Veröffentlicht: 24.05.2024
Es ist ziemlich kalt in meinem Zimmer, und ich bleibe noch ein wenig im Bett liegen. Um 6:00 Uhr morgens muss man ja auch noch nicht raus. Als ich mich endlich aufraffe zu duschen ist es schon nach sieben und ich plane um 8:00 Uhr in den Grand Ketten Nationalpark zu fahren.
Als ich die Tür öffne erblicke ich ein Auto mit Schneebelag. Schon etwas surreal Ende Mai. Aber hier oben ist es eben kühler und die Temperatur liegt beim Gefrierpunkt. 15 Minuten gehen für das freischaufeln drauf und so fahre ich um 8:15 Uhr los und bin auch ziemlich genau um 9:45 Uhr am Ziel.
Kurz vor dem Nationalpark liegt die Kleinstadt Jackson, die ich aber meiden würde. Denn hier ist die Hölle los. Als Ausgangspunkt für die beiden Nationalparks, Grand Teton und Yellowstone ist es nur verständlich, dass sich hier Tausende von Touristen tummeln. Mir ist das deutlich zu viel. Alleine mit dem Auto braucht man eine Ewigkeit um durchzukommen.
In dem Moment wo ich das Schild für den Nationalpark sehe wird mir klar, dass dieser Tag eine nicht so gute Wendung nimmt. Der Hinweis, dass Schild mit dem Bergmassiv im Hintergrund aufzunehmen, ist ein wenig schwierig durchzuführen. Denn es gibt kein Bergmassiv im Hintergrund. Die Sicht auf das Naturwunder ist gleich null.
Ich fahre noch zwei Lockouts an, um dann festzustellen, dass es heute vergebliche Liebesmühe ist, den Nationalpark zu genießen. Jedenfalls in der Form, wie ich es mir vorgestellt habe. Die Natur ist zwar immer noch beeindruckend, aber ohne die Berge nichts besonderes mehr. Ich erkenne meine Niederlage an und überlege, was zu tun ist.
Das ist ein Problem beim Roadtripping. Du hast meistens Anschlussbuchungen, die auf dich warten. Und die man nicht einfach canceln kann. Obwohl, man könnte schon, aber man will dann nicht. Also weglassen. Den Loop weitee abzufahren ist ziemlich sinnlos.
Meine Wetter App lässt mich dann einen Gedanken fassen, der vielleicht doch zumindest für dieses Naturereignis positiv ausgehen könnte. Morgen früh ist Sonnenschein angesagt. Ich beschließe also, die 130 km wieder zurück zu fahren zu meiner Unterkunft, dort es ruhig angehen zu lassen, und morgen früh um 4:00 Uhr aufzustehen und wieder hierher zurückzukommen. Das sind zwar 350 km extra, aber die Strecke morgen zum nächsten Ziel ist mit 350 km relativ kurz. Was sind schon 700 km an einem Tag?
Vorausgesetzt natürlich, dass sich das Wetter nicht wieder ändert und es morgen früh doch wieder diesig wird. Dann soll es eben nicht sein. Entschädigt werde ich heute allerdings durch eine kleine Herde Elche, die auf der schneebedeckten Fläche mit ihren Jungtieren grasten. Und die Winterlandschaft ist wirklich schön.
Nachdem ich im lokalen Markt einkaufen war und mir Sushi, Fried Chicken und Smoked Tri-Tip erstanden habe, lädt mich die deutsche Besitzerin meiner Unterkunft Sofia zu einem Espresso ein und erzählt mir, wie es kam, dass sie vor 30 Jahren auf Füssen im Allgäu kommend hier in den USA gelandet ist. Eine bemerkenswerte Geschichte des Aussteigens aus einem sicheren Job, Selbstreflektion und des Glücklichwerdens.
Und nachdem sie erwähnt, dass sie 2 mal die Woche die 100 km nach Jackson zum Yoga fährt, fühlt sich mein hoffentlich stattfindender Trip in aller Herrgottsfrühe gar nicht mehr so schlimm an. Was sind schon Entfernungen?