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Von Tsumago nach Kiso - auf Umwegen

Veröffentlicht: 01.05.2019

Heute soll sich herausstellen, dass wir schon zu lange die perfekt geölten Räder der Tourismusindustrie genossen haben: wir haben uns nur minim auf die Wanderung von Tsumago nach Nojiri vorbereitet - warum auch, es klappt ja immer alles hervorragend. 

Wir starten den Tag mit köstlichem Frühstück. Bei Stef rufen zwar die traditionellen japanischen Frühstücksspeisen weniger Euphorie hervor, aber nach einer Nacht auf dem Futon finde ich persönlich alles eine Verbesserung (wie die Japaner auf diesen 10cm Matratzen schlafen können, bleibt mir ein Rätsel). Uns wird ganz freundlich vom Fujioto versichert, dass es heute zwar kalt und wolkig sein wird, aber kein Regen zu erwarten ist. 

Nun gut, wir wagen uns raus (unser Gepäck wird von der Unterkunft in das übernächste Ryokan geschickt - wir sind also für 1.5 Tage nur mit Rucksack unterwegs). Die ersten paar Regentropfen können uns nichts anhaben; aber aus den wenigen Tropfen wird ein Regenschauer und diese kommen und gehen den ganzen Vormittag und Mittag. Wir geniessen dennoch den wunderbaren Weg von Tsumago nach Nagiso. Als wir dort den Wegweiser nach Nojiri suchen, sehen wir, dass der Weg wesentlich weiter ist, als erwartet. Wie kann das sein? Schnell wird der Fehler klar: es gibt einen Weg nach Nojiri über den Nakasendo, welcher ca. 17km lang ist. Wir haben den Weg aber über Google Maps eingegeben und sind auf nur 13km gekommen - dies ist ein anderer Weg, der direkter und nicht auf dem Nakasendo ist. Eigentlich kein Problem, ABER wir müssen um 14.50 Uhr den Zug von Nojiri nach Kiso-Fukushima erwischen, wo wir eine Unterkunft gebucht haben. Da Golden Week und damit so ziemlich alles ausgebucht ist, können wir auch kurzfristig nicht die Übernachtungspläne ändern. Ausserdem fährt der Zug von Nojiri nach Kiso-Fukushima nur alle paar Stunden einmal. Der nächste wäre erst kurz vor 18 Uhr - dann wären wir allerdings zu spät für das Abendessen in unserer Unterkunft (damit sind die Japaner sehr unflexibel: wir haben mehrmals gesehen, dass das Essen punkt 18 Uhr aufgetischt wird, auch wenn die Gäste noch gar nicht eingecheckt haben...). 

Was nun? Wir müssen kurzfristig umplanen und entscheiden uns für den kürzeren, wenn vielleicht auch weniger schönen Weg nach Nojiri. Allerdings müssen wir feststellen, dass dieser aus welchen Gründen auch immer gesperrt ist. Wir haben keine Lust umzukehren und das heisst: der Strasse entlang laufen. 

Obwohl wir teilweise wunderbare Einsicht in dörfliches Leben erhalten und sogar schöne Aussichten geniessen können, sind wir über diese Fehlplanung (oder Nicht-planung) genervt. Vielleicht ist es aber auch der Regen... Jedenfalls hätte diese Wanderung besser sein können.

Gute Laune war keine Selbstverständlichkeit heute

Wir müssen sogar schon ein Dorf vor Nojiri auf den Zug gehen, damit wir ihn sicher erwischen. Dort treffen wir im Warteraum auf einen Nakasendo-Wanderer, der sich vorgenommen hat, den ganzen Weg zu Fuss zu machen. Das heisst, von Kyoto nach Tokyo. Er unterteilt das in drei Abschnitte, damit er es überhaupt in den Ferien unterbringen kann. Von dem Vorhaben sind wir beeindruckt und noch etwas mehr beschämt über unsere schlechte Planung und geringe Kilometerzahl. 

Aber gut: wir kommen schlussendlich in Kiso-Fukushima an. Es weht aus unerfindlichen Gründen ein eiskalter Wind und wir gehen erst einmal bibernd ins Tourist Office. Dort finden wir ENDLICH eine gute Karte vom ganzen Nakasendo. Es ist unerklärlich, warum es diese nicht in Magome oder Tsumago gab, das sind die beliebtesten Städte für die Wanderung! Zusätzlich erhalten wir eine Karte von Kiso-Fukushima, welches grösser ist als die bisherigen Städtchen. Allerdings ist kaum etwas vom alten, traditionellen Baustil der Edo-Zeit geblieben. Weil das Wetter, trotz der endlich hervorgekommenen Sonne, sehr ungemütlich ist, laufen wir gleich mal Richtung Unterkunft. Wir kommen dabei an einem Fuss-Onsen vorbei: heisse Quellen, in welche man seine Füsse zur Erholung aufwärmen kann. Perfekt! Genau was wir brauchten. Danach sieht die Welt wieder ganz anders aus. 


Unsere Unterkunft wird vom wahrscheinlich liebenswertesten Ehepaar in Japan betrieben (die Frau nannte ihren Mann immer „tô-san“, „Vater“) - wir fühlen uns ein bisschen wie zu Hause und richten uns für eine gemütlichen Abend ein. Allerdings müssen wir das Abendessen sehr traditionell japanisch sitzend auf Tatami-Matten einnehmen: unmöglich, eine bequeme Sitzposition zu finden. Der Futon ist denn hier auch noch dünner als sonstwo, so dass ich mich schon auf den nächsten Tag freue und weniger auf die Nacht.

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