Auszeit - Reise Richtung Osten
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Ha Chiang Loop - 6 Tage mit dem Motorbike

Veröffentlicht: 13.05.2019

Morgens um 6.15 Uhr wurden wir von einem Luxus-Minivan abgeholt. Eigentlich hatten wir ein Ticket für den Liegebus gekauft, nach einer halben Stunde stellten wir dann aber fest, dass der Minivan uns nicht zum Busterminal fuhr, sondern direkt nach Ha Giang. Informiert wurden die Fahrgäste über diese Änderung nicht. Vermutlich hätte der Fahrer uns dies mangels Englischkenntnissen eh nicht mitteilen können. Auf der rund sechsstündigen Fahrt freundeten wir uns mit einem deutschen Ehepaar an, das seit drei Jahren in China lebt. Es war spannend zu erfahren, wie 'der Chinese' tickt und wie sich das Leben in China gestaltet.

In Ha Giang checkten wir im Creekside Hostel ein und bezogen unser Zimmer. Wir beschlossen, die Motorräder auch gleich beim Hostel zu buchen. Der Besitzer machte einen freundlichen und kompetenten Eindruck und sprach zudem passabel Englisch. Auch die Bikes waren in einem guten Zustand. Mathias entschied sich für eine Honda Enduro 150ccm. Andrea wählte eine Honda Wave 110ccm (halbautomatik Roller). Für das Abendessen begaben wir uns ins Städtchen. Ha Giang ist nicht wirklich sehenswert. Das einzige spannende Gebäude ist das grosse Spital. Auf eine Besichtigung des Inneren können wir gut verzichten.

Nach dem Frühstück schnallten wir das Gepäck auf das Motorrad von Mathias und fuhren los. Wir mussten uns beide an den fahrbaren Untersatz gewöhnen. Im Gegensatz zu Mathias, der zuhause auch Motorrad fährt, war es für Andrea erst die dritte Fahrt überhaupt. Zudem die erste Erfahrung mit einer halbautomatischen Maschine. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase lief bereits alles bestens. Auch mit der Polizeikontrolle hatten wir Glück – die Polizisten befanden sich gerade in der Kaffeepause, als wir Ha Giang verliessen. In Vientnam ist nämlich weder der Schweizer, noch der Internationale Führerschein gültig. Ein Problem stellt dies aber in der Regel nicht dar. Nach einer kleinen Busse darf man einfach weiterfahren.

Tag 1: Ha Giang – Tam Son – Yen Minh

Die erste Strecke führte über einen Pass nach Tam Son. Das Wetter war auf dem Gipfel leider alles andere als gut. Dicker Nebel schränkte die Sicht massiv ein. Beim Aussichtspunkt (Heaven Gate) legten wir trotzdem einen Stopp ein und genossen einen guten Kaffee. Durch den Nebel waren die Strassen nass und glitschig geworden. Die grösste Gefahr stellten aber eindeutig die entgegenkommenden Lastwagen dar. Diese fuhren teilweise kriminell um die Kurven herum. Wir lernten gleich zu Beginn die zwei wichtigsten vietnamesischen Strassenregeln kennen: Der Stärkere gewinnt (Lastwagen kommt vor Auto, Auto kommt vor Roller etc.) und vor jeder mehrmals Kurve hupen. Wir fuhren gemächlich die kurvenreiche Strasse abwärts. Zum Glück besserte sich die Sicht nach nur wenigen Minuten deutlich. Sicher erreichten wir Tam Son, wo wir einen weiteren Stopp einlegten. Nach dem Mittagessen erklommen wir einen weiteren Pass. Auch hier war in den unteren Lagen die Sicht gut und oben auf der Spitze sehr schlecht. Eher prekär war der Abstieg nach Yen Minh. Die Strasse war glitschig und in einem relativ schlechten Zustand. Mehrmals geriet das Hinterteil der Honda Wave ins Schlittern. Hier machte sich die mangelnde Fahrpraxis und das schlechtere Gefährt sofort bemerkbar. Erleichtert erreichten wir noch vor dem ersten Regenschauer Yen Minh. Bei Andrea kamen einige Zweifel auf, ob sie den Loop wirklich mit diesem Bike beenden möchte. Die Müdigkeit, die Gefahrensituationen und das schlechte Wetter schlugen stark aufs Gemüt. Auch nicht hilfreich waren all die Unfallgeschichten, von denen wir noch am selben Abend erfuhren. Beim Abendessen lernten wir einen jungen Deutschen kennen, der am Vortag mit dem Bike ausgerutscht war. Es war glücklicherweise unverletzt geblieben. Im Krankenhaus hatte er aber eine junge Frau kennengelernt, die sich beim Sturz das Schlüsselbein gebrochen hatte und ihren Urlaub frühzeitig beenden musste. Mit gemischten Gefühlen gingen wir ins Bett.

