Vier Reifen und zwölf Pfoten
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Von (m)einem Schokoladenohr

Veröffentlicht: 04.02.2022

#12 Panaderia

Ha – reingelegt! Panaderia ist kein Ort, sondern eine Bäckerei. Aber so eine Panaderia spielte am zwölften Tag unserer großen Reise eine zentrale Rolle …

Nach unserem Ausflug nach Almeria beschränkten wir unsere Aktivitäten heute auf einen Rundgang durch die Innenstadt von Aguadulce. Das Zentrum ist eigentlich kein Zentrum. Das Leben spielt sich entlang der N-340a ab, der Hauptverkehrsader entlang der Küste – neben der A-7. Fast alle Geschäfte, Restaurants oder auch Ärzte und Behörden reihen sich wie Zinnsoldaten am Straßenrand, buhlen mit bunten Werbetafeln und schick dekorierten Schaufenstern um ihre Kunden.

Es war gegen Ende unseres langen Spaziergangs, als mich der Duft von Mandeln, Zimt und frisch Gebackenem in der Nase kitzelte und meine Betriebstemperatur automatisch drei, vier Grad nach oben schaltete. Ich liebe Süßes, Gebackenes, am besten gut geschützt in einem dicken Schokoladenmantel. Es mag an den Temperaturen liegen, dass die Backwaren hier unten meist eher dünn gekleidet sind, was den Überzug anbelangt. Der Bäcker dieser Panaderia allerdings war eine Ausnahme, ein Fachmann, ein Spezialist der alten Schule, ein wahrer Chocolatier. Schon mein erster Blick ins Schaufenster ließ meine Geschmacksknospen Purzelbäume schlagen. Torten, Muffins, Kuchen, Gebäck in allen Größen und Formen, kunstvoll arrangierte Blätterteigstangen und alles in diesem herrlichen, wundervollen Braun, in allen Schattierungen …

Ich hatte einen Fuß schon fast auf die Schwelle gesetzt, als jemand wieselflink an mir vorbeischlüpfte. „Schatz, hast Du die Schweineohren gesehen? Die sehen ja prächtig aus“, flötete Icke. „Ich hol Dir eins. Passt Du auf die Hunde auf?“

Da stand ich nun mit plattgedrückter Nase am Schaufenster, in der linken Hand zwei Hundeleinen, in der rechten einen Kinderwagen und sah zu, wie Icke mit strahlenden Augen mit dem Bäcker schäkerte. Der junge Herr mit seiner Bäckermütze auf dem Kopf packte gerade das Schweineohr ein, als ich Icke hörte, wie sie den Mann halb Deutsch, halb Spanisch mit Händen und Füßen fragte, ob er wisse, welchen Namen dieses Gebäck in Deutschland trage. Das war der Moment, in dem ich nicht mehr ganz so traurig war, dass ich nicht mit im Laden stand. Ich war schon einmal hautnah Zeuge, wie Icke eine Bedienung fragte, ob das auf ihrem Teller Schweinefleisch sei. Da ihr scheinbar das Wort Schwein auf Spanisch nicht geläufig ist, grunzte sie – und das – zugegeben – gar nicht schlecht. Nur so laut, dass es plötzlich mucksmäuschenstill war in dem randvollen Restaurant. Sie musste das schon zu Hause geübt haben, denn so ein Grunzen … Aber lassen wir das. Als ich durch das Schaufenster sah, wie Icke sich ans Ohr fasste, spürte ich plötzlich einen Zug an den Leinen. Das konnten selbst die Hunde nicht mitansehenl.

„Schau mal, was ich Dir mitgebracht habe“, kam Icke lachend hinter uns hergehüpft. „Und stell Dir vor, der wusste nicht einmal, dass das ein Schweineohr ist.“ Na sowas!

Wenn wir nicht nur 200 Meter zu unserer Unterkunft gehabt hätten, wäre ich auf dem Weg dorthin wahrscheinlich im Erdboden versunken. Ich habe es jedenfalls geschafft — unser Schweineohr, das eigentlich mein Schweineohr war, kam nicht so weit. Ich hörte zuerst ein Rascheln. „Darf ich mal probieren, ob das auch wirklich so gut schmeckt, wie es aussieht?“ Als meine liebe Icke dann meinte, dass es sogar noch besser schmecke als sie dachte, wusste ich, dass es mein Schweineohr nicht schaffen würde. Ob es mir etwas ausmache, wenn wir teilen würden. Sie würde mir morgen noch eins kaufen, das wäre dann ganz alleine nur für mich. Und ups, jetzt sei plötzlich nur noch ein kleines Stück übrig … So ein Unglück! Wie konnte das nur passieren? Auf dieses Fetzelein würde ich nun sicher auch keinen großen Wert mehr legen und schwups war es weg – mein Schweineohr. Ein klarer Fall von Mundraub. Der wurde 1975 abgeschafft – hätten die damals Icke schon gekannt, wer weiß …

Antworten (2)

Uli
Super Berichte, Don Willi! Ganz liebe Grüße auch an Icke und eine schöne Zeit!Uli und Silke

Willi
Vielen Dank, lieber Uli. Siehst Du, kaum werden die Punkte mehr, scheint auch für den Uli wieder die Sonne! Liebe Grüße auch an Silke!

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