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Teil 2 Nicaragua

Veröffentlicht: 12.06.2017

Fortsetzung des Nicaragua-Berichts. Die Bilder befinden sich alle im Teil 1!

Nach gut 2 Wochen mussten wir uns dann von den wunderschönen Maisinseln verabschieden. Zurück in Managua holten wir unser zurückgelassenes Gepäck und verließen die hässliche Hauptstadt so schnell es ging Richtung Kaffeehochland. Matagalpa war unser Ziel, wo wir eine Fair-Trade Kaffeeplantage mit angrenzendem Nebelhochwald besuchten. Leider war gerade keine Pflücksaison aber unser Guide erklärte uns die verschiedenen Schritte und worauf es bei der Kaffeeproduktion ankommt. Zum Abschluss durften wir dann noch probeschlürfen, Tömmi gab das Urteil „sehr guter Kaffee“ ab, ich hingegen bekam die Schlücke gerade so runtergewürgt, fand die Tour aber trotzdem sehr interessant, weil Fair Trade in dem Fall wirklich faire Entlohnung und viele Zusatzleistungen wie Krankenversicherung und Beschulung der Kinder beinhaltete. Danach stapften wir noch ein bisschen durch den Selva Negra, Schwarzwald, der seinen Namen von den deutschstämmigen Besitzern bekam. Der Wald hat zwar mit unserem Schwarzwald nicht viel zu tun, jedoch tummeln sich dort jede Menge schwarzer Brüllaffen, die uns mit ohrenbetäubendem Geschrei begleiteten, allerdings ohne sich uns aus nächster Nähe zu zeigen.

Ansonsten ließen wir es uns in Matagalpa kulinarisch gut gehen, vor allem der Käsekuchen, den es dort überall gibt, hat es mir angetan. Tömmis Bauch machte ihm jedoch wieder sehr zu schaffen und so langsam erhob sich bei uns der Verdacht, dass er sich wohl Würmer oder andere Parasiten eingefangen hatte. Tömmi nahm es aber sehr sportlich, taufte seinen nervigen Wurm auf den Namen Frauke und sagte dem Mistvieh den Kampf an 😉 In Matagalpa wollten wir dann noch einen Aussichtspunkt besteigen, von dem man einen schönen Blick über das ganze Kaffeehochland hat, aber unsere Gastgeberin verbot uns das, weil es auf dem Wanderweg wohl regelmäßig zu Überfällen kommt. Also hoch mim Taxi und runter zu Fuß, die Sicherheitsbeauftragten oben werden uns einen sicheren Abstiegsweg zeigen, so die Aussage unserer Gastgeberin. Auch der Taxifahrer warnte uns nochmals eindringlich vor den vielen Überfällen, weswegen wir das auch ernst nahmen. Oben angekommen genossen wir erstmal den schönen Rundumblick auf die grünen Hügel des Selva Negra, da es sich aber schon dem Sonnenuntergang entgegen neigte, wollten wir den Abstieg antreten. Der mit Maschinengewehr ausgestattete Polizist verbot uns aber den Abstieg zu Fuß und meinte, wir müssen wieder Taxi fahren. Weder er noch seine Kollegen hatten aber eine entsprechende Taxitelefonnummer und meinten, wir sollen halt warten oder eben den „normalen“ Weg laufen, wovor uns zuvor ja aber alle gewarnt hatten, außerdem hatten wir unsere Handys und Kameras dabei, die wir nur ungern einem Möchtegerngangster überlassen wollten. Etwas gefrustet wandte ich mich also an eine Geburtstagsgesellschaft, die gerade eine Piñata vermöbelte, und fragte um Hilfe. Nach einigem Hin- und Her mit unzähligen Handys, die alle nicht zu funktionieren schienen, konnte uns dann endlich geholfen werden und kurze Zeit später kam das rettende Taxi angeflitzt.

