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Zu Besuch beim indischen Mittelstand (Tag 34 der Weltreise)

Veröffentlicht: 08.10.2019

08.10.2019


Unglaublich! Wir sind wieder tagaktuell :D

Wie gestern schon erwähnt ist unsere Unterkunft in Süd-Delhi, einem wohlhabenden Teil der Stadt. Das haben wir dann heute für uns erkundet.

Zunächst begann der Tag aber damit, dass wir gegen 7 Uhr wach wurden (voll spät für uns :O Aber es gibt kein richtiges Fenster, sodass wir nicht bei Sonnenaufgang wach werden^^) und da unsere Zimmergenossen noch schliefen oder zumindest wortlos im Bett lagen, schrieb ich Jonas per whatsapp an :D So läuft die Kommunikation in unserer Generation :p Also kurz zur Logistik: Wir haben zwei Hochbetten und Jonas und ich schlafen jeweils oben. Wir können uns zwar sehen aber nicht durch geheime Klopfzeichen aufeinander aufmerksam machen ;-)

Gegen 7:30 Uhr oder so gingen wir dann nach unten auf die Terrasse, dieses Mal mit Anti-Brumm. Ha! Eigentlich wollten wir uns in die „Lobby“ setzen, aber hier schlief noch einer der Hostelmitarbeiter (Deja-vu zu Konya^^). Naja. Wir machten uns dann an die Blogeinträge der letzten beiden Tage und hatten auch schon unser Frühstück bereit (Toast, Nutella, Bananen). Außer uns schien noch keiner im Hostel wach zu sein oder sie blieben einfach in ihren Zimmern. Komisch für uns :D

Nach einer Weile stieß der Südinder von gestern zu uns und wir unterhielten uns ein bisschen. Er erzählte, dass er in China Medizin studiert und im Moment am liebsten Augenarzt werden würde. Er hatte in den Semesterferien die Heimat besucht aber vergessen, das ganze vorher beim chinesischen Konsulat anzumelden. Da er mit einem Studentenvisum in China ist, kann er das Land nämlich nicht willkürlich für Heimbesuche verlassen. Jetzt hat er also das Problem, dass er auf einmal ein neues Visum braucht, weil er gegen sein altes „verstoßen“ hat. Er sitzt also in Delhi fest, weil hier die chinesische Botschaft ist und hat einen Visa Agent, der ihm dabei hilft, wieder ein Visum zu bekommen. Ganz schön kompliziert!

Unsere Zimmergenossen sind ja auch nur hier, weil sie auf ein Visum warten… Das scheint also irgendwie ein Ding zu sein, dass man zum Warten genau in unserem Hostel landet :D

Nach dem Frühstück (ich glaube, die Nutella, die seit einem Jahr abgelaufen ist, ist nicht mehr gut aber Jonas isst sie weiter :p) schauten wir noch ein bisschen Youtube und dann ging es auf in die Shopping Mall :D :D :D

Wer uns kennt, weiß, dass keiner von uns der Shopping Typ ist aber laut Internet gab es in der Mall einen Supermarkt und ich hatte echt Lust auf Joghurt und naja. Auf dem Weg dahin überlegte sich Jonas auch, dass er ja dort zum Frisör gehen könnte. Gesagt, getan :)

Bereits beim Verlassen des Hostels ist das Straßenbild ein ganz Anderes, als wir es bisher aus Indien kennen. Es gibt Gehwege (die sogar echt hübsche, bunte Pflastersteine haben), Mülleimer, Parkplätze und die Straßen sind breit und ohne Löcher. Entlang der Straße gibt es immer wieder Gated Communities, also Wohnsiedlungen, die von einer Schranke mit Security-Mitarbeiter bewacht werden. Drum herum befindet sich dann Stacheldrahtzaun. Man merkt – hier will man sich sicher wissen :O Es fährt auch „Street Crime Police“ Patrouille und auch sonst ist die Polizeipräsenz recht hoch. Ob das wirklich notwendig ist oder ob es ein bisschen auch eine Prestige-Sache ist, können wir nicht beantworten aber es ist schon...anders ;-)

