AllgäuerinInNorwegen
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Wie man ein Abenteuer in Norwegen erleben kann

Veröffentlicht: 09.12.2019

1. Buchen Sie eine Reise mit dem Bus, bei dem Sie möglichst oft umsteigen müssen und die Umsteigezeit weniger als 5 Minuten beträgt
2. Sprechen Sie die Landessprache nur brüchig und wählen Sie Busfahrer, die wenig Englisch verstehen
3. Suchen Sie sich den schlechtesten Platz im Bus aus. Vor Ihnen muss ein alkoholabhängiger Mann sitzen, der alle 10 Minuten auf das Klo muss. Hinter Ihnen sollte unbedingt jemand sitzen, der auch nachts um 2 Uhr noch mit Freunden telefonieren kann, natürlich über Freisprecher.
4. Unterschätzen Sie die Schneehöhe und den damit verbundenen Kraftaufwand, der sich auf die Gehzeit auswirkt.
5. Reisen Sie an Orte, an denen Unwetter herrscht und der Flug womöglich abgesagt werden könnte und an denen der Zug wegen zu viel Schnee länger halten muss.

Das ist mir alles dieses Wochenende passiert.
Am Freitagmorgen bin ich in Dale aufgebrochen, um andere Freiwillige in Vinstra, Ostnorwegen, zu besuchen. Die ersten zwei Umstiege gingen super, doch in Skei erwischte ich die falsche Haltestelle (ich hatte den Busfahrer extra gefragt... und es gab dort nur zwei Stück...) und da ich nur 2 Minuten Umsteigezeit hatte, fuhr mir der Anschlussbuss vor der Nase weg. Ich rannte in die Tankstelle, doch es war kein Taxi verfügbar, das mich hinterherfahren konnte. Und auch keiner der Trucker fuhr in die Richtung. Also schauten wir nach der nächsten Verbindung: Der nächste Bus ging um 21:20 Uhr, also wartete ich 11 Stunden in der Tankstelle. Währenddessen häkelte ich eine Mütze, da ich glücklicherweise mein Häkelzeug mitgenommen hatte.

Chillen an der Tankstelle

Gegen Mittag schaute ich mir auch das Dorf an, das in der Region liegt, in der Nikolai Astrup gewohnt hat und die nebenher superschön ist.

Das ist Skei, ich hatte ja Zeit, es zu erkunden...
Die Fjordlandschaft von Jølster
Berge in Jølster

Als mein Bus dann kam, wollte ich eigentlich nur noch schlafen, doch ein Mann mir schräg gegenüber machte die ganze Zeit Lärm und torkelte alle 10 Minuten aufs Klo um dort heimlich zu rauchen. Als der Bus sich an einer Haltestelle leerte, setzte ich mich um. Gerade als ich eingeschlafen war, fing der Mann hinter mir an, mit seinem Freund zu telefonieren. Das Ganze um 2 Uhr und natürlich sehr lautstark, da er offensichtlich fast taub war.

Als ich dann um kurz vor 3 Uhr in Otta ankam, hatte ich den Warteraum für mich alleine, deshalb setzte ich mich ans Fenster und beobachtete die Schneeflocken, an Schlaf war natürlich nicht zu denken. 

Frisch wie eh und je um 3 Uhr morgens

Im Zug nach Vinstra unterhielt ich mich dann noch mit einer Frau, die Lehrerin in Flekke, 10 Minuten von Dale entfernt, war. Und um 3:20 Uhr war ich endlich in Vinstra. Eine Freiwillige holte mich mit dem Auto ab und dann schlief ich auf dem Sofa sofort ein. Wegen einer Minute hatte ich so aus 8 Stunden Reisezeit 19 Stunden gemacht.

Dann kam aber der gute Teil der Reise:
Zusammen mit den Freiwilligen aus Vinstra frühstückte ich. Danach fuhren wir mit dem Auto, das sie an Wochenenden benutzen dürfen, nach Lillehammer. Nachdem wir mehrere Parkhäuser verglichen und schließlich geparkt haben, liefen wir zum Bahnhof, wo wir die anderen Freiwilligen trafen. Zusammen nahmen wir einen Shuttlebus zum World Cup, wurden von betrunkenen Norwegen auf eine Party eingeladen und bekamen ein Bier geschenkt. Nachdem wir gratis Mützen abgestaubt haben, schauten wir uns den Start eines Langlaufrennens an. Später gingen wir dann noch zum Skispringen und am Ende wieder zurück zum Zieleinlauf eines anderen Langlaufrennens. Bemerkenswert ist, dass beim Skispringen so gut wie niemand war, verglichen mit dem Langlaufrennen. Die Norweger sind halt beim Langlauf einfach besser... denken sie. Denn Platz 1 war jeweils norwegisch.