Von Matagalpa aus ging es dann nach Estellí, einem Revoluzerdorf, dass während der Revolutionszeit große Wichtigkeit erlangte. Viele Wandmalereien erzählen die Geschichte der Sandinistas, die hier den Aufruhr gegen die Diktatur gestartet haben. Estellí diente uns aber nur als Zwischenstation, denn wir wollten eigentlich ganz in den Norden an die Grenze zu Honduras, wo sich der Somoto-Canyon schlängelt. In Estellí hätten wir es auch nicht länger ausgehalten, denn die ganze Stadt schien von unfassbar lauten Musikboxen gesät, die einem in unmenschlicher Lautstärke entgegenröhrten, dass heute Muttertag ist. Muttertag ist in Nicaragua ein sehr wichtiger Feiertag, der aufgrund einer Geburtstagsüberschneidung mit der Ehefrau des Exdiktators jedoch nicht Mitte sondern am letzten Mai gefeiert wird. Ich wage auch zu bezweifeln, dass den nicaragüensen Mamas dieser Krach an ihrem Feiertag gefällt, aber vielleicht verstehen wir in Deutschland auch einfach nur den Begriff Feiertag etwas anders.

Mit dem Expressbus ging es dann sehr angenehm nach Somoto, wo wir von einem Mitglied der Familie abgeholt wurden, welche vor einigen Jahren erst den Tourismus im Canyon angekurbelt hat. Die Familie bietet einfache Zimmer, superleckeres Essen und einen Guide aus dem Familienclan, der einem zeigt, wie Canyoning funktioniert. Ich will ja schon seit Ewigkeiten mal Canyoning ausprobieren und jetzt gab es endlich die Gelegenheit dazu. Tömmi wurde natürlich wieder nur von mir mit der Tatsache konfrontiert, dass er für 4 Stunden einen reißenden Fluss erklettern, durchschwimmen und durchspringen muss. Er hätte sich zwar eher für die Variante „Ich lasse mich in einem Reifen durch den Fluss treiben“ entschieden, schlüpfte aber brav in Lycrashirt und Schwimmweste und ließ sich überraschen. Natürlich hatten wir am Morgen unseres Abenteuers wieder besonderes Glück: Nachts hatte es im benachbarten Honduras sinnflutartig geregnet, weswegen das Wasser im Canyon so krass angestiegen war und sich lebensgefährliche Strudel gebildet hatten, dass ein Guide allein nicht ausreichend gewesen wäre. Also legten wir drei Gruppen zusammen und waren schließlich zwar mit mehreren Touris aber auch genügend Guides und Sicherungsseilen bereit fürs Canyoning. Vier Stunden und viele blaue Flecke später waren wir aber total adrenalingeflasht und froh, die Tour gemacht zu haben. Der Fluss hatte es zwar ganz schön in sich und trotz Schwimmweste wurde man von der Strömung oft sehr lange unter Wasser gezogen, aber es machte mega viel Spaß. Wir fanden zwar nie die Idealspur, die uns die Guides empfahlen, kollidierten mit so einigen Felsen und verpassten wegen der krassen Strömung auch den passenden Ausstieg, hatten aber stets ein fettes Grinsen im Gesicht. Tömmi konnte dann bei Sprüngen aus 8 und 12 Metern wieder glänzen und ich rettete einer kleinen Eidechse das Leben, deren Kokosnussschale gekentert war und die es aus eigener Kraft nicht mehr ans Ufer schaffte.

Nach dem Mittagessen hüpften wir dann wieder in den Chickenbus nach Estellí, von wo aus es in die Studentenstadt León ging.

León ist eine sehr angenehme Stadt, hat viele schöne Kolonialbauten zu bieten, und noch mehr Kirchen. Vor allem ist León, ebenso wie Estellí, die Sandinista-Hochburg und die vielen Murals, Plakate und mit Parolen bedruckten Shirts der Studenten zeigen, dass es hier sehr revolutionär zu geht. Leider stehen die Sandinistas heute genau für das, wogegen sie während der Revolution 1978 - 1990 gekämpft haben: Korruption, Vetternwirtschaft und Alleinherrschaft. Vor allem der Plan des Nicaraguakanals von der Karibik bis zum Pazifik quer durchs Land hetzt die Gemüter auch heutzutage wieder gegen die Regierung auf. Auch die Tatsache, dass Nicaragua das zweitärmste Land Mittelamerikas hinter Puerto Rico ist, missfällt natürlich Vielen.

