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Von Haifischen und weißen Riesen

Veröffentlicht: 26.08.2022

Der Morgen war frostig aber wunderschön. Die Wolken hatten sich verzogen, und die ersten Sonnenstrahlen überfluteten das Tal unter mir. Optimale Bedingungen für den Col de Malatra.

Die nächsten 400 Höhenmeter waren ein Klacks. Zumindest verglichen mit den letzten 50 Höhenmetern, dem krönenden Abschluss. Versteinerten Haifischzähnen gleich lag der zu überwindende Felskamm vor mir. Mittendrin ein steil aufsteigender Pfad, der sich zwischen diesen Zähnen zu verlieren schien. Von den Tourenbeschreibungen wusste ich, was jetzt auf mich zukam. Ein seilversicherter, etwas ausgesetzter Übergang. Garantiert nichts, dass man mit voller Bikepacking-Ausrüstung machen sollte. Ich ließ mein Radel also erstmal liegen, um mir das genauer anzuschauen und die Taschen rüberzubringen. Es waren dann nur wenige Stellen, die etwas Handeinsatz und Festhalten an einem Fixseil benötigten. Selbst einhändig mit Lenkertasche ganz gut machbar. Und dann stand ich oben. Prachtvoll erhob sich das Mont Blanc Massiv auf der anderen Seite des Val Ferret vor mir, eingehüllt in einige Schönwetterwolken. Allein dafür hatte sich der mühsame Aufstieg schon gelohnt. Und als Zugabe führte ein mutmaßlicher Traumtrail da drüben runter ins Tal.

Jetzt fehlte nur noch mein Radel. Also ging´s zurück, um dieses für den Aufstieg zu schultern. Extra für diesen Pass hatte ich mein Tragesystem mitgebracht, um das Bike sicher am Rucksack zu befestigen und die Hände für den Aufstieg frei zu haben. So hilfreich dieses Tragesystem auch ist, kann es doch nicht verhindern, dass das Radel immer noch um einiges breiter ist als ich, und rechts und links meiner Schultern zusätzlichen Platz benötigt. So musste ich einige Engstellen am Fels seitwärts queren um ausreichend Platz zu haben und nicht anzuecken. Auch an der Kletterstelle galt es vorsichtig zu sein - weder durfte sich ein Rad im Fels verhaken noch irgendwo hängen bleiben. Nicht nur, dass ich dadurch den Halt verlieren könnte, sondern auch die Halterung im Tragesystem könnte sich lösen, und mein Rad sich den Weg nach unten flugs alleine suchen. Mit der gebotenen Vorsicht ließen sich die Schlüsselstellen aber gut meistern, und nach einiger Mühe durfte auch mein Radel die ersten Blicke auf den Mont Blanc genießen.

Die folgende Abfahrt war wild und ungezähmt - holprig, steinig, hochalpin. Aber trotz einiger Schiebepassagen ein Hochgenuss. Es ging runter bis zum Rifugio Walter Bonatti. Hier erhob sich der Mont Blanc wie eine riesiger, vergletscherter weißer Riese vor mir. Ich war nun auf dem berühmten - und leider vielbesuchten - Tour de Mont Blanc Fernwanderweg. Dem wollte ich die nächsten Tage nun grob folgen um das Massiv zu umrunden.

Dem aufmerksamen Leser mag auffallen, dass ich hier auch schon bei meiner letzten Westalpen-Durchquerung vorbeigekommen bin. So werde ich Teile des Weges ein zweites Mal befahren, aber dabei auch einige neue Trails einbauen. Wie die weitere Abfahrt über das Rifugio Bertone nach Courmayeur, ein weiteres Schmankerl, das ich beim ersten Besuch doch glatt übersehen hatte.

Vom belebten Nobelort Courmayeur ging es dann noch ein paar Meter hoch ins ruhigere Val Veny. Ein stilles Hochtal, nur sehr dünn besiedelt aber mit einigen unheimlich schönen Campingplätzen. Einer davon, in einem kleinen Waldstück gelegen, und zu meiner großen Freude mit einer öffentlich nutzbaren Hängematte ausgestattet, war mein Tagesziel für heute.

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