Für und Wider - Wo Licht ist, ist auch Schatten

"Der Mensch will immer, daß alles anders wird, und gleichzeitig will er, daß alles beim alten bleibt." - Paulo Coelho, Der Dämon und Fräulein Prym

Ich muss sagen, als ich vor zwei Jahren in Kolumbien war, hat es mir zwar gefallen, mich aber nicht vom Hocker gerissen. Dieses Jahr sind Kolumbien und ich dicke Freunde geworden, man kennt sich halt, und endlich kam es zum Schulterschluss zwischen uns. Nicht zuletzt deswegen, weil es mir von Camilos Eltern so leicht gemacht wurde mich heimisch zu fühlen.
Die letzten Tage haben wir den Geburtstag von Camis Mama gefeiert und waren 2 Tage im absoluten super Luxus Resort am Strand. Ich bin ja eher der Hostel Typ, aber das war der Hammer. Einen Tag haben wir komplett im Meer verbracht, wie zwei kleine Kinder, Fische gefüttert, Krebse gefangen, Kajak gefahren, Wettschwimmen gemacht und uns einfach von den Wellen umspülen lassen, bis uns die Eltern zum Abendessen zitiert haben. Vielleicht verstehen Camilo und ich uns deshalb so gut, weil noch so viel Kind in uns steckt. Wie sehr kann man sich darüber freuen, dass einem Fische Brot von den Fingern zupfen oder man feststellt, dass auch Legoane ein Stück Brötchen aus der Hand futtern. So ein Resort Leben hat ja was irreales. Einerseits will man, dass es nie endet, andererseits würde mir nach wenigen Tagen mehr die Decke auf den Kopf fallen. Immerhin ist das Hotel der größte Arbeitgeber der Gegend mit rund 470 Mitarbeitern. Und ganz sicher auch der größte Umweltverschmutzer.

Was ist also das Fazit aus der Zeit in diesem Land? Wir haben viel geschimpft über die Art der Kolumbianer und uns genausoviel über ebendiese gefreut. Waren genervt von Verkehr und schlechtem Öffi und glücklich für wenig Geld von der Disko mit dem Taxi heimzufahren. Hätten wir an einem Tag vor lauter Musik auf einem Straßenfest nicht schlafen können, haben wir am nächsten Abend selber an einem teilgenommen. Die Fürs und Wider schenken sich nichts und dennoch bleibt am Schluss das Ergebnis, dass es in Deutschland geregelter, standartisierter, durchsichtiger und ehrlicher zugeht. In Kolumbien bleibt die Meeresbrise, wunderbare Landschaften, der Humor und die Ungezwungenheit der Leute.
Ein großer Hauch von Wehmut und Traurigkeit fegt mir um die Nase, als ich zuerst das Jahr 2016, dann Camilo und letztendlich auch mich selber verabschieden muss. Das kann die Abenteuerlust im Moment einfach nicht ausgleichen.
Als ich alleine nach New York gereist bin, hat es sich angefühlt wie mal eben kurz von einem Beckenrand zum anderen zu schwimmen. Mit meiner deutschen Familie die zum Abschied winkt und meiner kolumbianischen Familie die mich schon von Weitem willkommen heißt. Und jetzt, da ich für die nächsten Monate wirklich alleine los muss, ist es, als würde ich in das weite Meer hinausschwimmen, mit Wellen und so und wo man den Boden nicht sehen kann. Na hoffentlich gibt es irgendwo eine einsame Insel.
Nächster Stop Hawaii.

Kleiner Nachtrag: Camilo hat natürlich völli Recht mit seinem Kommentar, Chechi darf natürlich nicht fehlen. In Lateinamerka ist es üblich, dass man eine Haushaltshilfe hat. Im Falle der Familie Montero ist das Chechi, die für Cami und seinen Bruder wie eine zweite Mama ist und seit 32 Jahren in der Familie ist und uns die leckersten Sachen gekocht hat. Chechis Mama haben wir auch besucht, sie ist 98 und ich war ganz ehrfürchtig so einen betagten Menschen kennenzulernen. Sie war ganz süß, hat einen gar nicht mehr losgelassen und gesagt "ich bin schon 90", Chechi so "98 Mama, 98"