Eine Nacht in der Sauna

#19 Aguadulce

Erholung ist angesagt. Wir spüren erst heute, wie anstrengend die drei Tage in Ronda und Sevilla waren, alleine die 800 Kilometer, davon 400 über Landstraßen mit unendlichem Kreisverkehr. Die vielen überwältigenden Eindrücke von der atemraubenden Landschaft und den tief beeindruckenden Städten mit ihren monumentalen Bauwerken wirkten dabei wie ein Aufputschmittel.

Aber wo viel Sonnenschein, ist bekanntlich der Schatten nicht weit. In unserem Fall wurde es meist nachts ziemlich schattig. Ja, richtig, unsere Heizung machte Probleme, aber diesmal lag es nicht an der Batterie oder am fehlenden Gas …

Es wird jetzt ein bisschen technisch: Unser Wohnmobil ist 15 Jahre alt, also nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik, aber auch noch kein Oldtimer. Unsere Heizung hat fünf Stufen, über die man mit einem Einstellrädchen die Wärme regulieren kann. Können sollte - nach meiner Erfahrung läuft sie, oder sie läuft nicht. Wenn wir von unseren Ausflügen abends so gegen 18 Uhr in unser Wohnmobil zurückkommen, ist die Heizung aus, weil der Innenraum durch die Sonneneinstrahlung ohnehin gut aufgewärmt ist. Die tiefste Temperatur wird in Sevilla gegen 6 Uhr morgens erreicht, da hat es dann etwa 8 Grad.

Jetzt könnte man denken, einfach den Wecker stellen, um 6 Uhr die Heizung anwerfen und zurück ins Bettchen. Jetzt ist es aber so, dass die gute Truma - so heißt das Ding - ungefähr eine gute halbe Stunde braucht, bis sie in die Gänge kommt. Dann wirft sie ihr Gebläse an - das klingt ungefähr so, als würde neben deinem Bett ein Rettungshubschrauber landen - und verteilt über mehrere Düsen ihre warme Luft. Bis es dann richtig warm ist, dauert es nochmal 20 Minuten.

Also den Wecker auf 5 Uhr stellen - dachte ich auch. Wir schlafen in unserem Wohnmobil in einem Hochbett, das genau 1,10 Meter höher liegt als der Boden, auf dem die Hunde schlafen. Nun steigt warme Luft bekanntlich nach oben, mit der Folge, dass es am Boden kälter ist als einen Meter darüber. Heißt in unserem Fall: Bei den Hunden ist die Luft schneller kalt als bei uns im Bett. Das ruft meine Icke auf den Plan: Wenn es bei uns um 5 Uhr gefühlt kalt wird, ist es bei den Hunden vielleicht schon viel früher kühl, wahrscheinlich frieren sie, und ganz sicher werden sie dann krank. Also Wecker auf 4 Uhr stellen? Geht gar nicht, sagt Icke. Mindestens auf 3 Uhr. Widerrede aussichtslos.

Unser Wohnmobil ist für Menschen konzipiert. Und die Konstrukteure sind davon ausgegangen, dass diese Menschen in dem Hochbett schlafen und nicht am Boden. Darum haben sie den Luftstrom der Heizung so angelegt, dass es im Bettbereich am schnellsten warm wird. Wir schmeißen also um 3 Uhr die Heizung an, die wird langsam warm, schnell wärmer und irgendwann ganz warm. Nach 50 Minuten liege ich im Bett, habe die Bettdecke ins entfernteste Eck gestrampelt, alles ausgezogen, was es auszuziehen gibt und schwitze vor mich hin. „Icke, lass uns bitte die Heizung wieder ausschalten“, flehe ich gegen das Gebläse an. Icke läßt ihr rechtes Bein aus dem Bett fallen. Bei ihrer Beinlänge pendelt ihr Fuß jetzt so bei 90 Zentimeter. „Nein, noch viel zu kalt“, ruft sie. „Du weißt doch, wie schnell die Kleinen frieren.“

Die „Kleinen“ liegen mittlerweile ganz vorne ausgestreckt im Fußraum, weil es dort am kühlsten ist, jeder in der Nähe eines Wassernapfs. Während ich mir überlege, ob ich vielleicht mit den drei Nervtötern tauschen sollte, probt Icke mit dem Rettungshubschrauber nebenan im Kanon. Das Gebläse bläst, Icke schnaubt und pfeift und die Hunde schnarchen dreistimmig im Chor vor sich hin, während ich lautlos dahinschmelze.

Mittlerweile ist es 6 Uhr geworden. Ich schleiche mich leise aus dem Bett und stelle die Heizung ab. Bis wir um 10 Uhr nach Hause aufbrechen, wird unser Wohnmobil ausgeglüht haben - und ich hoffentlich auch.