Kurz vor dem Start
Die Gruppe setzte sich in Bewegung
World Cup bei bestem Wetter
Die Skischanze
Sitzen im Schnee, kein Problem!
Nicht ganz so spektakulär wie im Fernsehen
Was im Fernsehen wie ein ganzer Bereich aussieht, in den die Skispringer gehen, ist nur eine provisorische Wand...
Zieleinlauf
Siegerehrung (auf Platz 3, rechts, ein Deutscher)

Danach besuchten wir noch den kleinen Weihnachtsmarkt von Lillehammer und fuhren heim.

Weihnachtsmarkt in Lillehammer

Dort machten wir noch Pizzen und redeten, bevor wir zu einer Bar liefen. Nach einer Runde Billiard und bei den anderen Bier, fing um 23 Uhr eine Countryband an zu spielen. Gut war es nicht, aber laut. Deshalb schrien wir uns ins Ohr, wenn wir uns unterhalten wollten.
Um 1.30 Uhr ging es dann auch wieder zum Haus, weil die anderen am Sonntag Skifahren gehen wollten.

Am Morgen frühstückten wir wieder zusammen, die anderen gingen und ich wartete ein wenig in der Wohnung, bis es Zeit war, zum Bahnhof zu laufen. Dabei unterschätzte ich den Schnee (es hat die ganze Nacht geschneit), sodass ich teilweise rennen musste, doch ich bekam den Zug nach Oslo. Unterwegs hielten wir mal 5 Minuten, weil es zu viel Schnee hatte und es wurden auch einige Flüge wegen Unwetter abgesagt... 

Norwegische Züge von innen...
und außen
Warten im Flughafen

Als ich schon eingecheckt hatte, sah ich, wie die Landebahn die ganze Zeit geräumt wurde und in Førde und Dale hatte es Sturm. 

Unterwegs hatte es dann mehrere Turbulenzen, was für mich nicht ganz so lustig war, da ich ja schon so ein wenig Flugangst habe und das Flugzeug dazu noch relativ klein war. Das Gesicht meines Sitznachbarn war währenddessen interessant :)

Der Versuch eines Fotos von meinem Flugzeug

Mein Flug hatte dann zum Glück nur eine Verspätung von 45 Minuten, aber es wollte mich wegen dem Unwetter keiner vom Flughafen in Førde abholen, weshalb ich eine weitere Stunde auf den Bus warten musste. Als der Bus da war, sagte mir der Busfahrer, dass sie auf ein verspätetes Flugzeug warten würden, was bedeutete, dass ich meinen Anschlussbus verpassen würde.

Nachdem mich immer noch niemand abholen konnte, lief ich ca. einen Kilometer auf der dunklen Straße durch den Wald (natürlich mit eingeschalteter Handylampe). An der Hauptstraße wartete ich auf den Bus und hielt ihn dort an, da es weit und breit keine Bushaltestelle gab. Um 21:45 Uhr war ich dann daheim und schlief sofort.

Völlig verschlafen ging es am Montag in die Schule, für Frühstück hatte ich keine Zeit gehabt. In der Pause, 2 Minuten vor Unterrichtsbeginn, wurde mir gesagt, dass ich die Stunde halten müsste, die übrigens auch die letzte vor der großen Prüfung sei. Wie sich rausgestellt hat, hat mir die Lehrerin am Freitag eine SMS auf das Schulhandy geschrieben, aber ich war da schon auf dem Weg und am Montag Morgen hatte ich nicht mehr auf das Handy geschaut. So führte ich also die Fälle ohne jegliches Material und ohne Vorbereitung ein. Währenddessen aß ich einen Apfel, den ich mir in der Kantine besorgt habe, als Frühstück.

Da die Frau, die die Kantine managt, gerade in Japan ist, musste ich mit dem anderen Kantinenmitarbeiter arbeiten, mit dem ich nur Norwegisch reden kann, da er kein Englisch versteht, doch es ging überraschenderweise ziemlich gut. In der Mittagspause bastelte ich dann noch Papierherzen mit einem komischen Webmuster und das werde ich am Donnerstag mit den Schülern zusammen weitermachen.

Leise und ruhig ist meine Adventszeit also nicht :)

P.S. Als ich den Leuten in der Schule meine Geschichte erzählte, meinten sie nur, dass Flugverspätungen und Zwischenstoppe mit dem Zug normal seien, „das ist eben Norwegen!“, haben sie ganz locker gesagt.

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