Veröffentlicht: 09.09.2019
Am 7.9. starteten wir die Yurten-Tour um 9h von Bukhara aus. Der Fahrer, der auch einen etwas abgemagerten Johann König hervorragend hätte imitieren können, war pünktlich, äußerst hilfsbereit und aufmerksam, hatte hinreichende Englischkenntnisse und überzeugte mit sehr guten Fahreigenschaften (die Straßenqualität war mindestens zwei Klassen besser als die bei der Moynak-Tour). Der Bus hätte etwas größer sein können, bot jedoch genau ausreichend Platz für 11 Personen mit Gepäck. Auf der Hinfahrt war ein Stopp in der Oasen-Stadt Nurota vorhergesehen. Zunächst wurden wir jedoch kurzzeitig durch eine Beerdigungsprozession aufgehalten, hiernach folgte eine kurze Besichtigung eines alten Wasserreservoirs. In Nurota schauten wir uns die Nutara-Moschee an, bei der sich eine Wasserquelle mit heiligen Fischen befand. Außerdem bestiegen wir die Überreste der Festung, die von Alexander dem Großen erbaut und als Vorbereitungsort für den Angriff auf Samarkand genutzt wurde. Wenn die Anzahl der Touristen allerdings weiter steigen sollte und diese auf die gleiche Art dort herumtrampeln, wird die Festung sicherlich keine weiteren zweitausend Jahre halten... Für einen kurzen Moment erinnerte uns der Mini-Aufstieg an die Tour-du-Mont-Blanc. Cool, ein bißchen Action! Am "Gipfel" angekommen, erwartete uns eine tolle Aussicht über die Wüste Kyzylkum, eine Mini-Souvenirverkaufsstelle und ein älterer Herr mit Familie, der uns fragte, woher wir kämen. Diese Frage hörten wir mindestens einmal pro Tag. Als wir "Germania" sagten, fing er und eines seiner Familienmitglieder an, über berühmte Deutsche zu sinnieren... "Bastian Schweinsteiger"..."Müller"... nach einer kurzen Pause: "Erich Honecker". Stolz über das hervorgebrachte Wissen schaute er uns mit leicht fragendem Blick an, ob wir all diese Berühmtheiten auch kannten. Wir nickten leicht amüsiert. Danach verlautete er noch "Angela Merkel". Welch eine Reihe von deutschen berühmten Personen! AM stand übrigens auch bei anderen usbekischen Leuten hoch im Kurs. Danach gab es noch Gruppenfotos mit ihm und seinen Familienmitgliedern. Wir werden bestimmt einige usbekische Familien-Fotobücher schmücken...
Mittagessen gab es für uns in einem gemütlichen Hinterhof in Nurota, wo ein "Tripadvisor 9,1"-Aufkleber eine Wand zierte. Wir waren also in guten kulinarischen Händen! Abgesehen von den Salat-Vorspeisen wurde uns abends in dem Yurten-Camp praktisch das gleiche Essen serviert (es gab eine Suppe und grob geschnittene Kartoffeln mit zwei Karottenstückchen und Fleisch). Es war bodenständig. Vegetarier konnten sich eine Suppe ohne Fleischstückchen und mehr Salat bestellen. Kulinarische Besonderheiten hatten wir nicht erwartet und waren deshalb über die Qualität und Menge des Essens positiv überrascht. Zum Nachtisch gab es leckere Wassermelone, wie so oft in Usbekistan.
Nachdem wir im Camp ankamen, bezogen wir unsere Yurten, die vier bzw. fünf Betten enthielten, und ließen uns auf den Kamelen etwas durch die Wüste führen. Die Kamele hatten im Gegensatz zu den Kamelen in der Wüste Gobi einen Holzstab durch die Nase, woran ein Seil zur Führung angebracht war. Das scheint wohl teilweise zur besseren Führung üblich zu sein, tierfreundlich ist es sicherlich nicht! Hinzu kam, dass es bei einem der Kamele entzündet war und dort viele Fliegen saßen :( Nächstes Mal werden wir in solch einem Fall auf das Kamelreiten verzichten. Zwei Kamele hinter der Haupt-Yurten-Hütte waren von dem Nasenpflock verschont geblieben. Den beiden hatten wir uns später angenähert, Janina's Annäherungsversuche wurden fotografisch festgehalten :)
Nach dem Abendessen spielte jemand mit seiner "Usbekulele" am Lagerfeuer - wahrscheinlich - usbekische Volkslieder. Lagerfeuerromantik! Ein Junge legte stets Holz nach und wir wärmten uns am lodernden Feuer. Nach einer halben Stunde hörte die schöne Show auf und der Junge ging mit dem Klingelbeutel herum. Die anderen Tourigruppen verzogen sich recht schnell, wir saßen noch bis nach 23 Uhr am Feuer, bis nur noch ein Höflichkeitsholzscheid übrig war. Es war kalt in der Wüste. Die Bettdecken waren mollig warm, aber für Personen mit überschaubarer Haarpracht sollte eine Mütze für die Nacht eingepackt werden, sonst droht Gehirnfrost. Leider konnten wir nur ganz schwach die Milchstraße am Himmel sehen, der Halbmond vermasselte uns ein faszinierendes Sterneschauen. Nächstes Mal in der Wüste Gobi bei Neumond wird es nachgeholt! Ferner sei noch erwähnt, dass die sanitären gemeinschaftlichen Anlagen gutes Campingplatz-Niveau hatten, die Duschen waren jedoch kalt; und (biologisch abbaubare) Feuchttücher schaden dennoch nicht.
Am folgenden Vormittag fuhren wir zum Aydarkul-See (eigentlich Aydar kul oder Aydar See), der von 1969 bis 1970 durch die Notöffnung der Schardara-Talsperre in Kasachstan entstanden war. Heute misst er eine Länge von 180km und eine Breite von 32km und wird vom Fluss Syrdarja gespeist. Der Wasserpegel wird zur Zeit durch Dämme weitgehend kontrolliert. Das Wetter war bewölkt und die Temperaturen lagen im usbekischen (Sommer-)Keller (18 Grad Celsius etwa), so ließen wir unsere Badesachen im Rucksack. Für unsere Füße und Waden waren die Temperaturen des Sees aber in Ordnung, an manchen Stellen sogar angenehm warm. Wir gingen auf Erkundungstour der Tierwelt am Ufer des Aydarkul-Sees! Und wir entdeckten kleine Fischis (Kaulquappen ähnlich), die auch einmal an Janinas Fuß knabberten, größere Fische (10 cm lang) und drei kleine, grüne TicTac-große Käfer mit Füßen und Fresswerkzeugen. Diese bewegten sich relativ zufällig auf dem Sandboden und trotzten hier und da der Strömung. Sehr spannend!
Der Weg vom Yurten-Camp ging nicht zurück nach Bukhara, sondern - wie zuvor mit "responsible travel" vereinbart - nach Samarkand. Auf dem Weg dorthin konnte man bereits Berghänge in der Ferne entdecken. Da sich das Camp an der nordwestlichen Ecke des Aydarkul-Sees befand, dauerte die Fahrt knapp 5 Stunden. Ordentlich! Trotz der durchaus langen Fahrten war das Yurten-Camping mit dem gebotenen Programm eine gelungene Abwechslung mit schönen nicht-türkisen Momenten!