Als die Mall dann in Sichtweite kam, sah man direkt Inder, vor allem aber auch Weiße und Ostasiaten in chicen Klamotten und teuren Autos. Es gibt eine Tiefgarage aber man kann auch wie bei einem Hotel vor dem Haupteingang vorfahren und wird dann dort von einem Mann im Anzug begrüßt. Nicht schlecht ;-)

Beim Betreten der Mall gibt es dann Security, wie am Flughafen. Frauen und Männer gehen hier getrennt durch die Scanner und Frauen werden von einer weiblichen Angestellten überprüft, Männer von einem Mann. Anstatt gelangweilt oder sogar mies gelaunt dreinzuschauen, begrüßten uns die Sicherheitsbeamten lächelnd und hießen uns willkommen.

Es ist fast schon gruselig, wie sehr man hier gewertschätzt wird… Jonas trug Shorts und Flip Flops, ich trug meine Haremshose und ein olles T-Shirt, Haare in einem losen Zopf. Wir waren gekleidet wie Touris, die vielleicht zum Strand gehen, nicht wie die Inder, die hier in ihren besten Outfits herumliefen. Aber traurigerweise war es wohl einfach unsere Hautfarbe. Wir sind weiß und somit sind wir reich bzw. werden so behandelt…

Die Ambience Mall ist eine typische Mall nach amerikanischem Beispiel und hat auch eine Auswahl, wie man sie in Amerika finden würde. GAP, Nike, Adidas, Tommy Hilfiger, Diesel und diverse andere Läden findet man hier zu genüge. Es ist ganz klar, welchem Ideal hier nachgeeifert wird und es wird wohl auch angenommen. Während wir umherliefen, fragten wir uns, wie viele Inder hier tatsächlich einkaufen, also wie viele Einheimische ein Einkommen haben, dass das Shopping hier möglich macht.

Kurz, wir wissen es nicht. Aber es gab schon auffällig viele Nicht-Indisch-Aussehende in der Mall. Vielleicht sind es Business-Leute, die ihre Kinder hier auf internationale Schulen schicken oder es sind Lehrer, Professoren oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Auch weiße Teenager gab es gar nicht so wenige, also sozialpolitisch war die Mall ein interessanter Besuch :)

Nach ein bisschen hin und her entschloss sich Jonas dann dazu, wie geplant zum Frisör zu gehen. Die Kommunikation funktionierte auf Englisch ganz gut und er war auch mit dem Ergebnis zufrieden :) Während ich wartete, bekam ich kostenlos Wasser gereicht und durfte die Ladies beobachten, die sich hier Augenbrauen zupfen, Haare färben und Locken aufdrehen ließen. Dabei waren sie die ganze Zeit am Handy (egal welche Altersklasse!) und beachteten die Frisöre fast keines Blickes. Auf mich wirkte das ganze arrogant aber dann wiederum war ich noch nie in so einem Salon in Deutschland :D Vielleicht ist das normal? Keine Ahnung. Die Kundinnen schienen auf jeden Fall recht anspruchsvoll zu sein^^

Den gesuchten Supermarkt fanden wir übrigens auch, aber er stellte sich als Feinkostladen mit Importen aus aller Welt heraus. Hier finden die Amerikaner, Briten und Europäer die Lebensmittel, die sie von zu Hause kennen. Ob Kiri-Käse, Kölln-Flocken oder die Marmelade von Bonne Maman – hier wird man fündig! Nur in der Obst- und Gemüseabteilung sieht man, dass man nicht zu Hause ist. Es gibt rote Bananen, Drachenfrucht und andere Köstlichkeiten.

