Veröffentlicht: 09.08.2019
19.01.2015
Es sieht trübe aus, als ich um halb neun aufstehe. Heute muss das 3 Tage alte Brötchen dran glauben und der Rest Brie. Ich komme kurz vor 10.00h los, die Wolken hängen tief. Ich hatte kurz noch überlegt, dass ich - sofern das Wetter besser ist - nochmals Richtung Fox Glacier fahre und von dort zum Lake Matheson, um das Panorama zu sehen. Aber das brauche ich nicht zu machen. Die Fahrt führt erst einmal durch den üblich dichten Busch der Westküste, bis ich in eine endlose Ebene komme mit Viehzucht und Getreideanbau.
Ein paar kleine Ortschaften und alles eingerahmt von hohen Bergen - ein Panorama das mit Sonne traumhaft ist. So war es jedenfalls letztes Jahr. Damals bin ich allerdings an einem Tag von Haast über Fox Glacier, inkl. der Wanderung dort hoch, über Franz Josef bis nach Hokitika gefahren. Hokitika sind von Franz Josef nochmal rund 150km. Letztes Jahr hab ich echt Strecken abgerissen innerhalb eines Tages - aber ich hab viel gesehen, wovon ich jetzt noch zehre. In dem Kuh-Dorf Pukekura, das über 2 Einwohner und eine Kneipe verfügt, in der man wohl hervorragend Possum essen kann, hat ein Witzbold ein Schaffott am Straßenrand aufgestellt mit martialischen Drohungen an sämtliche Herrscher und Herrschenden, sich an die französische Revolution zu erinnern.
Heute halte ich mal kurz in Ross, einem alten Goldgräberstädtchen. Aber es fängt jetzt richtig an zu regnen, so bleibt es bei einem Abstecher in das alte Gefängnis und den Blick auf einen Teich der in der Grube einer Goldgräber-Aktion entstanden ist. Hier wird auch bis heute noch Gold abgebaut, außerdem Golderz und man vermutet, dass unter dem Ort eine Goldader liegt - nur um die zu erreichen müsste man den Ort abreißen. Außer Ross ist hier auf der Strecke nicht wirklich etwas Belebtes.
Ross
Auf dieser Route, die ich fahre, sind die Tankstellen im Abstand von 100km und mehr und wer hier Geld tauschen möchte, sucht eine Bank vergeblich. Zwischen Haast und Greymouth - das sind gut 500km - gibt es keine Bank. Aber in Franz Josef den einzigen Bankautomaten auf der Strecke...Wenn man bedenkt, dass hier Mitte des 19. Jahrhunderts Gold gefunden wurde und auch heute noch gefördert wird, ist es erstaunlich, dass hier nicht mehr Ansiedlungen sind.
Bevor ich nach rechts vom Highway 6 abbiege - so etwa 20km südlich von Hokitika - erwischt mich ein richtig heftiger Wolkenbruch und ich überlege kurz, ob ich überhaupt zur Hokitika Gorge fahren soll. Sie hat türkisfarbenes Wasser und soll ganz toll sein. Aber bei diesem Wetter? Nun soll der Weg zur Schlucht selbst vom dazugehörigen Parkplatz nicht weit sein und führt sicher durch einen (sand fly verseuchten) Regenwald, wo man vielleicht nicht ganz so nass wird. Also auf. Der Umweg ist nicht ohne, es sind knapp 30km auf verschlungenen Wegen durch irgendwelche Flecken von 3 Häusern und vielen Feldern.
Während es hinter mir langsam heller wird, hängt der Regen noch vor mir in den Bergen, aber es ist erstmal trocken. Als ich den Parkplatz erreiche sieht es ganz gut aus und ich schnappe mir meine übliche Ausrüstung aus Rucksack, Regentüte und Überzug für den Rucksack und laufe los.
Erwartungsgemäß geht es durch Regenwald und erwartungsgemäß lauern sand flies auf wehrlose Touristen. Das Schlimmste ist stehen zu bleiben und zu fotografieren. Sobald man sich nicht bewegt, stürzen die sich auf einen. Ich bin zwar komplett verhüllt, aber die Hände nicht...Am Ende hab ich dann nicht nur auf den Händen sondern auch noch einen Stich in der Ohrmuschel.
Hokitika Gorge
Der Blick auf die Schlucht ist am Besten, wenn man auf der Hängebrücke steht, die nur maximal 6 Personen trägt. Das Wasser ist milchig-türkis und mit einem Effektfilter sehen die Bilder ziemlich gut aus.
Der Himmel zieht sich schon wieder zu und ich trete den Rückweg an. Dann nochmals 30km bis zum Highway und von Hokitika ist es jetzt noch ne gute Stunde bis nach Punakaiki zu den Pancake Rocks. Ich passiere oberhalb von Hokitika bei Kumara Junction eine weitere Besonderheit: Hier führt eine Eisenbahnbrücke über einen Fluss und diese Brücke ist gleichzeitig Straße und Fahrradweg. Vor mir fährt ein Radfahrer, auf der anderen Seite wartet ein dicker LKW, denn die Brücke ist nur einspurig. Gut, dass nicht noch eine Bahn kam. Die hat Vorfahrt, darf die Brücke aufgrund des Alters der Brücke aber nur sehr langsam passieren, was regelmäßig zu endlosen Staus auf beiden Seiten der Brücke führt. Witzig ist das natürlich dennoch. Der Fahrradfahrer hat sichtlich Probleme, die Balance zu halten auf dem ausgefahrenen Asphalt zwischen den Schienen.
