Veröffentlicht: 27.08.2022
Die Hängematte war das Highlight des Campingplatzes. Stundenlang konnte ich da rumhängen und den Blick auf die Bergwelt genießen. Aber auch sonst war das einer der besten Campingplätze den ich bisher bewohnen durfte. Nicht nur die Lage war fantastisch, in einem Arvenwald direkt unter den Gletschern des Mont Blanc. Auch die Ausstattung ließ keine Wünsche offen - Waschmaschine, kleine Bar und ein Laden mit dem Nötigen, sowie ein täglich frisch zubereitetes Abendessen auf Bestellung. Und ich hatte sogar eine schattige, kleine Lichtung abseits des Trubels für mein Zelt ganz allein. Selbstredend, das ich mich hier für mehr als eine Nacht einquartierte.
So hatte ich tags darauf die Gelegenheit noch ein paar Trails rund um Courmayeur auszutesten. Vielleicht gab es ja noch eine ähnlich geniale Abfahrt wie gestern? Also pedalierte ich erstmal Richtung Col de Seigne das Val Veny hoch um auf den Höhenweg zu kommen, den ich als Teil der Tour de Mont Blanc schon in anderer Richtung gemacht hatte. Erst ging es vorbei an einigen wunderschön in den Wäldern angelegten Picknickplätzen. Man fühlte sich hier weniger in den Alpen als vielmehr in einem kalifornischen Nationalpark, mit viel unberührter Natur. Naja, zumindest bis man auf dem Höhenweg kam. Dort drängte sich dann der Mont Blanc wieder mächtig ins Bild. In dessen Antlitz den recht einfachen Weg entlang zu surfen war schon ziemlich gigantisch. Auch wenn aufgrund des massiven Aufkommens an Wanderern eher mal ein Stop-and-Go vonnöten war.
Das sollte nun eigentlich erst der Auftakt sein zu dem Trail den ich mir runter nach Courmayeur ausgeguckt hatte. Laut Bewertung recht knackig, aber machbar. Die Realität sah anders aus. Der obere Teil fiel einer Lawinenverbauung zum Opfer, und der untere Teil war extrem steil, schmal, ausgesetzt und definitiv nur für Lebensmüde halbwegs fahrbar. Den Großteil schob ich, und wer auch immer das als MTB Trail eingestellt hatte, sollte mir besser nicht über den Weg laufen. Der erste richtige Reinfall meiner Tour. Aber zum Trost gab‘s ja noch die Hängematte, in der ich es mir in der zweiten Tageshälfte wieder gemütlich machte.
Ab morgen sollte es dann richtig auf die Tour de Mont Blanc (TMB) gehen, um endlich auch mal die Westseite mit Chamonix komplett abzufahren. Generell stehe ich der Tour noch etwas skeptisch gegenüber. Komplett dem Wanderweg zu folgen ist zwar die Originalroute. Aber wie auch bei anderen Bikepacking Touren wird da zu oft einfach stur den Wanderern gefolgt - mit entsprechenden Schiebepassagen nicht nur bergauf, sondern auch bergab. Das führt den Gedanken des Bikepackings aber eigentlich ad absurdum. Denn wenn ich raufschiebe, dann nur um da oben in einen tollen Trail einzusteigen. Und nicht um das alles wieder runterzuschieben. Dementsprechend folge ich einem etwas anderen Tourenverlauf, der die allzu masochistischen Teile des TMB auslässt und stattdessen fahrbare Trails bieten soll. Durchaus natürlich auch gerne im gehobenen Schwierigkeitsgrad.