Veröffentlicht: 05.05.2019
Der Tag begann in dem Wissen, dass wir um 12 Uhr unser Zimmer verlassen müssen und bis 21 Uhr nicht betreten dürfen (zu diesem Zeitpunkt ist es übrigens 24:00 Uhr und wir dürfen immer noch nicht hoch). Grund dafür ist eine Parade des neu gekrönten Königs, die direkt an der Straße, an die unser Hotel grenzt, vorbeizieht. Da man nun eventuell aus unserem Fenster dem Monarchen auf den Kopf spucken könnte, sahen die Behörden sich gezwungen, uns für einen Tag in die Lobby auszuquartieren. Als alternative dazu, konnte man die vollgesperrte Innenstatdt (sehr groß) verlassen und sein touristisches Glück außerhalb suchen. Leider ist dann jedoch sehr schwierig, wieder in den abgesperrten Distrikt zu gelangen (Man darf nur mit einer aufegklebten Nummer rein, dafür muss man Personenkontrollen über sich ergehen lassen und eine gute Stunde anstehen - alles sehr streng). Wir entschieden uns für den "Ausflug"-Weg, haben (Spoiler Alert!) aber dann doch 10 Stunden thailändische Sonne unterschätzt. Die wurde heute zum Feind erklärt.
Direkt auf dem Weg zur Brücke sehen wir, wie Menschen in Lastwagen zur Veranstaltung transportiert werden und ich komme nicht drum rum, dass für sehr merkwürdig zu halten.
Wir überquerten also die Brücke zur anderen Ufer-Seite und landeten prompt in einem Versorgungscamp für die vielen Königstreuen Anhänger (übrigens alle in gelb gekleidet - ca 95% der Bevölkerung). Dort gab es Erfrischungsgetränke und heimische Speisen für lau, die man uns sofort und energisch anbot - sehr gastfreundlich. Die Großzügigkeit lehnten wir ab, weil wir die Vorstellung, dass wir zwei Kartoffeln gratis Essen, was eigentlich für die loyalen Einheimischen gedacht ist, abgreifen, irgendwie komisch fanden.
Nach kurzer Verirrung in einem Park machten wir uns auf den Weg Richtung Süden, immer am Fluss entlang.
Wir durchqueren ein ärmliches Wohngebiet, was aus improvisierten Hütten über die kleinen Kanäle gebaut wurde. Sehr charmant, sehr eindrucksvoll.
Wir besuchen die Gasse, in der wir schon mal den leckeren Eistee (Tag 3) getrunken haben und können nicht weiter, ohne erneut zuzugreifen. Essen an einem schattigen Plätzchen gebratene Nudeln mit Hühnchen und Gemüse (9/10 - 1,30€) und genießen dann das erste Mal die authentische Thailändische Marktatmosphäre.
Dann verließen wir den Markt und wagten uns wieder in offenere und heißere Gefilde. Bleiben an einem Stand stehen, der bunte Bällchen verkauft. Es gibt äußerlich keine Anhaltspunkte, wonach sie schmecken könnten, geschweige denn, was sie beinhalten. Also dürfen wir probieren und sind überzeugt. Es sind süße, in Fett gebackene Teigbällchen mit Farbstoff - quasi bunt verkleidete Mutzen (7/10 - 0,60€). Setzen uns mit unseren kleinen Freunden vor ein Garagentor und ignorieren die zahlreichen Angebote der Taxifahrer - "Where you go?" - "Does it look like I'm going somewhere?".
Wir begeben uns wieder auf die Ostseite ("unsere") des Flusses und versuchen uns so nah wie möglich an die Sperrzone heranzumanövrieren - "Dann warten wir einfach bis 21:00 Uhr und gehen dann nur noch 15 Minuten nach Hause"
Werden regelmäßig, beim Versuch an Straßensperren vorbeizuschleichen, von Ordnern auf unsere fehlende Nummer hingewiesen und von diesem mit Nachdruck gebeten umzudrehen.
Kommen an einem Platz vorbei, auf dem ein Public Viewing der Veranstaltung stattfindet. Auch hier gibt es gratis eiskaltes Wasser. Diesmal nehmen wir das Angebot an, füllen unsere Flaschen auf und bleiben ein bisschen, um das Geschen auf der Leinwand mitzuverfolgen - because why not?
Mitlerweile ist es eine schöne Abendstimmung und die Straßen sind relativ leer, weil gefühlt ganz Bangkok und halb Thailand an der Straße der Parade versammelt ist.
An einer Straßensperre sehen wir ein interessanten Imbiss und essen wieder etwas. Diesmal Reis mit frittiertem Schwein und Suppe mit zu viel drin, als es hier aufzuzählen. Beides lecker und günstig (8/10 - 1,50€ jeweils).
Nun gehen wir, um den Abstand zur Sperrzone zu verringern, eine kleine Seitengasse an einem Tempel entlang und finden uns an einem Ort wieder, der auffällig stark mit gelb gekleidete Leute gefüllt ist. "Schon komisch", denke ich und wir gehen weiter Richtung Hostel mit der festen Erwartung, jede Minute durch eine Straßensperre blockiert zu werden. "Sehr komisch" denke ich, als wir direkt an der Straße der Parade und in Mitten von tausenden gelb gekleideten Menschen stehen - wir sind drin! Irgendwie haben wir es ausversehen geschafft, ausgerechnet die eine Straße von 1000 (an JEDER 1 Meter breiten Gasse, stand ein Beamter) zu finden, die die Sicherheitslücke der Veranstaltung darstellt
Meine Paranoia springt an und ich rechne fest damit, jeden Augenblick von einem Polizisten, Soldaten (beide Exemplare in UNMENGEN vorhanden) oder Ordner umgeworfen und abgeführt zu werden.
Nichts passiert. Wir gehen weiter Richtung Hostel, können/dürfen aber nicht die Straße überqueren. Ich halte die beiden Arme verschränkte und trage meine Kameratasche vor der Brust, um meine nicht vorhande Aufklebe-Nummer zu verdecken.
Wir entscheiden uns, uns hinzusetzen und jetzt einfach am größten Ereignis Thailands in den letzten 70 Jahren teilzunehmen (so lange war der letzte König im Amt).
Nach einer Stunde und einigen Poschmerzen (man sitzt auf dem Bürgersteig und wir hatten irgendwie vergessen, Kissen einzupacken.) zieht die opulente Parade vorbei und wir können ein Blick auf den frisch gebackenen, auf einer Sänfte getragenen König werfen. Surreal!
- Alex