Da der blöde Frauke-Wurm Tömmi immer mehr zusetzte, buchten wir uns in einem Ökohotel direkt gegenüber des Krankenhauses ein. Da Tömmi aber nicht so der große Krankenhausfreund ist und die Einheimischen meinten, es gäbe auch in der Apotheke gute Mittelchen gegen Parasiten, wurden die Apotheken abgeklappert und schließlich vertrauten wir auf 6 Tabletten, die Frauke endgültig den Garaus machen sollten. Tömmi wurde aber ebenso wie seine Parasiten mehr oder weniger außer Gefecht gesetzt und so schwamm ich täglich mehrere Stunden im Ökosalzwasserpool und sah den Kolibris, Geckos und Fledermäusen beim Moskitofangen zu. Ein Besuch im Kunstmuseum und eine Freewalkingtour waren dann aber auch noch drin, bei der uns der Chemiestudent Alejandro eine Crashkurs in nicaragüenser Geschichte gab und die schönsten Fleckchen der Stadt zeigte.

Die 6 Tabletten waren dann endlich vertilgt und so fanden wir uns mit einem Holzbrett unter dem Arm in 728 Meter Höhe auf dem Cerro Negro wieder, Nicaraguas jüngstem und aktivstem Feuerspucker. Im Hintergrund erstreckt sich die Vulkankette der Cordillera de los Maibios, der auch der Cerro Negro angehört. Der knallblaue Himmel steht im krassen Kontrast zur knallgrünen Landschaft, auf der der tiefschwarze Vulkan sitzt. Zwischendrin zeigen die festgewordenen Magmawellen wohin sich die Lava beim letzten Ausbruch 1999 in die karge Prärie ergossen hat. Ein adrenalinsüchtiger Franzose namens Eric Barone hatte im Jahre 2002 versucht, auf einem Bike den Vulkan herunterzurasen und damit einen Schnelligkeitsrekord aufzustellen. Leider ist ihm das Bike mit 172 km/h unterm Arsch weggebrochen und so auch fast jeder Knochen seines Körpers. Ein Australier fand die Idee spannend und suchte daraufhin andere „Geräte“ um den Cerro Negro herunterzurutschen. Snowboard, Skateboard, Kühlschrank, Autotür, … nichts hat so recht funktioniert, bis er auf das gute alte Brett zurückgriff, auf dem jetzt täglich abenteuerlustige Touristen den Vulkan herunterrodeln. Da diese Aktion in der CNN-„50 Dinge für Adrenalinjunkies“-Liste auf Platz 2 liegt, mussten wir das natürlich auch ausprobieren. Nach einem recht einfachen aber sehr windigem Aufstieg, bei dem unser Guide allerhand Wissenswertes über die Vulkankette rund um León zu erzählen wusste, und einem kurzen Blick in den dampfenden Krater schlüpften wir in unsere krellgelben Minion-Anzüge, setzten die passende Chemikerbrille auf, banden uns einen Mundschutz gegen den Staub um die Nase und warteten, bis wir ein Go bekamen. Bei der Erklärung, wie man das Brett „bedient“, habe ich nicht so recht aufgepasst, ich bin ja schließlich eine geübte Schlittenfahrerin. Deshalb verpasste ich auch den Hinweis, dass, wenn man einmal auf entsprechender Geschwindigkeit ist, nichtmehr bremsen kann … Tömmi rutschte zuerst los, ins schwarze Nichts, ohne das Ende der Bahn sehen zu können, doch er kam wohlbehalten unten an. Danach waren einige sehr vorsichtige Mädels an der Reihe, die so langsam waren, dass wir Wartenden fast einen Hitzschlag erlitten hätten. Aber dann kam endlich das Go: Ich stürzte mich also voller Freude den 41 Grad steilen Hang hinunter, verlangte meinem Brett alles ab und merkte plötzlich, dass es doch etwas zu schnell abwärts ging. Bremsen funktionierte aber wirklich nicht und so schoss ich mit gefühlt 70 km/h total unkontrolliert aber Freudestrahlend (oder Angstschrei erfüllt) ins Tal. Das Board schliff über das messerscharfe Vulkangeröll, Staub und Steinchen flogen mir um die Ohren, mit Schlittenfahren hatte das wenig zu tun aber es machte unglaublich viel Spaß 😊

