Lip & Bürsti - Balkan Roadtrip
Lip & Bürsti - Balkan Roadtrip
vakantio.de/bursti

Peja/Decan/ River Camping

Veröffentlicht: 26.07.2023

23.07.23

Was das Schreiben angeht, hänge ich gerade etwas hinterher. Das liegt zum einen daran, dass ich nicht überall Internet hatte und zum anderen, dass ich eigentlich jeden Tag bis abends unterwegs bin... Busy Busy

Dabei treffe ich auch nach wie vor etliche offene Menschen, mit denen ich ins Gespräch komme, Kaffe Trinke, gemeinsam Esse und die dann letztendlich dazu führen, dass sich meine "Pläne", sofern ich diese überhaupt existierten, ändere und dadurch viele Unerwartetes erlebe. Bürsti meldet sich zudem auch vermehrt mit kleinen Problemchen, die es dann irgendwie zu beheben gilt. Busy, Busy... 

Daher fällt es mir nun auch etwas schwerer, gedanklich und emotional, wieder ein paar Tage zurück zu gehen, um etwas darüber zu schreiben. Aber so ist das eben als Blogger, hab ich mir sagen lassen. Ich werde Vakantio nicht enttäuschen. 

Denke ich an die Fahrt von Pristina nach Peja zurück, kann ich mich vorrangig daran erinnern, dass ich die Autobahn unbedingt positiv erwähnen wollte. Man könnte sagen, im Kosovo gibt es richtige Autobahnen. Gute Autobahnen. Man hat mir erzählt, dass man hier schon früher angefangen hat, in die Infrastruktur zu investieren. Früher und gezielter als zum Beispiel in Albanien. Die Unterschiede mache sich durchaus bemerkbar.

Denke ich an die Fahrt, denke ich ehrlich gesagt auch sofort wieder an die unzähligen eichrig coolen Autos, beliebter und angesagter, vor allem deutscher Hersteller, die hier auf sämtlichen Straßen omnipresent sind. Es sieht fast auch wenig danach aus, als ob man gerne zeigen möchte was man hat, wenn man auf Besuch in die Heimat kommt.  Die zahlreichen Autowaschstationen machen in diesen Tagen ihr bestes Geschäft, denn was sieht cooler aus als ein Mercedes? Natürlich ein frisch gewaschene, glänzender Mercedes. Oder aber es liegt lediglich an den staubigen Straßen.

Poassend dazu:

https://www.zueritoday.ch/videos/knattern-posen-runden-drehen-so-praesentieren-schweiz-kosovaren-ihre-autos-in-der-heimat-152656937

Meine Beobachtung ist selbstverständlich subjektiv und ohne Wertung. 

Für mich wirkt dieser Lifestyle teilweise einfach ein wenig befremdlich. Anderst herum tut es das genauso. Ziemlich sicher. It is what it is und es ist aufregend und spannend, was einem hier so begegnet... 

Peja an sich scheint sich auf die Urlauber eingestellt zu haben und kommt mit all seinen Kleidung-, Handtaschen- und Schmuckgeschäften nicht ganz untouristisch daher. Der Vibe an sich hat mich doch auch sehr an Pristina und Prizren erinnert. Zwar mit anderen "Sehenswürdigkeiten" aber von der Atmosphäre, den Angeboten und den Menschen irgendwie ähnlich. Viel Zeit habe ich mir hierfür nicht genommen. Wie meistens Kaffe trinken, als Deutscher erkannt und angesprochen werden, small talken, bisschen Fahrrad fahren und durch die Fußgängerzone schlendern. 

Peja liegt schon fast an der Grenze zu Montenegro und ist mehr oder weniger umgeben von Bergen, Schluchten, Flüssen und (unberührter) Natur. 

Zurück am Camper, stellt sich mir  die tägliche Frage: Was jetzt? Wohin? Park4night gibt es wenig. Campingplätze sowieso nicht. Andere Wohnmobile sind anderst wo unterwegs, hier auf jeden Fall nicht. 

Bester Zeitpunkt, um wieder einmal in meinem altbewährten "Balkan Roadtrip Handbuch" zu blättern. War diese literarisch und bildliche Zusammenstellung bisweilen durchaus hilfreich gewesen. Es enthält unter anderem Koordinaten für Parkplätze. Darüber hinaus auch ausgewählte Beschreibungen zu interessanten Orten und  nützliche allgemeine Informationen zu den Ländern. Ja, ich würde es einem Freund weiterempfehlen. (Balkan Halbinsel, M. David Brecht, Stefanie Hardt) 

Eine der Empfehlungen half mir dann bei der Entscheidungsfindung und führte mich zum ca 30 min entfernten Kloster Visoki Decani. 

Die Jungs vom Obst und Gemüsestand, bei denen ich unterwegs anhielt, waren außerdem auch sehr kommunikativ. Ihr Thema vor allem Frauen. Sehr lustige Konversation, bei der die ein oder andere Aussage vllt nicht ganz meiner Haltung entspricht, aber voll in Ordnung. 


