Von Nürnberg nach Sylt mit dem Radl
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Tag 13: Hallo Bärenpark, hallo Niedersachsen!

Veröffentlicht: 28.08.2021

Bei strahlend schönem Sonnenschein verließen wir die Lengefelder Warte. Das Frühstück konnte uns leider nicht dazu bewegen, länger im Hotel zu bleiben. Das war im Vergleich zu dem Abendessen gleich zwei Größenordnungen bescheidener. Aber vielleicht waren unsere Ansprüche einfach zu hoch? So starteten wir um 10h am heutigen Samstag nach Fuhrbach bei Duderstadt (in Niedersachsen). Zunächst ging es wieder bergab nach Zella und weiter über den Unstrut-Radweg in Richtung Dingelstädt. Uns fiel überraschenderweise auf, dass an kleinen Rastplätzen neben dem Weg nicht nur eine Bank, sondern häufig gleich drei standen, dazu sahen alle drei unterschiedlich aus. Eine heilige Drei-Bank-Faltigkeit :-) Wir kamen weiter an Kallmerode und Leinefelde vorbei. Kurz bevor wir unser heutiges Zwischenetappenziel bei Worbis erreichten, trafen wir auf eine freundliche Frau, die von unserer Radreise fasziniert war und uns einige Tipps zum Ort und zur Umgebung mitteilte. Sie war schon Ü70 und mit ihrem E-Bike gut unterwegs. Schließlich (nach einem kurzen Stopp bei einem Rewe) erreichten wir mit großer Vorfreude den alternativen Bärenpark in Worbis. Die Fahrräder schlossen wir neben dem Eingangsbereich hinter einem Eiswagen ab. Der Eisverkäufer versprach, auf unsere Drahtesel, genauer gesagt, auf das daran befestigte Gepäck, ein Auge zu werfen - im positiven Sinne für uns und unser Equipment :-)

Im Bärenpark erfuhren wir auf den Beschilderungen viele interessante Informationen zu dem meist tierunfreundlichen Umgang mit Bären - in Zirkusfamilien, im Zoo, heute und in der Vergangenheit. Ein kleiner exemplarischer Bärenzwinger aus den vergangenen Zeiten des Tierparks Worbis war erhalten worden und konnte auch begangen werden. Dieser zeigte uns eindrucksvoll, wie eng und qualvoll solch eine Behausung für einen ausgewachsenen Bären sein muss, die von den Ausmaßen denen eines doppelten Zirkuswagens entspricht (kaum zu glauben, dass es immer noch kein Wildtierverbot für Zirkusse in Deutschland gibt!). Am Anfang unseres Weges durch den Park war nicht nur diese - leider - typische Bärenzelle zu besichtigen. Der Park beherbergte auch einige Haus- und Kleintiere, wie Hühner, Schafe, Kaninchen, Schildkröten, Ziegen und diverse Vögel, die in ebenfalls verhaltensgerechten Gehegen dort lebten. Auch bei diesen Tierarten wird über typische Haltungsfehler aufgeklärt. Ebenfalls gab es ein Gehege mit Waschbären, die sich jedoch nicht blicken ließen. Anders als die meisten der üblichen ethisch äußerst fragwürdigen Zoos oder Tierparks erhält der Bärenpark keine (regelmäßigen) öffentlichen Gelder, sondern finanziert sich fast ausschließlich über Spenden, Tierpatenschaften und dem eigenen Shop der Stiftung für Bären. Auch in Zoos sollte die Haltung exotischer Wildtiere überdacht werden - vermutlich hinterfragen nur wenige ihren Palmölkonsum kritisch, nur weil er oder sie im Dortmunder Zoo einen Orang-Utan gesehen hat, der durch die Rodung des tropischen Regenwaldes zwecks Anbaus von Ölpalmen massiv gefährdet ist. 

