Veröffentlicht: 14.12.2023
Ok, ich war vielleicht jetzt alleine auf dem Circut, aber einsam habe ich mich nicht gefühlt, doch passte der Titel besser zum vorherigen Blogbeitrag ^^.
Es kam mir schon fast wie ein Omen vor, als sich am ersten Tag den ich alleine wanderte die Wolken morgens zuzogen, der Himmel grauer und die Umgebung dunkler wurde und die ersten Schneeflocken fielen. Der leichte Schneefall wurde langsam dichter und die Schneeflocken größer bis der Wind sie chaotisch in Wirbeln durch die Luft und gegen mich fegte. Ich genoss es durch den Schneefall zu laufen und fühlte mich zu Beginn noch stark, warm und zuversichtlich. Als dann die Temperaturen mittags langsam stiegen, fing der härtestes Tag auf der Wanderung leider an. Der Schnee war zwar kalt, aber er schmolz nicht und ich blieb größtenteils trocken. Der sich nun zum Regen verändernde Schnee jedoch fing an mein Winterjacke und Schuhe komplett zu durchnässen und nicht aufzuhören. Die Temperatur hielt sich bei knapp über 4°C und der Wind nahm immer mehr zu. Bereits nach einer Stunde durch den Regen habe ich so gefroren wie noch zu keinem Zeitpunkt in den Bergen zuvor, nichteinmal bei -26°C.
Die Ungewissheit über die Wetterentwicklung, wann ich in einem überdachten Haus ankomme und vor allem ob ich meine Kleidung noch trocknen kann, nahmen mir viel Motivation und Kraft, aber meine Erfahrung sagte mir, dass es immer einen Weg gibt und so war es auch. Ich erreichte klitschnass ein kleines Dorf in dem ich mich in ein kleines Familienhaus an eine Schale mit heißen Kohlen setzen konnte, während mir die Frau im Haus eine riesige und warme Portion Dahl Bat zubereitete. Nachdem ein Teil der Klamotten ihre Feuchtigkeit über den aufsteigenden Wasserdampf an den heißen Kohlen abgeben hatten und ich mich einigermaßen warm fühlte ging ich weiter, musste im immernoch anhaltenden Regen über mehrere Flüsse springen und knickte einmal heftig um und lag neben den Fluss in meinen wieder nassen Klamotten auf den Steinen und verdammte den Regen stöhnend. Und genau dann hörte der Niederschlag auf, die Wolkendecke öffnete sich langsam und es fiel kein einziger Tropfen mehr bis ich Abends fix und fertig in einem Teehaus ankam. 10 Minuten nach meiner Ankunft dort fing der Regen umso heftiger wieder an, doch saß ich jetzt trocken mit meinem Buch und einer heißen Schokolade vor der Feuerstelle. Es war physisch durch die Kälte und Nässe zwar ein harter Tag, aber die psyschichen Auswirkungen von der Kälte und Nässe sind zehn Mal stärker als die der körperlichen. Wenn man sich dann aber die Kopfhörer in die Ohren steckt und der Musik von dem Film "into the wild" zuhört, fühlt man sich so authentisch und wie ein Ausreißer aus der westlichen Gesellschaft, dass es einem mit einer abenteuerlichen Energie und Kraft erfüllt die einem die Unangenhemheiten der Natur akzeptieren lässt.
Die nächsten Tage waren angenehm warm und ich konnte das erste Mal seit zwei Wochen meine Gedanken den Tag über in der Natur schweifen lassen und über die Begegnugen der letzten Zeit nachdenken. Mir folgten fast immer streunende Hunde, die mich stundenlang über die nun wieder jungelartigen Wanderpfade begleiteten und Kraulattacken von mir mit wedelnden Schwanz in Empfang nahmen. Nach knapp zwei Wochen täglichen Wandern brannten meine Waden und mein Rücken fühlte sich wie der eines 65 jährigen Bandscheibenprolaps Patienten an. Kurz gesagt, ich brauchte eine Pause und was für ein Ort lädt dazu mehr ein als ein Bergdorf mit natürlichen Thermalquellen. In Tatopani legte ich dann also zum ersten Mal einen Resttag ein und verbrachte den Tag mit dem Versuch mein Kaloriendefizit auszugleichen und meine Kleidungen mit Nadel und Faden wieder zu reparieren. Den Rest der Zeit träumte ich von mehr Essen und stieg als harte deutsche Kartoffel in den Kochtopf der Thermalquelle und vegetieren so lange in dem dämpfenden Mineralbad bis ich mich wie Milchreis langsam auflöste und in einen Trancezustand der Gelassenheit rutschte. Die Lehre dieses Tages war, dass es keine bessere Therapie gegen jegliche Folgen von Langstrecken Wandern gibt als Thermalquellen und Pizzen mit extra viel Käse.
In den letzten zwei Tagen des Annapurna Circuts kam nicht mehr viel spannendes, bzw. groß Nennenswertes. Die Landschaft war immer noch wunderschön und führte durch Bambuswälder, Trassendörfern und Lianengestrüpp und gab mir einen fantastischen Abschied von dieser Wanderung. Der letzte Tag war ein richtig intensiver und anstrengender Tag an dem ich 12½h wanderte, Pausen schon abgezogen, in eine recht heiklige Situation kam auf die ich jetzt hier aber nicht weiter eingehen möchte, aber definitiv daraus gelernt habe, und wieder in einer Thermalquelle Nachts mitten im Wald nackt und erschöpft mir die Sterne anschaute.
Auch wenn ich jetzt mit dem Annapurna Circut fertig war, sollte meine Wanderung hier doch noch nicht enden, da der Endpunkt vom Circut Trek zugleich auch der Anfangspunkt zum Annapurna Basecamp Trek ist. Eine weitere 5 Tageswanderung wieder hoch auf 4.150 Metern und Temperatur bis -9°C, also ein Kinderspiel nach dem Circut Trek für mich. Das Ziel: das Annapurna Basecamp, von dem man den über 8000 Meter hohen Mount Annapurna sehen kann, welcher mit einer Letalitätsrate von 25% der tödlichste Berg der Welt ist, sogar tödlicher als der K2.