Die Brücke von Kumara Junction
Greymouth ist jetzt nicht mehr sehr weit. Ich halte nicht in Shantytown, einem weiteren Goldgräberstädtchen, denn irgendwie hatte ich davon ja auch schon einiges in Alaska im September und anders als in Ross wird es auch hier nicht sein.
Greymouth hat den bisher billigsten Sprit für 1,749 und ich tanke voll. Ansonsten mache ich eine kleine Kurve durch die Altstadt mit netten alten Häusern, bevor ich meine Tour fortsetze. Eigentlich hätte ich jetzt gerne mal einen Kaffee, aber für ne richtige Pause will ich mir eigentlich keine Zeit nehmen, denn noch ist das Wetter ganz ok und ich will noch zu den Pancake Rocks. Hinter Greymouth führt der Highway direkt am Steilhang eines Berges entlang - eine tolle Route. Wasserfälle stürzen neben einem vom Berg und man kurvt weiter und hat einen gigantischen Blick aufs Meer!
Was für eine Brandung. Aber nun sieht man auch wieder die Feuchtigkeit, die aus dem Urwald dampft und gleichzeitig die Gischt, was beides die Sicht in Nebel hüllt. Und dann fängt es wieder an zu regnen. Ich habe gerade mein Auto bei den Pancake Rocks geparkt, dann bricht ein Wolkenbruch über die Touristen herein, der sich gewaschen hat. Ich rette mich in ein Café und komme so zu selbigem und mache also zwangsweise erstmal eine Pause. Wo ich heute übernachten werde, weiß ich gar nicht so genau. Eigentlich habe ich dieses Wetter an der Westküste so satt, dass ich maximal weit nach Norden will, was Westport bedeuten würde. Das ist 1 Stunde Fahrt nördlich von hier. Von dort muß ich dann nach Osten fahren, um letztlich im Norden nach Nelson oder Umgebung zu kommen, um zum Abel Tasman Nationalpark zu gelangen. Angesichts des Wetters im Moment wird das hier ggf. jetzt eine eher kurze Nummer. Evtl. bleibe ich dann doch hier in der Nähe, um morgen früh das Ganze nochmal mit besserem Wetter anzugehen.
Als der Regen vorbei ist, gehe ich los. Es gibt einen Rundweg, der etwa 20 min dauern soll. Ich bin noch keine 30m gegangen, kommt der Regen zurück. Ich hole also Regentüte und Rucksacküberzug aus dem Rucksack und verpacke mich und mein Gefährt. Mit der wasserdichten Olympus mache ich noch ein paar Bilder von den ersten Pancake Rocks, was aussieht wie im Aquarium.
Keine 5 min später bricht mir der Schweiß aus, der Regen ist vorbei - die Sonne scheint. Also alles wieder ausziehen und die nasse Regentüte irgendwo anbinden. Das Investment von 1 Euro im Euroshop in Berlin hat sich jetzt schon gelohnt. Das Ding hab ich schon 3 x angehabt in den letzten 3 Tagen.
Die Sonne wechselt sich mit Wolken ab und die Szenerie dieser geschichteten Felsen ist klasse. Es sind Türme, Felsen, Felsnasen und zwischendrin sind noch Blowholes, aus denen das Wasser bei hohen Wellen nach oben schießt. Jetzt ist aber eher erst auflaufendes Wasser. Bei Fluthochstand dürfte das noch sehr viel dramatischer sein. Der Ursprung der Pancake Rocks sind Erosions-Überbleibsel von urzeitlichen Sedimentablagerungen von Kalkstein und Tonmineralien. Etwa 30 Mio Jahre schätzt man das Alter dieser Pfannkuchenstapel. Die Pancake Rocks gehören zum Paparoa National Park, einem der 14 Nationalparks Neuseelands (von denen 10 auf der Südinsel liegen).
Bis ich hier mit schlechtem, guten und sehr gutem Licht die immer neuen Perspektiven abgelichtet habe, ist es schon halb sechs und ich überlege, jetzt mal das nächste Motel anzusteuern, da es später immer schwieriger wird, da die Strecke oberhalb von Punakaiki eher ganz leer aussieht.
Küstenstraße oberhalb des Punakaiki Visitor Centers
Nur einen Kilometer vom Visitor Center ist der Punakaiki Tavern, der auch motelähnliche Zimmer vermietet. 130 Dollar ist ein stolzer Preis. Aber jetzt noch weiter zu fahren, um ggf. 20 Dollar zu sparen, ist mir auch zu blöd.
Das Zimmer ist mausig und ich bin gleich wieder unterwegs zum Strand, der etwa 100m hinter dem Hotel beginnt. Ich setze mich in die Abendsonne auf einen Stein, bis es etwas frisch wird und gehe dann im Tavern meines Hotels etwas essen, trinke ein Bier, schreibe Postkarten und Tagebuch - ein Telefonnetz gibt es hier nicht. Folglich auch kein Internet. Das Hotel hat wohl Wlan zum Kauf, aber ich muß einfach morgen mal gucken, dass ich mir von unterwegs ein Hotel am Abel Tasman reserviere für die kommenden 3 Nächte. Das hätte ich gerne heute gemacht, aber das wird auch morgen funktionieren.
Der Strand hinter dem Punakaiki Tavern
Tageskilometer: 280km