Veröffentlicht: 28.01.2022
#5 – Bellcaire D’Emporda
Die Bewertungen im Netz für unseren Campingplatz hatten nicht übertrieben: Nicht zu groß, alles ordentlich, Duschen, Entsorgung – und Strom. Wir hatten den Abend mit einer kleinen Runde durch den Ort ausklingen lassen, viel gelesen und uns ausgeruht. Die Heizung pustete, als wollte sie ihren Fauxpas vom gestrigen Abend wieder gut machen. Es war kuschelig warm. Da ging plötzlich das Licht aus. Ein Blick aus dem Fenster, alles dunkel. Stromausfall! Die Uhr zeigte 23.30 Uhr. Eine halbe Stunde später – unsere Heizung keuchte nur noch leise vor sich hin – kam der Chef vom Campingplatz. „No hay problema“, meinte Ignatius, als seine Taschenlampe meine flehenden Augen fand. Es gibt kein Problem. Und tatsächlich: In einer halben Stunde war der Saft wieder da. Unsere Heizung pustete, als käme sie frisch von einer Kur für Lungenkranke. Gut eine Stunde später bekam sie einen schweren Rückfall. Kein Strom. Mit ihrem letzten Atemzug kletterten wir wieder aus unseren Betten. Ignatius war schon da. Er schüttelte den Kopf und zischte leise etwas auf Spanisch, das sich anhörte, als hätte er gerade festgestellt, dass sein Stellplatz im neusten spanischen Campingführer vergessen wurde. Ich sparte mir „Hay un problema?“ – die einzige Frage, deren ich in der Landessprache fähig bin. Wobei: Alles, was mit Problemen zu tun hat, auch im weitesten Sinne, geht mir mittlerweile auf Spanisch ganz flüssig von den Lippen. Das liegt vielleicht auch daran, dass Ignatius und ich uns in den nächsten Stunden noch öfter, sagen wir fast regelmäßig trafen. Nicht, dass wir Freunde wurden, aber ich würde sagen, wir kennen uns. Vom Sehen. Und ich fürchte, jedem von uns beiden ist es lieber, wenn er den anderen nicht sehen muss. Um kurz vor 4 Uhr war es dann soweit. Mein spanischer Bekannter – es ist bis heute der einzige! – hatte den Fehler gefunden. Ich wusste das deshalb, weil er mit einem entschiedenen „OK“ in seinen Lieferwagen stieg und davon tuckerte. Dieses OK war ein richtiges OK, so eines, das jeden Zweifel wegfegt und nur Gewissheit übrig lässt. OK. Die Heizung läuft bis jetzt. Wir haben sie den ganzen Tag nicht abgeschaltet. Sich mal so richtig durchzupusten, das kann einer Heizung nicht schaden, dachten wir.
Während der Strom lief und unsere Heizung blies, machten wir uns am Nachmittag auf zu unserem ersten Besuch am Meer. Wir gondelten übers Land, über Torroella del Montgri in das kleine L’Estarit mit seinem schmucken Häfchen. Nach einem kurzen Rundgang durch die Reihen der Boote ließen wir uns in einem kleinen Bistro nieder, im La Cerveseria. Kaffee, Kuchen und die obligatorischen Pommes für mich, Tee und ein Thunfisch-Sandwich für meinen Schatz. Die Sonne schien, das Meer plätscherte leise an die Kaimauern, alles wunderbar. Bis ich das Schild sah: Bier Floats – Beer + Ice Cream. Bier und Eis? Ich hatte ja schon viele Schandtaten im Zusammenhang mit unserem Gerstensaft erleben müssen, aber das war das Sahnehäubchen. Ich fragte die Bedienung, ob das denn jemand trinken würde. Sie lachte und meinte, sie hätten hier viele Holländer zu Gast. Alles klar.