Veröffentlicht: 09.02.2018
01.02.2018 Während wir in Vancouver feststellten, dass es doch schwieriger ist als gedacht einen Job, sowie eine Unterkunft für eine kurze Zeit zu finden, hatten wir uns in den letzten Tagen um ein Workaway (auch bekannt als Woofing) gekümmert. Dabei arbeitet man für Kost und Logie. Meistens sind es ca. 5h am Tag für 5 Tage in der Woche. Wir hatten eine Farm in der Nähe von Nanaimo auf Vancouver Island gefunden. Diese entsprach laut der Beschreibung unseren Vorstellungen. Die Zusage kam sehr schnell und schon waren wir auf der Fähre gen Vancouver Island. In Nanaimo angekommen, mussten wir noch zwei Stunden rum bringen, bis wir von unserem Gastgeber abgeholt werden sollten. Wir verbrachten die Zeit in einem typischen Pub bis John uns abholte. Er machte auf den ersten Blick einen ganz netten Eindruck. Angekommen auf der Farm (es war schon dunkel) konnten wir noch nicht erahnen, was uns die nächsten Tage bevorstand. Die ersten Gerüche waren ein Mix aus nasser Hund, Hühner und modrigem alten Haus. Und wir bekamen bereits einen ersten Eindruck von dem, was unsere Gastgeber unter Ordnung und Sauberkeit verstanden. Unser Zimmer war sehr spartanisch eingerichtet. Das Bett, auf dem wir schlafen durften, ähnelte von der Bequemlichkeit her einer Pritsche. Im Bad befanden sich unter dem Waschbecken zwei Rattenfallen..."noch mehr Haustiere", dachten wir uns. Cool. Das Bad war übrigens nur durch einen Vorhang von unserem Zimmer getrennt. Eine neue Stufe der Intimität. Da waren wir also: Angekommen auf einer Farm, im gefühlten Nirgendwo. Anfangs dachten wir noch...das kriegen wir schon einen Monat hin - eine kleine Herausforderung, aber wir schaffen das.
Am ersten Tag wurden uns die Aufgaben, die wir zu erledigen hatten, aufgezeigt. Ich dürfte alle Wassereimer der Tiere leeren, putzen und auffüllen, die Hühner füttern, Eier einsammeln (das hieß auch, die Eier von den brütenden Hühnern zu stehlen), Enten rauslassen und den Hühnern Futter aus abgelaufenen Lebensmitteln, sowie angeschimmelten Obst/Gemüse zusammenstellen. Patricks Aufgaben bestanden daraus, Heu an die Ziegen zu verteilen und die Hühnerstelle mit Holzchips trocken zulegen, sowie Brennholz zu zersägen bzw. Will (unserer Leidensgenosse) dabei zu helfen. Am späten Nachmittag durften wir auch nochmal raus und die Tiere für die Nacht "fertig machen" - dauerte zum Glück nur 30 Minuten. Täglich grüßte das Murmeltier (theoretisch an 6 Tagen in der Woche - wir erhielten nur einen freien Tag), allerdings mit einem immer größer werdenden Mangel an Schlaf - da wir doch häufiger wach wurden um nach Ratten zu schauen und unser Bett einfach nicht für unsere "alternden" Rücken gemacht war.
Am Sonntag (04.02.) kam dann die tollste aller Aufgaben. Die Reinigung der "Brutkästen" der Hühner - diese waren identisch mit einem Katzenklo. Also bestens geeignet für eine einwandfreie Haltung von Hühnern - abgesehen davon, dass sich generell zu viele Hühner in den Ställen aufhielten - richtig bio und so. Das schönste war, dass sich unter den Katzenklos die Rattenbauten befanden, sprich: Wenn wir solch ein Klo angehoben haben konnte es sein, dass auch mal mehrere Ratten herauskamen um "Hallo" zu sagen...das war richtig was für uns. Vielleicht sind wir da zu empfindlich, aber das ging gar nicht. Uns wurde von den Bauern gesagt, dass man wohl nichts gegen die Ratten tun könne. Das sahen wir anders.
Die Hühner lebten auf einem Hügel im Matsch. Die Ställe waren sporadisch zusammen geschustert und die Hühner erhielten viele Lebensmittelreste - ein gefundenes Fressen für Ratten. Wir hatten so viele Ideen wie man die Haltung der Hühner und die Rattenplage hätte verbessern können, abgesehen von einer generellen Reduzierung der Hühner. Mir platzte jedenfalls die Hutschnur, als ich unserer Gastgeberin sagte, dass ich mit den Ratten nicht klar käme und die Reinigung der "Klos" nur mit Patrick zusammen machen würde. Sie wies mich darauf hin, dass hier effizient gearbeitet werde und Patrick ab jetzt die Reinigung alleine übernimmt, da es ansonsten nicht schnell genug gehe. Achso...zu zweit ist man also langsamer. Abgesehen davon, dass die Farmer in den letzten Monaten nur einen Helfer hatten, nämlich Will, und nicht drei. Naja, diese Frau hatte augenscheinlich wenig Ahnung. Wenig Ahnung von effizientem Arbeiten, von artgerechter Tierhaltung und vom freundlichen Umgang mit Menschen. Ich war den Tränen nah, weil es einfach nicht das war, was ich mir vorgestellt hatte und dabei war ich schon öfter auf Bauernhöfen (ohne Rattenplage). Wir brachen das Experiment Bauernhof ab und ließen uns am nächsten Tag zurück nach Nanaimo fahren.
In der kurzen Zeit hatten wir eine kleine Babyziege sehr ins Herz geschlossen, sie wurde mit der Flasche aufgezogen, und war daher sehr zutraulich. Sie konnte nicht gerade laufen, war vielleicht auch etwas blind - aber kam immer sofort angerannt wenn einer in den Stall kam - sie war sehr tollpatschig und einfach zum lieb haben, die hätten wir gern mitgenommen.
Wir verbrachten dann zwei Tage in Nanaimo, haben uns die Stadt angesehen (wobei hierfür auch 2 Stunden gereicht hätten) und haben Pläne für die nächsten Tage gemacht. Vielleicht sollten wir uns ein Auto mieten? So weit ist es schließlich nicht nach Tofino....