Zu meiner anfänglichen Verwunderung wird die Zugangsstrasse von Soldaten bewacht bzw kontrolliert. Warum versteh ich erst später. Bislang hatte man mir zwar immer wieder von der schwierigen politischen Situation erzählt, doch war das war letztlich nur eine Erzählung. Die Soldaten zu sehen hinterließ dann einen anderen Eindruck und führte dazu mich etwas genauer mit der Geschichte bzw den Hintergründen zu beschäftigen. Mein Fazit: es ist kompliziert. Wie so oft. Geschichte ist zwar Geschichte, doch die Menschen, je nachdem woher sie kommen und was sie erlebt haben, erzählen meist ihre eigene Geschichte und so entstehen auch unterschiedliche Perspektiven. 

Das serbisch-orthodoxe Kloster wird also noch immer von europäischen Soldaten bewacht. Zuletzt musste die KOFR das Kloster im Jahre 2004, gegen einen Mob albanischer Nationalisten verteidigen. KOFR bedeutet Kosovo Force und ist eine 1999, nach Beendigung des Kosovokrieges aufgestellte multinationale militärische Formation unter Leitung der Nato. Sehr spannend, aber auch ein Thema für sich.

Auch im Jahr 1998-1999 richteten sich Feindseligkeiten, ausgehend von der UCK (Befreiungsarmee des Kosovo, war eine albanische paramilitärische ultra-nationalistische Organisation, die für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfte) gegen die serbisch - orthodoxen Mönche. Wäre hiermit auch wieder einmal etwas zu Bildungsauftrag beigesteuert. 

Um das Kloster zu betreten muss ich mich ersteinmal umziehen. Einlass in Shorts ist nicht gestattet. Glück gehabt, dass es nicht mehr ganz so heiß war. Fotos sind auch nicht erlaubt. 

Das beinahe 700 Jahre Kloster strahlt eine tiefe Ruhe aus. Schon beim eintreten ergreift einen die spirituelle Atmosphäre. Das Gelände ist gehegt und gepflegt. Ein Ort zum Wohlfühlen und zu sich kommen. Das Innere des Klosters, die Fresken sind wirklich bewundernswert. 

Kleine Sidestory:

Im Aussenbereich treffe ich einen Serben, Jovan, der mich im "Klostercafe" zum Thema Kaffe und Raki einlädt. Netter Typ der sehr kontaktfreudig war. Gleichzeitig auch etwas weird. Sehr weird wie sich später noch heraus stellen sollte. 

Die Kommunikation gestaltete sich etwas schwierig, da er kaum englisch sprach....

Long Story short:

Nachdem wir Nummern getauscht hatten, schrieb er mir andauernd Nachrichten, mit denen ich nichts anfangen konnte. Am Tag darauf rief er mir immer wieder an. Was er genau wollte. Keine Ahnung. Es begann jedenfalls zu nerven und bekam einen seltsamen Beigeschmack. Seine Nachrichten wurden dann zunehmend provokativer und sexueller. Ziemlich uncool... Kontakt blockiert. Easy. Schon strange, aber auch sowas kann einem begegnen. 

Die Jungs von der KOFR empfehlen mir auf meine Nachfrage hin, mit meinem Camper ein wenig weiter der Straße zu folgen, um dann an einem Flussbett stehen zu können. 

Bester Tip. Bester Spot bisher im Kosovo. Endlich wieder Natur, Ruhe und Platz sich auszubreiten, Sport machen usw. 

Sehr interessant fand ich es außerdem mit seinem Auto in den Fluss zu fahren, um es dort zu waschen. Nachdem der Fluss hierfür aber mindestens genauso hochfrequentiert zu genutzt wird, als die tausende Waschstellen in den Städten, wurde mir schnell klar: das macht man hier so. Normal. 

Und wenn man schon dabei ist kann man ja auch gleich sämtliche Polster von zu Hause einmal gründlich durchwachsen. Aber nur mit ökologisch abbaubarer Seife, versteht sich. 

Hatte ich mich an diesem Tag noch darüber lustig gemacht, stand ich am nächsten Morgen selbst im Flussbett, um meinem Freund Bürsti wiedereinmal eine kleine Wäsche zu gönnen. Und um Wasser aufzufüllen. Ich war auch kurz davor meine Teppiche auszuwaschen. Wurde dann vertagt. 

Alle in allem ein hervorragendes Plätzchen. Endlich mal wieder in Frieden campen. Baden geht auch, im schönen kalten Wasser aus dem Bergen. 

Die Entscheidung noch einen Tag länger zu bleiben fiel bereits noch am diesem Abend. 

Weitere Video Empfehlungen :

https://www.zueritoday.ch/videos/deshalb-gefaellt-den-schweiz-kosovaren-der-ausgang-in-der-heimat-besser-152668389


https://www.zueritoday.ch/videos/prost-qenan-haziri-nimmt-ein-schweizer-bierfaessli-mit-in-den-kosovo-152625175





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