Veröffentlicht: 02.11.2018
Guten Morgen nach Deutschland, nachdem ich die letzten Wochen nur wenig über mein Leben in Caynaba berichtet habe, möchte ich euch heute ein wenig von meiner vergangene Woche berichten.
Die vergangene Woche war geprägt von Grabenkämpfen, Konflikten und dem Tod. Doch am besten von Beginn an.
Die neue Woche beginnt in Somaliland immer schon Samstags. Der Samstag hier ist vergleichbar mit dem Montag in Deutschland. Patientenbetten die übers Wochenende frei waren, werden meist mit dem Beginn der Woche wieder belegt. So war es auch vergangenen Samstag, das Krankenhaus war voll und die Arbeit nahm kein Ende. Eine unsere Patientinnen war auch ein 13-jähriges Mädchen, das mit Verdacht auf Meningitis bereits die Tage zuvor im Krankenhaus verbracht hatte. Bei der morgendlichen Visite schien sie stabil und ihr Zustand schien sich zu verbessern. Leider setzte im Laufe des Vormittags ihre Atmung aus und ihr Herz hörte auf zu Schlagen. Natürlich weiß ich das man nicht jeden retten kann, trotzdem geht es nicht spurlos an einem vorüber, wenn jemand stirbt der noch sein ganzes Leben vor sich hatte.
Am selben Morgen fanden zwei Geburten im Krankenhaus statt. Eines der Babys hatte während der Geburt Fruchtwasser aspiriert und kämpfte vom ersten Moment an um sein Überleben. Leider haben wir den Kampf noch am Nachmittag des gleichen Tages verloren. Viel schlechter kann die Woche also eigentlich gar nicht beginnen. "Morgen wird alles besser" sagte ich mir selbst und ging auch am nächsten Tag zuversichtlich ins Krankenhaus, bereit sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen. Am nächsten Tag verloren wir auch den Kampf um das zweite Baby, es war noch zu schwach um in der trockenen und staubigen Umgebung Caynabas groß zu werden.
In Deutschland könnten die Kinder womöglich noch leben, zumindest hätten sie eine größere Chance gehabt sich dem Kampf des Lebens zu stellen und es ist unfair, dass die Weltgemeinschaft solche Ungleichheiten immer noch zulässt.
Um den Kopf ein bisschen frei zu bekommen und einfach mal aus dem Krankenhaus raus zu kommen, hatte ich geplant am nächsten Tag mit der Mobile Clinic raus zu fahren. Doch wenn es mal nicht läuft, dann läuft es nicht. Der örtliche Polizeichef hatte damit gedroht uns verhaften zu lassen, sobald wir Caynaba verlassen, ohne ein weiteres Auto für seine Polizisten dabei zu haben. Normalerweise war es bisher so, dass die Polizisten die uns begleiteten in den Autos des Teams mitgefahren sind, jetzt bestand er darauf, dass diese in einem zusätzlichen Auto mitfahren, welches wir am besten bei ihm mieten sollen. Um nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen, verzichtete ich also auf den Trip mit der Mobile Clinic und blieb im Krankenhaus. Das Problem konnten wir vorerst in einem Gespräch mit dem Gouverneure beheben, wird aber sicherlich irgendwann wieder zum Thema werden.
Im Krankenhaus kündigte sich allerdings schon ein weiterer Konflikt und Gerangel um Kompetenzen an. Unser Apotheker und unsere Ärzten kamen fast täglich mit verschiedenen Beschwerden übereinander zu mir. Die Ärzte schreiben die Medikamente nicht richtig auf, schreiben die falsche Dosierung, zu lange Dauer, etc.. gleichzeitig beschweren sich die Ärzte darüber, dass unser Apotheker die Medikamente eigenständig ändert oder Patienten Tabletten vorenthält. Ein gemeinsames Meeting mit allen Beteiligten hat bisher nur wenig Erfolg gebracht. Solche Grabenkämpfe kosten jede Menge Nerven und Energie und können vermutlich nur durch ein Machtwort gelöst werden.
Der Rest der Woche war geprägt von zähen Gehaltsverhandlungen mit einer unserer Ärztinnen und jeder Menge Officearbeit zum Monatsabschluss. Ich habe also durchaus schon bessere Wochen erlebt. Hoffen wir die nächste wird eine davon.
Bis bald
#Alexinsomaliland