Im weiteren Verlauf konnten wir auf einem Bärenlehrpfad vieles über das Leben der Bären erfahren. An einer exponierten Stelle sahen wir dann den ersten der zurzeit acht Braunbären. Der Bär schubberte sich an einem Baumstumpf und störte sich nicht an den vielen Augen, die ihn beschauten. Die Merkmale der unterschiedlichen Bären waren in der Parkbeschreibung enthalten und so versuchten wir, zu entschlüsseln, welcher Bär gerade zu bestaunen war. Es war wohl eine ältere Bärin mit dem Namen Katja, die 1991 in dem russischen Staatszirkus geboren wurde. Weiter ging es, bis zu einem großen Gehege mit einem kleinen, besucherfreundlich neben dem Weg angelegten Teich vorbei. Dort planschten und tollten zwei jüngere Bären herum - vermutlich Pedro und Pardo. Wir entschlossen uns dort, eine Pause zu machen und den beiden zuzuschauen. Außerdem erblickten wir noch einen weiteren, schlafenden Bären in der Ferne und auch das Wolfspaar Ronja und Raik. Diese sind keine echten Wölfe, sondern Wolfshybriden aus illegaler Privathaltung. Als wir weitergingen, kam eine Pflegerin mit Eimern voller Obst vorbei. Es war glücklicherweise Futterzeit!! So kamen gleich mehrere Bären und Bärinnen vorbei und futterten die vegetarischen Leckereien, die in den Wald geworfen wurden. Die Weintrauben schienen am begehrtesten zu sein. Dazu sei gesagt, dass es keine Schaufütterungen gibt, sondern diese immer zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten erfolgen, sodass die Bären sich nicht darauf einstellen können und eine natürliche Futtersuche angeregt wird. Am Ende des Rundweges durch den Bärenpark kamen wir an dem Gehege der ältesten Bärin vorbei: Conny im Alter von 32 Jahren konnte schon nicht mehr so gut sehen und war auch schon etwas wackelig auf den Beinen. Sie suchte eher riechend nach dem Obst, was zuvor über den Zaun zu ihr geworfen wurde. So verging die Zeit im Fluge und kurz vor 16h machten wir uns mit einem im Souvenir-Shop gekauften Eis (veganes Mandeleis für Janina) weiter auf unseren Weg; der Eisverkäufer, der auf unser Hab und Gut aufpasste, ging finanziell leer aus... Tja so ist das, wenn nur Softeis verkauft wird. Er hatte jedoch sowie gerade andere, bessere Kundschaft.

Ein weiteres Highlight auf unserem Weg in Richtung Duderstadt war das Eichsfelder Grenzlandmuseum, welches dort steht wo damals die Mauer den historischen und stark katholischen Landkreis Eichsfeld teilte. Es hatte zwar (fast) schon geschlossen (nur bis 17h geöffnet), aber die Außenanlagen waren sehr sehenswert. So informierten uns einige Schilder am Wegesrand zum Mauerbau und Mauerfall und wir konnten eine Kraftfahrzeugschnellsperre (hält auch LKWs aus und schließt in drei Sekunden!), einen Hubschrauber und einen Beobachtungsturm anschauen. Ein Mahnmal, bestehend aus drei verwinkelten Grenzzaunstücken, erinnerte an die Maueropfer. Des Weiteren hätte es noch einen Rundweg, den Grenzlandweg, gegeben, an dem ehemalige Grenzanlagen zum Teil im Originalzustand zu besichtigen waren. Das erste Teilstück, den noch erhaltenen Kolonnenweg, nahmen wir näher in Augenschein, indem wir auf einem kurzen Stück darauf radelten (er ist sehr holprig), bis zum Sperrtor am Fluss/Bach Hahle. Von da fuhren wir nördlich und kamen so in Niedersachsen an, unser drittes Bundesland auf dieser Radtour. 

Duderstadt, welches Teil der deutschen Fachwerkstraße ist, war überraschenderweise ein schönes, da vorher unterschätztes, Erlebnis. Abgerundet wurde dies von einem Passanten, welcher uns bereitwillig zahlreiche Informationen zu den über 500 Fachwerkhäusern aus verschiedenen Epochen und dem Aufbau der Stadt mitteilte. Er hatte sichtlich Freude, sein Wissen mit uns zu teilen. Seine Partnerin und er kamen aus Göttingen; sie versuchte, ihn etwas zu bremsen, bevor er uns eine längere Stadtführung gegeben hätte ;-) Danach radelten wir noch einmal bergauf und bergab, bis wir in Fuhrbach in Niedersachsen ankamen. In unserem Hotel "Der Kronprinz" war volles Haus: Eine Hochzeit fand statt. Zum Glück bekamen wir ein Zimmer, welches uns lautstärketechnisch von der Feierlichkeit verschonte, da es zur anderen Seite heraus ging. Abends aßen wir noch in dem Restaurant des Hotels, welche ebenfalls sehr gut war, und richteten Grüße an die Inhaber von den Inhabern des vorherigen Hotels aus (man kennt sich dort). Danach genossen wir die Abenddämmerung bei einem Bier auf unserem Balkon, inklusive leise Musik von der Hochzeit. So konnten wir sehr zufrieden in den Schlaf entgleiten :-)

Daten zur 12. Etappe:

Fahrstrecke: 46,3 km
Fahrzeit: 3:48h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 12,2 km/h
Max. Geschwindigkeit: 40,5 km/h
Höhenmeter: 477 m

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