Veröffentlicht: 12.06.2019
Nach über einem Monat hatten wir den größten Teil der Südinsel erkundet, umrundet und kamen wieder in Nelson an. Dort begann unser Südinselabenteuer. Irgendwie schon verrückt wieder an diesen Ort zurück zu kehren. Bereits einen Tag zuvor bekamen wir mit, dass in dieser Gegend ein schlimmer Waldbrand herrscht. Schon unzählige Kilometer zuvor waren dessen Auswirkungen zu sehen. Dichter rotbräunlicher Nebel lag in der Luft und es roch fürchterlich. Es war einer der schlimmsten Waldbrände seit über 60 Jahren und über 2000 Hektar Land sind dabei verbrannt. So nah an einem solchen Feuer vorbei zu fahren war sehr beeindruckend, denn wir hatten so etwas noch nie gesehen. Wir übernachteten an einem Strand ganz in der Nähe. Der Horizont war in der Nacht vom Feuer errötet, nur einige Kilometer entfernt, schon etwas gruselig.
Aber nun zum eigentlichen Grund warum wir hier stoppten. Nach mehr als vier Monaten reisen und Wwoofen war es nun höchste Zeit Geld zu verdienen. Mittlerweile war früher Sommer in Neuseeland und die Ernte stand kurz bevor. Besonders in der Region um Nelson gibt es viele Orchards (Gärten), weshalb wir uns eine gute Chance auf einen Erntejob erhofften. Über verschiedene Internetplattformen kann man noch Jobs speziell für Backpacker suchen und so vereinbarten wir ein Vorstellungsgespräch auf einer Hopfenfarm. So ein Vorstellungsgespräch in einer anderen Sprache ist schon was Außergewöhnliches. Wir waren etwas aufgeregt doch die Unterhaltung war locker und nicht wirklich zu vergleichen mit einem richtigen Vorstellungsgespräch. Der Job sollte in drei Wochen beginnen und im Laufe der folgenden Woche sollten wir eine Zu- oder Absage erhalten. Der Gesprächsverlauf schien uns vielversprechend und wir waren uns recht sicher eine Anstellung zu erhalten. In der Zwischenzeit wollten wir erneut Wwoofen und die bisher ausgelassene Golden Bay erkunden. Ein Wwoofing Platz war schnell gefunden und wir machten uns auf den Weg zu einem Holländischen Pärchen, mittlerweile die sechste Station. Neben einem Bnb hatten die beiden jede Menge Tiere, wie Schweine, Hühner, Enten, Kühe, Alpaka, Truthähne und zwei Hunde. Auch dieses Grundstück war sehr groß, weshalb an jeder Stelle Arbeiten zu erledigen waren. Am ersten Tag kümmerten wir uns um die Hühner und Enten. Wir reinigten ein kleines Gehege für die jungen und verteilten Futter. Leider fühlten wir uns im Haus nicht besonders wohl. Unser Zimmer war mehr eine Abstellkammer, das Bett war eine unbequeme, ausziehbare Couch und die Sauberkeit der Bettlacken war auch nicht ansprechend. Von der Sauberkeit im Bad fangen wir gar nicht erst an. Zudem war es uns nicht möglich vor Ort zu duschen. Aufgrund der Trockenheit waren die Wasserreserven aufgebraucht, also ging es täglich zum nächsten Fluss. Das Ganze hört sich schlimmer an als es war, denn im Fluss war es wirklich angenehm. Viel schlimmer war die Fahrt im Auto, vor lauter Hundehaaren konnte man das Polster kaum erkennen *Bäh*. Das Essen und die Kommunikation waren okay, jedoch nicht so herzlich wie bei den anderen Familien. Abends wurde lange Fernsehen geschaut, auch wenn wir bereits versuchten zu schlafen, und morgens überraschend spät aufgestanden, meist arbeiteten wir dann schon. Nach ersten kurzen Zweifeln entschlossen wir uns standhaft zu bleiben und die geplanten Tage zu bewältigen. Zwei Tage Tierpflege und Gartenarbeit folgte Tag vier. Das Pärchen hatte Termine und bat uns Küche und Bad zu putzen. Grundsätzlich eine Tätigkeit, mit der wir keine Probleme haben, denn wir leben ja zusammen mit den Wwoof Familien und nutzen diese Räumlichkeiten auch. Doch schnell wurde klar, die Verunreinigung der Küche übersteigt ein annehmbares Maß. Ungeachtet der Masse an Gegenständen (einschließlich des Geschirrs für das BnB) war eindeutig, dass die Küche seit Monaten nicht gereinigt wurde. Staub, Essensreste, Schimmel und sogar Mäusekot waren in den unzähligen Schubladen kein Einzelfall. Wwoofing verstehen wir als geben und nehmen. Arbeit mit Tieren kann auch schmutzig sein, aber sie muss gemacht werden. Doch wenn eine Küche und Bad seit Monaten nicht gereinigt wurden ist es nicht die Aufgabe des Wwoofing Gastes diesen Schmutz zu bereinigen. Für uns war somit eine deutliche Grenze überschritten, weshalb wir nach einer langen und ausgiebigen Diskussion entschieden den Ort zu verlassen. Wer mehr Interesse an der Geschichte hat kann uns gerne fragen, wenn wir wieder zurück sind.