Geil, ich wollte trotz Bruchlandung am Ende gleich nochmal, aber leider mussten wir wieder zurück auf den Truck, der uns wieder nach León schaukelte. Im Ökopool entledigte ich mich erstmal des ganzen Vulkangesteins, dass sich in Ohren, Nase, Augen und Haaren festgesetzt hatte. Definitiv ein tolles Erlebnis, auf einem Holzbrett einen aktiven Vulkan runterzusausen!

Bevor es zum Flughafen nach Costa Rica gehen sollte, wollten wir noch einige Tage an die Pazifikküste und da das kleine Strandörtchen Las Peñitas in 40 Minuten mit dem Hühnerbus zu erreichen ist, sollte das unsere vorerst letzte Station in Nicaragua sein.

Dank der Nebensaison ging es im Surferdorf Las Peñitas sehr beschaulich zu, wir hatten den Strand für uns und die riesigen Wellen schüchterten wohl auch die meisten Surfer ein. Wir genossen unsere sehr coole Unterkunft direkt am Strand mit schönen Hängematten, Pool, Kühlschrank mit literweise Bier und Rum und allem, was man für ein paar faule Strandtage so braucht. Mambo, unser schwarzer Wachhund, wollte mich zwar zuerst fressen, nach der ersten Streicheleinheit und einem Stückchen Frühstückspeck, waren wir aber die besten Freunde. Tömmi und ich versuchten ein bisschen, im Meer zu baden, was aber aufgrund der richtig fetten Wellen sehr anstrengend wurde, irgendwann hatten wir aber die Bodyboards entdeckt und Tömmi eine neue Lieblingssportart. Nebenher machten wir Strandspaziergänge und eine Kayaktour durch Mangrovenwälder zur Isla Juan Venado, einem Naturschutzgebiet für Krokdile, Faultiere und Meeresschildkröten, die dort jedes Jahr im August zur Eiablage stranden. Besonders viele Tiere haben wir zwar nicht gesehen, dafür habe ich gelernt, dass Moskitospray bei Sonneneinstrahlung wie Melkfett und Alufolie zusammen wirkt: hallo Sonnenbrand! Unser Guide Philippe, ein einheimischer Fischer, dem die Isla und der Naturschutz sehr am Herzen liegen, erzählte uns viel über illegale Wildereien der oft bettelarmen Bevölkerung. Nicht nur die Armut, sondern auch der Rum und die Perspektivlosigkeit sind für viele hier ein Problem. Die in der Hauptsaison oft auf Wochen im Voraus ausgebuchten Hotels hier sind meist in ausländischer Hand und wer dort einen Putzjob ergattert, kann sich glücklich schätzen. In der Schildkrötenschutzstation gab es derzeit leider nur einige Eier, aber der von Muscheln übersäte Strand war auch sehr schön anzusehen und Tömmi fischte mir ein außerordentlich schönes Exemplar aus den Wellen.

Die letzten Tage verbrachten wir dann ganz gemütlich am Strand, sahen beim Surfcontest zu, der von unserem Hotelbesitzer organisiert wurde und bereiteten uns auf Kuba vor.

Nicaragua hat uns auf jeden Fall mehr als nur begeistert, wir hätten von dem kleinen Land längst nicht so viel erwartet. Von Kuba aus wird es wahrscheinlich keinen Blogeintrag geben, da es auf der Insel kaum Internet gibt. Wenn alles nach Plan läuft, sind wir ab dem 18. Juli wieder daheim. Bis dahin, hasta luego

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