Tag 2: Yen Minh – Lung Cu – Dong Van

Am nächsten Morgen war das Wetter besser und auch die Müdigkeit des Vortages war verschwunden. Wir beschlossen, den Loop wie geplant mit zwei Bikes fortzusetzen. Die Strecke führte von Yen Minh über einige Pässe nach Dong Van. Dank den trocken Strassen und dem guten Wetter kamen wir rasch voran. Zudem wurde die Landschaft mit jedem Kilometer schöner. Wir begegneten ausserdem äusserst selten einem Lastwagen. Die Fahrt war also insgesamt massiv entspannter. Weil das Wetter so gut war und wir noch übrige Energie hatten, beschlossen wir, kurz vor Don Van noch einen Abstecher nach Lung Cu zu machen. Long Cu ist bekannt für seine riesige vietnamesische Flagge an der Grenze zu China. Die Fahrt zum Flaggenturm war etwas holperig, da nicht die ganze Strecke geteert ist. Auch wenn die Aussicht vom Turm aus nicht überwältigend war, hat uns der Abstecher trotzdem gut gefallen. Richtig schön war die Aussicht auf einem Hügel kurz vor Dong Van. Bei einem vietnamesischen Kaffee genossen wir die Sicht auf die Reisterrassen. Vom Aussichtspunkt aus waren es nur noch wenige Kilometer bis Dong Van. Am Abend trafen wir auf den Deutschen vom Vortag und verabredeten uns zum Abendessen. Dong Van ist ein eher verschlafenes Städtchen. Nach 21.00 Uhr machten praktisch alle Läden dicht.

Tag 3: Ruhetag in Dong Van

Da wir genügend Tage für den Loop eingeplant hatten, entschieden wir uns für einen Ruhetag. Am späten Morgen besuchten wir den lokalen Markt, der jeden Sonntag stattfindet. Marktleute aus sämtlichen Tälern waren angereist. Entsprechend gross und vielfältig war das Angebot. Wir unternahmen einen Spaziergang durchs Dorf und genossen den entspannten Tag.

Tag 4: Dong Van – Ma Pi Leng – Meo Vac – Du Gia

Der erste Teil der Strecke führte über den Ma Pi Leng Pass. Die Aussicht vom Gipfel aus war überwältigend schön! Die grüne Umgebung kombiniert mit dem blauen See – traumhaft. Eine relativ breite und gut ausgebaute Strasse führte ins nächste Städtchen Meo Vac. Von dort aus führte eine kleinere Strasse nach Du Gia. Dieser Streckenabschnitt war mit Abstand der Schönste. Wir überquerten viele kleine und einige grosse Hügel. Abgesehen von ein paar Einheimischen begegneten wir nur sehr wenigen Menschen. Die ansässigen Bauern leisten viel Handarbeit. Keiner der Hänge lässt sich mit einer Maschine bearbeiten. Und praktisch jeder Hügel ist von unten bis oben komplett bewirtschaftet. Wir entdeckten vor allem Mais-, Reis- und Hanfpflanzen. Beim Hanf vermuten wir, dass dieses als Tiernahrung und zur Herstellung von Seilen dient. Vielleicht wird aber auch ein Teil anderweitig verwendet. Zum Transport der Güter verwenden die Bauern grosse Körbe, die sie auf ihrem Rücken tragen. Es erstaunt also nur wenig, dass wir vielen älteren Menschen mit krummen Rücken begegneten. Unglaublich sind auch die Distanzen, die die Menschen täglich zu Fuss im steilen Gelände zurücklegen. Von jung bis alt arbeiten alle auf den Feldern mit. Die Menschen sind arm, wirken aber gut genährt und grösstenteils glücklich auf uns. Zum Glück wächst im hier vorherrschenden Klima so ziemlich alles – dies erleichtert die Selbstversorgung.

