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Das Glas ist definitiv halbvoll

Veröffentlicht: 02.03.2023

Wie ihr seht gehen mir die kreativen Wortspiele langsam aus. Ich kann es kaum glauben, aber 50% (sogar mehr) meines FSJs sind rum. Julia vor 6 Monaten wäre definitiv stolz auf mich. Ich bin ziemlich naiv in dieses Jahr hier reingestartet und wurde deswegen auch einige Male negativ überrascht. Aber wie sagt man so schön: aufstehen, Krone richten, weitermachen.


Ich war letzte Woche in Málaga auf dem Midterm Seminar. Wir waren etwa 60 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus unterschiedlichsten EU Ländern. Tatsächlich habe ich vorher gedacht, dass das Seminar mir persönlich nicht soviel bringen würde. Da das Welcome Seminar ziemlich langweilig war (siehe Ibiza Beitrag ;)), hatte ich dementsprechend auch niedrige Erwartungen. Was mich vor allen Dingen gefreut hat, war das ich mit einer Freundin und meinem Mitbewohner verreisen konnte. Mal was anderes als Premia de Mar und meinen Arbeitsplatz sehen. Von Málaga selber haben wir aber leider garnichts gesehen, da wir etwa eine Stunde außerhalb Málagas in Mollina gelebt haben und den ganzen Tag (09:30-20:00 Uhr) in einem aggressiv blau gestrichenen Raum verbracht haben. Wie um mich zu verhöhnen hat mir der TikTok Algorithmus die ganze Zeit ästhetische Videos von Málaga angezeigt. Das einzige, was ich außerhalb der Jugendherberge gesehen habe war eine Bar die „la discoteca“ hieß. Der Name war hier eindeutig nicht Programm. Trotzdem wurde ich echt positiv überrascht vom Seminar. Ich habe gemerkt, wieviel offener ich durch meine Zeit hier geworden bin. Ich bin zwar immer noch eher introvertiert, aber mir fällt es viel leichter auf Menschen zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Es tat total gut mit sovielen Freiwilligen ins Gespräch zu kommen, denn alle hatten unterschiedliche Erfahrungen und Projekte. Ich konnte auch wieder fleißig mein Spanisch üben. Jetzt weiß ich, dass tía/tío das gleiche wie Bro oder Bruder bei uns heißt. Ein spanischer dude hat mich die ganze Zeit tía genannt, was auf Spanisch auch Tante heißen kann. Deswegen war ich anfangs verwirrt und er fand es sehr lustig, dass ich nicht wusste was es hieß. In einer Gruppenarbeit haben wir uns damit auseinandergesetzt, wie wir uns innerhalb der letzen Monate durch unser Projekt verändert haben. Ich habe das erste Mal mehr reflektiert und hab viele positive Veränderungen festgestellt. Ich habe mega viel erlebt, positives wie negatives und ich habe mir das selbst teilweise garnicht anerkannt. Klar haben mir Freunde und Familie in schwierigen Phasen immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden, aber die Herausforderungen musste ich immer noch komplett alleine meistern. Dabei habe ich auch mal weniger schlaue Entscheidungen getroffen aber ich bin daran gewachsen und lerne dazu. In Spanien habe ich das Gefühl, endlich mal loszulassen und voll ich selbst zu sein. Ich bin stolz auf das was ich geschafft habe und wer ich bin und freue mich auf alles, was noch kommt.


