Veröffentlicht: 05.09.2022
Nach sieben Wochen und fast 7000km wollen wir noch sieben Tage in Spanien bleiben.
Das große Land hat viel Platz und hält immer wieder neue Überraschungen bereit. Wir verbringen ein einsames feiertagsverlängertes Wochenende an einem Stausee, der von strahlend weißem Sandstrand umsäumt ist.
Lediglich die Blauelstern, die es nur in Asien und auf der Iberischen Halbinsel gibt, bekunden durch ihr merkwürdiges Gekrächz, dass wir störend unter ihrem Baum Platz genommen haben.
Dann führt uns unser Weg in die Sierra de Moncayo. Das Gebirge mit einigen über 2000m hohen Gipfeln gehört ebenfalls zur dünnbesiedelten Serrania Celtiberica und ist Teil des Iberischen Gebirges.
Hier gibt es einen magischen Ort. Du musst dich auf die Suche dorthin machen, nicht jedem ist es gegeben, den Zauber aufzuspüren. Ist es dir gelungen, den genauen Punkt zu erstöbern, ist es extrem wichtig, den Gang deines Autos auszukuppeln. Sofort spürst du die Magie! Dein Wagen bewegt sich wie durch Zauberhand ganz von allein. Und zwar den Berg HOCH! Ungelogen, das ist kein Reiselatein, keine Räuberpistole, keine Münchhausengeschichte. Die Autos fahren an dieser Stelle bergan ohne Motorantrieb im Leerlauf ohne menschliches Dazutun.
Und das fetzt so ein, dass ich das ein zweites Mal erleben will. Wenn du mir nicht glaubst, fahre nach Spanien und probiere es aus. Ein Beweisvideo können wir zeigen.
An dem kleinen Embalse wollen wir den Abend verbringen und stellen unsere Stühle nach draußen - da höre ich eine große Hummel summen - zumindest denke ich das. Doch das Geräusch kommt nicht aus den gelben und roten Blümchen am Wegesrand, sondern von weit oben. Vielleicht lässt jemand eine Drohne fliegen und filmt die bizarren Felsformationen der schroffen und steilen Felsen des Stauseetals, die in tausend Nuancen von ockergelb über pastelbraun bis zum tiefen Rostrot in der Abendsonne leuchten und sich sich in der Wasserfläche des Sees spiegeln. Zappa freut sich schon auf morgen und möchte nun endlich einmal das Bateau zu Wasser lassen und in diesem Spektakel von Formen, Farben und Licht in dem gefluteten Canyon paddeln..
Das Brummen wird lauter und lauter zu einem tiefen Grollen, bis zwischen den Gipfeln der Berge eine Staffel großer und schwerer Wasserflugzeuge erscheint. Das Donnern der tausend Pferdestärken schweren Motoren kommt näher und näher bis die Piloten im gekonnten Formationsflug eine sanfte Kurve um einen Berggipfel fliegen und einer nach dem anderen in den Tiefen des Canyons verschwinden... Junge, Junge - die haben vielleicht Nerven wie Drahtseile!
Da! Tief unter uns zwischen den engen Felsklüften sind sie wieder, gehen die Canadair CL-415 wie an einer Perlenschnur aufgereiht in den Landeanflug auf die Wellem hinunter, tauchen im vollen Flug mit dem Bug in den Stausee ein, driften ein paar hundert Meter durch den Embalse, tanken in 12 Sekunden 6000 Liter Wasser. Die Piloten reißen Ruderhorn und Gasgriff so stark nach hinten, dass die Sternmotoren hinter den silber blinkenden Propellern wie Löwen bei Heißhunger brüllen.
Die Luft im Canyon vibriert, Feuerlanzen stoßen aus den Auspuffrohren, das Höhenruder am Anschlag und mit leicht wippenden Tragflächen schweben die Helden der Lüfte gerade so, dass die Schwimmtanks die gewaltige Staumauer nicht berühren über die die Berge davon. Was für ein Auftritt! Die Spanier sind begeistert, freuen sich, rufen, hopsen und klatschen in die Hände.
Nein - das ist keine Flugshow, das ist bitterer Ernst: die iberischen Löschflugzeuge fliegen schon seit Stunden zwischen dem Embalse und den beißenden Rauchschwaden des höllischen, haushoch wabernden Flammenmeeres in den Bergen hin und her und bombardieren millimetergenau mit hunderten Tonnen Wasser einen sturmangefachten Waldbrand, der gerade dabei ist, ein wunderschönes historisches Dorf auf einem Bergsporn einzukesseln. Und sie wissen genau was sie tun - denn spanische Feuerwehrleute tragen ihren Namen mit Stolz: Bombarderos!
Am nächsten Tag erfahren wir: der Brand in der Sierra ist glücklicherweise nach mehreren Tagen Angst und Schrecken gelöscht, zwei Orte mussten jedoch evakuiert werden. Genau diese Dörfer wollten wir uns anschauen, doch wir verzichten auf Katastrophentourismus. Die Terrasse einer kleinen Bar ist durch das Feuer völlig zerstört, im großen Kloster fegen die Nonnen Berge von Asche zusammen und Fernsehteams sind unterwegs und führen Interviews, überall stehen noch Brandwachen, hier und da zündelt es noch.
Doch beim Weiterreisen sehen wir erst das volle Ausmaß der Katastrophe: bis zum Horizont ist die Welt schwarz und verkohlt, beißender Geruch liegt in der Luft und nach einer halben Stunde Fahrt stehen wir immer noch in der Asche. Hier haben die Menschen gerade richtige Probleme, bei denen wir ihnen leider nicht helfen können und so reisen wir weiter - in den Bardenas Reales sind wir gerade besser aufgehoben.