Durch unsere selbstgewählte Freiheit konnten wir nun unsere Reise fortsetzen. Erster Stopp das Hippieparadies Takaka. Die kleine Stadt war wirklich sehr alternativ. Bunt gemischte Läden und barfüßige junge Menschen waren auffällig. Auf dem Campingplatz der Stadt bot sich uns das gesamte Ausmaß der Hippiegeneration gepaart mit dem Freiheitsgedanken des 21. Jahrhunderts. Man könnte meinen dies sei ein einzigartiger Interventionsort für einen Sozialarbeiter. Dieser staubtrockene Platz war eine Oase menschlicher Vielfalt und Tim und ich konnten gar nicht mehr aufhören zu beobachten und analysieren. Neben den Zutaten für unser Abendessen wurde uns auch weiterhin eine delikate Auswahl bunter Tabletten angeboten. Wir suchten Schutz hinter den getönten Scheiben von Odhi, von wo aus wir das ganze Spektakel weiter begutachteten. Hier ein paar Szenarien…
Szene 1: Frau lässt sich offensichtlich am Campingplatz mit all ihrem Hab und Gut absetzten. Mehrere wild sortierte Taschen und eine Matratze fanden ihren Platz im Dreck.
Szene 2: Zunächst unschuldig aussehende Asiatin reist im eigenen kleinen Van an. 30 Minuten später geht es nur mit Jacke bekleidet auf Exkursion - das Ziel Ekstase oder Ecstasy?
Szene 3: Meterhoher, eckiger Camper wackelt sich beschwerlich zu einem geeigneten Platz. Das Fahrzeug welches höher als lang wirkte parkte nicht unter, sondern in einem Baum. Wer annahm dies wirkte bizarr wurde nicht enttäuscht, denn aus dem Camper stieg eine sechsköpfige Familie.
Ummantelt wurden diese und weitere Geschehnisse von mehreren Brennpunkten. Scheinbar hatte jede Gesinnesgruppierung ihren eigenen Treffpunkt. Spätestens gegen 22 Uhr kristallisierten sich drei Dancefloors heraus. Neben Techno und Reggea gab es noch die Gruppe der frei Musizierenden. Unter anderem wurden hier nicht vermisst Blockflöte, Tamburin, und Trommel. Was schmerzlich spätestens um 1.30 Uhr vermisst wurde war die Ruhe.
Nach der bisher wohl aufregendsten Übernachtung ging es weiter zum Farewell Spit, eine Landzunge die 25 Kilometer ins Meer ragt. Ohne große Erwartungen unternahmen wir dort eine Wanderung, von der wir sehr positiv überrascht wurden. Hier ein paar Bilder für euch…
Übrigens haben wir während des Aufenthalts am Golden Bay eine Absage für den Job erhalten, wodurch sich die folgenden Tage sehr aufregend gestalteten. Aber dazu in unserem nächsten Blog Eintrag mehr.