Ich bin momentan auch sehr happy mit der Arbeit. Ich hab das Gefühl jetzt voll eingearbeitet zu sein. Die Arbeitstage vergehen immer relativ schnell, weil ich echt viel zu tun habe. Die Kinder sind sehr süß und deutlich offener mir gegenüber als am Anfang. Manchmal können sie aber kleine Teufel sein und mich in den Wahnsinn treiben. Dann frage ich mich immer, ob ich als Zweitklässler genauso drauf war und genauso schlechte Tischmanieren hatte. Man kann ihnen eine Sache 20x verbieten, dann hören sie vielleicht wenn man Glück hat irgendwann auf einen und wenn man kurz wegschaut machen sie trotzdem weiter. Viele denken, ich könnte nicht sauer auf andere werden. Dann hättet ihr mich heute mal sehen sollen, mir ist echt ein bisschen der Kragen geplatzt und ich habe meine erste richtige Ansage gemacht, das hat sogar einigermaßen geholfen.
Ich verstehe mich sehr gut mit zwei Arbeitskolleginnen von mir. Mit einer will ich bald mal Kaffee trinken gehen. Sie kommt aus Bolivien und ist die Englischlehrerin der Schule. Deswegen reden wir auf Englisch miteinander. Die andere ist auch mega lieb und herzlich. Sie umarmt mich immer wenn wir uns sehen und motiviert mich durch ihre positive energievolle Art. Sie gibt mir Tipps, was ich machen soll wenn Kinder respektlos sind und unterstützt mich darin mich mehr durchzusetzen. Ich kann mich trotz Sprachschwierigkeiten sehr gut mit ihr unterhalten. Neben ihr fühle ich mich allerdings wie eine Giraffe. Mit 170 cm bin ich in Deutschland zwar durchschnittlich groß, aber hier in Spanien sticht man als Frau mit der Größe heraus. Sie ist wahrscheinlich nur so 160 cm groß.
In der Pause bin ich immer draußen mit den Kindern. Fast jede Pause spiele ich fangen mit ihnen, was auf Dauer echt ganz schön anstrengend ist, erst recht wenn 10 Kinder von dir gleichzeitig gefangen werden wollen. Ich schiebe sie aber auch manchmal mit der Schubkarre durch die Gegend oder trage sie Huckepack. Als Belohnung kriege ich dann selbstgebackenen Sandkuchen oder ich kaufe Churros, die leider nur Stöcke sind. Gerade finde ich es toll mehr Zeit mit den Erstklässlern zu verbringen. Sie freuen sich über die kleinsten Dinge. Ich hatte einmal einen Actimel mit Pikachu drauf, das fanden sie ganz toll und haben die ganze Zeit „Pika Pika“ gesagt. In der Frühstückspause ist auch letztens einer von ihnen zu mir gekommen und hat mir ins Ohr geflüstert, dass jemand gepupst hat und das er stark seinen Kumpel im Verdacht hat. Ich habe so einen Lachflash bekommen. Brotbacken mit ihnen ist auch immer ein Ereignis, jeder kriegt ein kleines Stück Teig und daraus wird zum Schluss ein großer Brotlaib. Mit den Zweitklässlern stricke ich immer. Mein Ego wird gepushed, wenn Kinder unbedingt neben mir sitzen wollen. Vor ein paar Wochen hat mir ein Mädchen einfach so ein mega schön gemaltes Bild geschenkt. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Generell so kleine Gesten und Geschenke von den Kinder machen meinen Tag einfach 100 mal besser. Ich hab dann ein Lächeln auf dem Gesicht und ein gutes Gefühl, das den Tag über anhält.


Freizeittechnisch kann ich mich auch nicht beschweren, ich entdecke Barcelona und es gibt vieles was ich sehen will. Ich mag es neue Bars und Restaurants auszuprobieren. Ich kann die Bar Manchester sehr empfehlen, falls ihr mal hier zu Besuch seid. Ich war am Wochenende indisch essen, das war auch sehr lecker. Mustafas Gemüsekebab wurde von mir auch schon ausgecheckt. Ich habe auf deutsch zu meiner Freundin gesagt, dass ich 7€ für einen Döner echt teuer finde weil er bei uns in Premia de Mar nur 3,5€ kostet. Womit ich nicht gerechnet hatte war, dass der Dönermann auch deutsch konnte. Wir haben dann beide einfach nur 5€ pro Döner bezahlt. Das fand ich echt ziemlich nett und witzig. Nächstes Wochenende wollen wir auf einen Flohmarkt („El Palo“) der immer nur am ersten Wochenende im Monat geöffnet ist, Sonntags gehen wir brunchen und ins Museum. Zuhause in Premia de Mar habe ich auch eine gute Zeit. Ich koche mit meiner Mitbewohner, lese viel, wir schauen Filme und viben zur Musik. Seit Wochen habe ich ein Ohrwurm von Quedate ( es tut mir leid an alle, die hören müssen wie ich dieses Lied jeden Tag singe) und jedes Mal, wenn das Lied im Club kommt bin ich total euphorisch und gehe total ab. Ich bin immer noch genauso verliebt im Barcelona wie an Tag 1. Ich liebe die Stadt mit ihren wunderschönen kleinen Gassen und die Architektur. Soviel Wärme und Freiheit habe ich noch in keiner Stadt gefühlt das gute Wetter, die Menschen die zu jeder Uhrzeit draußen sitzen und der vibe tragen ihr Übriges dazu bei. Auch wenn ich natürlich mal mein zuhause und gerade meine Familie und Freunde vermisse fühle ich mich jetzt endlich auch hier zuhause. Ich hab mich voll eingelebt. Ich bin dankbar für das was passiert ist, egal ob es gut oder schlecht war. In beiden Fällen hat es mir geholfen und das positive überwiegt ganz klar. Deswegen freue ich mich jetzt auf die zweite Hälfte. Egal was passiert, ich kann sagen das Glas ist definitiv halbvoll.

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