Nach rund vier Stunden erreichten wir unser Tagesziel. Das kleine Dörfchen Du Gia (“Su Saa” ausgesprochen). Inmitten von saftigen Reisfeldern fanden wir ein Homestay. Unsere Gastfamilie bereitete ein gemeinsames Abendessen zu, das zusammen mit den anderen Gästen gegessen wurde. Die Schlafplätze befanden sich in der umgebauten Scheune. Wir hatten ein 'Privatzimmer', das jedoch nur durch eine Tür vom Gemeinschaftsschlafsaal abgetrennt war. Gegen hinten war das Zimmer offen, was einen wunderbaren Blick auf das nahegelegene Reisfeld zuliess. Der Luxus bestand in einer einigermassen dicken Matratze, die von einem Mückennetz umgeben war. Mitten in der Nacht regnete es heftig – ein kleiner Vorgeschmack auf die Regenzeit in dieser Region.

Tag 5: Du Gia – Tam Son

Glücklicherweise war am nächsten Tag das Wetter gut und die Strassen trockneten rasch. Wir entschieden uns für die kürzere Strecke zurück nach Tam Son. Einmal mehr bereuten wir, nicht zwei Offroad-Bikes gemietet zu haben. Auf dieser Strecke fehlten häufiger ganze Strassenabschnitte. Andrea wurde auf ihrem Bike ziemlich durchgeschüttelt. Hier fuhren definitiv keine Lastwagen durch und wir genossen die wilde Natur Nordvietnams. Wir begegneten vielen fleissigen ArbeiterInnen. Einige schauten uns ganz erstaunt nach. Der Tourismus ist in diesem Teil des Landes noch nicht angekommen. In Tam Son buchten wir eine weitere Nacht in einem Homestay. Unsere Gastgeberin Thu gehört einer ethnischen Minderheit. Gemäss den kulturellen Gepflogenheiten trug sie ein schwarzes Gewand. Da an diesem Abend nur wenige Gäste in ihrem Haus übernachteten, hatte sie viel Zeit, um unsere Fragen zu beantworten. Das Gespräch war ein Mix aus Englisch und Zeichensprache – ergänzt mit Google Translator. Beim Abendessen lernten nicht nur viel über Vietnam, sondern auch über die vietnamesische Ess- und Trinkkultur. Besonders beliebt ist der Maisschnapps. Thu brennt ihren eigenen Maisschnapps nach einem alten Familienrezept (100 Liter pro Jahr). Der Selbstgebrannte hatte es ganz schön in sich. Immer wieder wurde zwischen den Gängen angestossen. Dazu musste der Trinkspruch laut und gemeinsam aufgesagt werden. Unsere Trinksprüche lockten noch weitere Familienmitglieder an. So stiessen der Ehemann von Thu so wie deren Onkel nach dem Essen dazu. Um 23.00 Uhr stiegen wir leichtfüssig die Treppe zu unseren Zimmern empor.

Tag 6: Tam Son – Ha Giang

Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Thu und ihrer Familie. Nach drei sonnigen Tagen zierten am letzten Tag dunkle Regenwolken den Himmel. Wir waren froh, dass wir nur noch einen Pass überqueren mussten. Wie bereits bei der Hinfahrt, war der obere Teil des Passes auch bei der Rückfahrt in dicken Nebel gehüllt. Der neblige Teil war rasch überwunden und die Strasse war einigermassen trocken. Sicher erreichten wir Ha Giang am frühen Nachmittag. Wir waren überglücklich, aber auch erschöpft. In beiden Homestays hatten wir nicht all zu gut geschlafen und die Fahrt auf dem Motorrad erforderte viel Konzentration.

Wenn auch nicht ganz ungefählich, gehört der Ha Giang Loop eindeutig zu den Highlights unserer bisherigen Reise. Die schmalen Strässchen, der Fahrtwind, die einmalige Landschaft, die unfassbar schönen Reisterrassen, die Einheimischen und vielleicht auch das dazugehörige Risiko haben die Fahrt zu einem unvergesslichen Abenteuer gemacht.

Unsere Vietnamreise endet in einigen Tagen. Mit dem Bus geht es zurück nach Hanoi, wo wir einen weiteren Tag verbringen werden. Danach fliegen wir weiter in den Norden von Thailand. Unsere nächste Reisedestination heisst Chiang Mai.



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