Veröffentlicht: 25.09.2018
So wird Huaraz in den Reiseführern beworben. Klar, dass das mein erster Stop im Norden wird. Die große Südrunde und der erste Teil meiner Reise ist damit abgeschlossen. Auch in den vergangenen 3 1/2 Monaten habe ich nichts gutes über Lima gehört, sodass bei einem 8 Stunden Zwischenstopp und einem kurzen Schlendern durchs Geschäftsviertel bleibt. Der erste Eindruck von Huaraz ist nicht so berauschend. Es geht geschäftig, laut und hektisch zu. Ich hatte eher eine verschlafene Bergstadt auf gut 3000m Höhe erwartet. Nagut ich bin ja wegen der Berge hier und nicht wegen der Stadt. Meine letzten Bergtouren in Bolivien liegen ja schon gut 2 Monate zurück. Es wird also mal wieder Zeit für etwas Höhenaktivität.
Zur Eingewöhnung geht's erstmal auf eine kleine Wanderung außerhalb der Stadt zur Laguna Wilcacocha. Die ist dann erwartungsgemäß auch nicht so spektakulär und man läuft im Prinzip durch ein langgezogenes Dorf am Hang, aber man bekommt schon mal gute Sicht auf Huaraz. Und man kann deutlich zwischen Cordillera Negra und Cordillera Blanca unterscheiden. Huaraz liegt im Tal zwischen den schneebedeckten und schneefreien Bergen. Am wichtigsten aber war, dass ich die zwei Belgier kennengelernt habe, mit denen ich dann wenig später auf die mehrtägige Santa Cruz Wanderung gegangen bin.
Nach ein paar gemeinsamen Drinks am Abend, haben wir am nächsten Tag die Vorbereitungen für die 5-tägige Tour gestartet. Ich hab mir Zelt, Schlafsack und Isomatte ausgeliehen und mich mit Essen eingedeckt. Früh morgens um 5 ging es dann mit den 15-20 kg schweren Rucksäcken los. Erstmal 4 Stunden mit dem Bus zum Ausgangspunkt für den Besuch der Laguna 69. Das ist normalerweise eine Ein-Tages-Tour, bietet sich aber an mit dem Santa Cruz Trek zu verbinden. Wir können unsere Rucksäcke am Bus lassen und somit die erste Wanderung unter einfachen Bedingungen angehen. Drei Stunden lang geht's ordentlich nach oben auf gut 4600m, die Sonne lacht über blauem Himmel, nur ein paar Wölkchen sind zu sehen. An der Lagune gibt's dann eine kurze Pause, bevor es wieder an den Abstieg geht. Unten angekommen schlagen wir dann unsere Zelte in Cebollapampa auf. Wobei das keine wirkliche Ortschaft war, sondern nur die Bezeichnung des Ortes. Die übrigen Besucher steigen wieder in den Bus zurück nach Huaraz. Das erste Essen unter freiem Himmel, köstlich Bohnen in Tomatensoße. Ich muss Gewicht verlieren, also ordentlich essen. Das war dann auch mein Motto der nächsten Tage. Die anderen beiden hatten sich in Belgien schon mit Deluxe Trockenmenüs aus dem Globetrotter eingedeckt. Da konnte man schon neidisch werden. Man hatte und gesagt, dass es am Abend öfter mal regnen könnte und so kam es dann auch. Wir gingen also früh in die Zelte, dunkel war es eh schon, kalt auch und Feuer darf man eh nicht machen. So ist das wohl in den Bergen. Da habe ich dann auch gemerkt, dass mein Zelt nicht für die Berge, Kälte, Wind und Regen geeignet ist. Das hat sich dann die nächsten unruhigen Nächte bestätigt. Mein Schlaf war in der Regel nicht so erholsam, da ich ständig Wassereinbrüche verhindern musste. Ich habe ja vorher auch bloß dreimal gefragt ob das Zelt regenfest sei. Die anderen Guides auf der Tour meinten dann später, dass sie das ein Strandzelt nennen. So viel dazu!
Am nächsten Morgen sollte dann der eigentliche Trek starten. Wir stellen uns an den Wegrand um einen Van abzufangen, der uns zwei Stunden weiter zum Ausgangspunkt nach Vaqueria bringt. Das klappt auch gut und die Fahrt führt schon über einen hohen Pass in ein anderes Tal. Vom Dorf ging es dann endlich mit dem schweren Gepäck los. Zum Eingang des Nationalparks Huascaran hat es dann nochmal gut 1 1/2 Stunden gedauert. Aber das Gewicht in der Höhe hat uns trotz der guten Vorbereitung und Akklimatisierung ganz schön zu schaffen gemacht. Gut, dass es an dem Tag nur noch drei Stunden mit leichter Steigung zum ersten Camp in Paria weitergeht. Dort machen wir dann auch mit einer der geführten Gruppen bekanntschaft, neben denen wir auch in den folgenden Tagen immer gezeltet haben. Gerade noch rechtzeitig vor dem einsetzenden Regen haben wir die Zelte aufgebaut, sodass auch der zweite Abend recht kurz bleibt und wir in Hoffnung auf besseres Wetter schlafen gehen.
