch der Schönheit des Landstrichs keinen Abbruch, wir wollen ja nicht von einer Degustation zur nächsten reisen, was ohne Weiteres möglich wäre.
Und natürlich führt uns der Weg auch an diesem Wochenende über die regionalen Flohmärkte. Ja, wir haben die Warnungen der Freunde im Ohr, dass dieses Verhalten früher oder später zu Messiezuständen in den heimischen vier Wänden führen kann.
In einem Dorf am Ufer der Rhône südlich von Lyon lasse ich mich von Zappa im zweiten Anlauf überreden, den kleinen, schon sehr wackligen, von unzähligen Holzwürmern zerfressenen Sekretär für schlappe acht Euro zu kaufen. Der Held nimmt meine erste Ablehnung nicht ernst und nachdem Madame das Tischlein demonstrativ von allen Seiten beklopft, um auch den letzten Schädling aus dem alten Holz zu vertreiben, kann ich das gute Stück nicht hier lassen.
Wir koppeln den Caravan ab, um die enge Zufahrt zur Salle de fête am Merguez-Grill vorbei, an dem schon aus voller Kehle gesungen wird, ohne Beulen nehmen und die Neuerwerbung einladen zu können. Dabei scheint die elektrische Verbindung vom Auto zum Anhänger Schaden genommen zu haben. Als wir Abends im Dunkeln den Ort des nächsten sonntäglichen Flohmarktes erreichen, müssen wir feststellen, dass weder Rück-, noch Blink- oder Bremslichter am Wohnwagen funktionieren. Bon merde! So ist an keine Weiterfahrt zu denken.
Heute Nacht lösen wir das Problem nicht mehr. Also beschließen wir morgens, für die Tour des Puces, das Château hier unter den Augen der wachsamen Nachbarn stehen zu lassen und einfach mit der Räuberhöhle zu starten. Das ist doch mal sehr entspannt, in den engen Dörfern keinen Riesenparkplatz mit Wendemöglichkeit ergattern zu müssen. Wenn auch oft die kommunalen Fußballplätze zum grand parking umfunktioniert werden. Den Pferdeäpfeln und Schafs- und Ziegenkötteln nach zu urteilen, werden die Sportarenen gern auch mal für den jährlichen Streichelzoo bereitgestellt.
Nach einem ausgiebigen Sonntag auf den umliegenden Vide greniers kehren wir zu unserem mobilen Heim zurück. Unter den Augen der aufmerksamen Nachbarn versucht Zappa, das Problem im Stecker mit der gerade für 50 Cent erworbenen Drahtbürste zu beheben. Er begutachtet, er untersucht, er bastelt auseinander, er schabt mit dem Messerchen das Oxidierte ab, er bürstet die Kontakte, er reinigt die Buchse mit Draht und Wattestäbchen.
Er tut alles, was ein Mann tun kann. Offensichtlich sind Stecker und Buchse nicht so wasserdicht, wie der Hersteller verspricht. Eingedrungene Feuchtigkeit überzog beide innerhalb von drei Jahren mit einer dicken grünen Schicht, die keinen Kontakt zum Mutterschiff mehr zulässt.
Zappa drückt, quetscht, massiert den Stecker und plötzlich leuchten die Blinker wieder auf! Hurra, wir können unsere Reise fortsetzen - freue ich mich leider zu früh. Denn die Lämpchen geben nur Lebenszeichen von sich, wenn der Held kräftig zudrückt. Und da ich ablehne, mich während der Fahrt auf die Deichsel zu setzen und das Ding festzuhalten, geben wir für heute auf und verbleiben noch eine Nacht unter den Augen der aufmerksamen Nachbarn an Ort und Stelle.
Ich habe mich inzwischen nützlich gemacht und mit Hilfe des allwissenden Internets herausgefunden, wie die hiesigen Autoersatzteildealer heißen. Und dass es im nahen Valence sogar zwei davon gibt.
Der Caravan wird im Morgengrauen erneut abgekoppelt. Und währenddessen öffnet sich das Tor des nächstgelegenen aufmerksamen Nachbarn und Monsieur schiebt einen Anhänger heraus. Zappa gibt mir zu verstehen, dass ich die Gelegenheit nutzen sollte, um den Mann zu fragen, wie sich das Teil auf französisch nennt, das wir neu erwerben müssen.
Monsieur ist sehr in Eile und hat eigentlich gar keinen Nerv auf meine Fragerei und auch nicht auf meine Erklärungen, warum wir schon zwei Nächte vor seiner Hautür campieren. Er antwortet mir sehr höflich, aber dass der Stecker prise heißt und der Anhänger remorque, wusste ich eigentlich auch ohne ihn. Wer kann denn ahnen, dass solche Autoteile nicht irgendwelche geheimen, höchst offiziellen und für Nichteingeweihte völlig unverständlichen Namen tragen?
Monsieur schmeißt noch seine Motorsense auf den remorque und rast davon, fest gewillt, die kostbaren, durch meine blöden Fragen verplemperten Minuten durch überhöhte Geschwindigkeit innerorts wieder aufzuholen.
Wir fahren nach Valence. Im ersten Feu vert haben wir kein Glück, doch weitere 10km durch die verstopften Strassen im Berufsverkehr landen wir in einer Filiale, die mit allem ausgestattet ist, was das Herz des Reisenden begehrt.
Wir kaufen einen neuen Stecker und vorsichtshalber auch eine entsprechende Buchse.
Das Château steht immer noch wohlbehalten unter den Augen der aufmerksamen Nachbarn und hier macht sich der Held nun an die Reparatur. Was bin ich froh, dass Zappa solche Probleme selbst lösen kann und wir deshalb nicht in eine Werkstatt müssen, sondern nach getaner Arbeit alles wieder blinkt und leuchtet und wir unsere Reise fortsetzen können.
Wie gut das sein kann, erfahren wir in den nächsten Tagen. Fortsetzung folgt...