Achso, und Ende des Monats ist ja Diwali, das größte indische Fest, das ein bisschen an Weihnachten erinnert. Man verschenkt Geschenke und es werden Lichter angezündet. Man besucht die Familie und verbringt einfach Zeit mit seinen Liebsten. Passend zu dieser Zeit gab es im Supermarkt Geschenkkörbe und oben in der Mall auch eine Station zum Verpacken von Geschenken. Eigentlich ja auch ganz schön, das so zu sehen :) Leider wird Diwali angeblich im Süden nicht so sehr bzw. gar nicht gefeiert, sodass wir das Fest nicht sooo sehr mit erleben können aber das ist okay ;-)

Zum Abschluss kauften wir uns mit viel Mühe und ein paar Schwierigkeiten in der Kommunikation noch jeweils eine Kugel Eis (ist ja fast das gleiche wie der Joghurt, den ich ursprünglich im Supermarkt kaufen wollte :p) und dann ging es auch schon zurück zum Hostel, da wir noch zur Boulderbox wollten.

Die Boulderbox war dann ein bisschen Jonas‘ Diwali ;-) Er freute sich schon seit Tagen oder Wochen darauf, endlich dort bouldern zu gehen und nun war es soweit :) Nicht ganz so überraschend gab es einen Pförtner vorm Gebäude aber wieder durften wir einfach passieren (und fragte uns, ob das genau so gewesen wäre, wenn wir nicht weiß wären?) und drinnen mussten wir uns erst ein Sicherheitsvideo anschauen und dann bei der Registrierung einige Informationen angeben, damit wir überhaupt bouldern durften.

Der Preis lag mit 700 Rupie nur knapp unter dem, was man in deutschen Hallen ebenfalls bezahlen muss – ein Indiz für das Prestige dieser Sportart. Aber somit passte es ja perfekt in dieses Viertel ;-)

Das Publikum in der Boulderbox war gemischt. Es gab Inder (oder zumindest sahen sie für uns so aus) genauso wie Nordamerikaner/Europäer. Ich hörte ein bisschen französisch aber vor allem eben Englisch. Selbst die Inder (oder die wir dafür hielten), sprachen untereinander alle Englisch. Da fragten wir uns auch, ob das Zufall war oder ob es eine Art Elite ausmacht, wenn man sich auf Englisch unterhält. Die paar Kinder, die in der Halle rumliefen, sprachen ebenfalls Englisch, ohne jeglichen indischen Akzent…

Die Halle war sonst echt cool. Sie ist auch eher klein aber anders als in Istanbul sind die Routen klar erkennbar und ich konnte sogar ein paar klettern, die nicht soo schwierig waren :) Außerdem gibt es noch eine Bücherei, einen Warm-up Raum mit Gewichten, Yogamatten und einer Aufwärmwand und joah. Die Ausstattung war schon sehr professionell! Wir waren ca. 2 Stunden dort, obwohl es wie gesagt gar nicht so groß war und es hat echt Spaß gemacht :)

Ein bisschen hat man noch die Nachwirkungen der letzten Woche gemerkt (oder ich zumindest^^), da man echt schnell k.o. war. Jonas war aber eigentlich ganz gut drauf, vielleicht auch wegen der Freude darüber, dass wir überhaupt da waren? ;-)

Am Ende der Session stellten wir uns spaßeshalber auf eine Waage und als Jonas feststellte, dass er sieben Kilo abgenommen hat, kauften wir uns danach erst einmal zwei Packungen Chips. Die Schoko-Kekse reichen wohl nicht :D :D Abends gab es dann gerade hier im Hostel für mich Sandwich und Pommes und für Jonas Reis mit Hähnchen.

Jetzt heißt es nur noch chillen und planen, wo wir noch mehr Essen herbekommen :p :D

Heute Morgen hatten wir schon einmal geschaut, was uns Sightseeing-technisch in Delhi interessiert. So wie es aussieht, werden wir morgen eine 3-Tage Metro-Karte kaufen und dann nach Old Delhi fahren und dort die „großen“ Sachen wie Red Fort oder India Gate angucken :)

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