Wir beginnen den dritten Tag vielversprechend mit einem großen Frühstück. Es steht schließlich die Überquerung des Passes Punta Union auf gut 4700m Höhe mit wunderbaren Panoramablicken auf die umliegenden 6000er an. Der Santa Cruz Trek wird schließlich als der schönste der Welt angepriesen. Kurze Zeit nachdem wir losgelaufen sind zieht es sich natürlich zu und es beginnt zu regen. Wir laufen einfach mal weiter. Der Regen blieb konstant neblig und fein. Die Hosen wurden nichtmal richtig nass. Die Füße sind dann mit der Zeit trotzdem durchgeweicht und auch die Stimmung sank langsam aber sicher - so wie wir aufgestiegen sind. Ich sag noch so, dass mir Schnee eigentlich lieber wäre als Regen. Ein paar Höhenmeter später hatten wir dann auch schon Schnee. Ich fand es wirklich angenehmer. Schön war es immernoch nicht und ein bisschen glibschig und rutschig wurde es nun auch. Immerhin war es nicht kalt. Aber ich glaube mit dem Gewicht auf dem Rücken kann einem auch nicht wirklich kalt werden. Irgendwann hatten wir dann den Pass erreicht. Mann konnte genau Nichts sehen! Einfach wunderbar. Nun ging es auf der anderen Seite also bergab in das nächste Tal Richtung Zeltplatz. Ich hatte schon keine Lust mehr. Es war einfach nur anstrengend und nass und man wurde nicht mal mit schönen Aussichten belohnt. Dazu kam die ganze Eselscheiße der Transportkaravanen der anderen Gruppen. Damit einher gingen Pferdebremsen und Gestank, sowie kleine Gnitzen, die auch noch kräftig gebissen haben. Schöne Natur! Soviel also zum schönsten Trek der Welt. Gegen drei sind wir dann im Camp angekommen und es kam tatsächlich noch für zwei Stunden die Sonne raus, sodass wir unsere Sachen wenigstens noch trocknen und etwas kochen konnten. Später haben wir uns dann mit etwas Whisky bei unserem Nachbarn beliebt gemacht und konnten uns auch noch in ihre großen Gemeinschaftszelte setzen. Nachts klarte es dann richtig auf, sodass man die Berge im Dunkel des Mondscheins genießen konnte.
Auch der nächste Morgen war freundlich. Es sollte der längste Tag werden, wir waren noch etwas müde und haben gewartet bis die Sonne über den Gipfeln hervorkommt und uns etwas morgendliche Wärme spendet. Zuerst ging es auf einen Abstecher zu einer weiteren Lagune mit Panoramablick und danach zurück zur Hauptroute durch ein sandiges, langes, heißes Tal zum letzten Camp. Wir hatten uns zwar mittlerweile an das chlorige Wasser gewöhnt, aber an dieser Lagune haben wir uns dann trotzdem mal das Gletscherwasser gegönnt. So hoch oben kann es wohl nicht mehr zu tierischen Verunreinigungen kommen. Aufgrund der vielen Kühe und Esel muss man das sonstige Flusswasser jedoch immer abkochen oder mit Pillen reinigen. Wir hatten nur die Pillen für 20 Liter. Also selbst wenn man sie geviertelt hat, waren unsere 1l Flaschen noch gnadenlos überchloriert.
Diesmal sind wir mit deutlichem Rückstand zu den Anderen angekommen. Ich hatte mir zum Ende hin ein paar Blasen gelaufen. Ich glaube das war das erste Mal auf meiner Reise. Den letzten Abend haben wir dann dann alle gemeinsam genossen.
Der letzte Abschnitt war eigentlich nur eine kurze 3 Stunden Bergab-Tour nach Cashapampa, wo wir einen Bus zurück nach Huaraz nehmen wollten. Meine Blasen haben mir allerdings etwas zu schaffen gemacht. Es war also nicht ganz so einfach. Aber wir hatten es geschafft - Angekommen! Der Rückweg sollte dann wieder gut 4 Stunden dauern. Wir entschieden uns unsren Muskeln was Gutes zu tun und haben noch einen Abstecher in ein Thermalbad gemacht. Gute Entscheidung. In den warmen Wassern konnten wir die Regeneration starten. Es waren zwar eher überdimensionierte Badewannen als Thermalbäder, aber nur das Ergebnis zählt. Auf dem Rückweg nach Huaraz haben wir dann noch einen neuen Rekord aufgestellt. Ich habe 23 Personen im Mini-Van gezählt, nur 2 davon waren Kinder. Abends in Huaraz haben wir die Regeneration bei gutem Essen und kalten Getränken fortgesetzt.
Da ich schon mal das Nationalparkticket für 30 Tage hatte, musste ich das auch nutzen auch wenn meine Beine und Füße noch nicht ganz wieder wollten. Ich habe mir noch 2 Wanderungen in der Nähe rausgesucht. Beide starten von Pitec. Die eine ging zur Laguna Shallap, die andere zur Laguna Churup. Der Weg zur Shallap war 22km lang, hatte aber nur wenig Steigung - insgesamt relativ entspannt und unbekannt. Ich war dann auch tatsächlich der Einzige. Den ganzen Tag habe ich niemanden gesehen außer dem Viehhirten, der seine Kühe wieder nach Hause getrieben hat. Ich bin die Nacht dann in Pitec geblieben und am nächsten Tag folgte dann Churup. Das genaue Gegenteil. Nur ca. 8 km lang, aber mit sehr hoher Steigung auf gut 4500m. Also kurz und knackig. Das hat nochmal ganz schön reingehauen. Danach ging es dann zurück nach Huaraz. Ausruhen! Nächster Stop ein paar km weiter im Tal - Caraz.