Veröffentlicht: 10.09.2019
06.09.2019
Dies wird ein wahrer Essensblog hier :D Aber naja, unser erstes Frühstück in der Türkei sah wie folgt aus:
Brot, Butter, Feigenmarmelade (selbstgemacht), Oliven, Tomaten, Schafskäse und für jeden ein Frühstücksei. Meine am Vorabend entdeckte Vorliebe für Feigen konnte ich also weiter voll ausleben^^
Nach dem Frühstück ging es dann ins 35km entfernte Karkamis, eine Stadt direkt an der syrischen Grenze. Dort gibt es eine archäologische Stätte, an der seit einigen Jahren ausgegraben wird, die wir uns anschauen wollten. Laut Mehmet war das kein Problem, sicherheitstechnisch, aber natürlich begleitete er uns allein schon zum Übersetzen.
Auf der Fahrt nach Karkamis gab es rechts uns links der Straße unendliche Weiten von Pistazienplantagen :O Erstaunlich, wie grün es hier trotz der extremen Hitze ist, aber natürlich gibt es ein gutes Bewässerungssystem :) Wir fuhren außerdem an einem neu gebauten großen Gefängnis vorbei, das interessanterweise einen Kinderspielplatz und Wohnungen beinhaltete (???), und auch an einem neuen Militärstützpunkt. Zu absolut keinem Zeitpunkt hatte man aber das Gefühl, so nah an der syrischen Grenze zu sein, dass es sich gefährlich angefühlt hätte…
In Karkamis angekommen hatten wir zunächst einen Termin beim Bürgermeister, um uns als Besucher „anzumelden“. Beim Wenden des Autos, direkt 100m vom Rathaus entfernt, erhaschten wir einen Blick auf den dortigen Grenzübergang. Dort war es komplett leer aber als wir später zurückfuhren, war dort einen lange Schlange an LKW. Zivilisten dürfen die Grenze nicht überqueren aber Geschäftsleute schon. Natürlich gibt es aber anscheinend recht langwierige Kontrollen.
Der Termin beim Bürgermeister war super speziell. Die Tatsache, dass wir uns überhaupt anmelden mussten, als Touristen, klang schon merkwürdig aber es wurde noch interessanter, als wir ankamen. Das Gebäude/Rathaus ist mega chic mit glänzenden Steinfliesen und diversen Verzierungen und gleicht eher einem 5-Sterne-Hotel in Side, in dem ich schon einmal war, als einem Rathaus in einer Stadt mit weniger als 10.000 Einwohnern :D
Zur Begrüßung ging es in die erste Etage zum „Sekretär“. Dort befanden sich 5 Männer, die uns freundlich aber recht formell begrüßten. Mir fiel dabei auf, dass sie mir nicht die Hand gaben und ich fragte mich, ob es daran liegt, dass sie das nicht dürfen. Ich hatte einmal auf einem Taekwondoturnier eine ähnliche Situation. Bei der Siegerehrung eines iranischen Sportlers, gab er allen Kampfrichtern die Hand nur mir nicht. Sein Trainer/Übersetzer erklärte mir dann, dass sein Glaube es ihm nicht erlaubt, eine Frau, die kein Kopftuch trägt, zu berühren – selbst wenn es nur ein Händeschütteln ist.
Der Sekretär selbst, ein kleiner, kräftiger Typ mit perfekt gegelten Haaren und einer goldenen Armbanduhr, die er offensichtlich gerne präsentierte, gab mir allerdings die Hand wie den drei Männern auch, also keine Ahnung. Vielleicht hatte ich die Situation falsch gelesen ;-)
Die Tür zum Büro des Bürgermeisters war mit einem Schallschutz versehen, der aus blauem Stoff bestand, den man z.B. in alten Sesseln findet. Nachdem der Sekretär uns angekündigt hatte, wurden wir wie Staatsgäste in das Büro des Bürgermeisters gebeten und ich fühlte mich kurz wie in einer anderen Welt.
Das Büro ähnelte dem eines hohen Regierungsbeamten und erinnerte mich an das amerikanische Oval Office. Die Wände waren geziert von Plakaten mit Zitaten von Atatürk und es wurden diverse Gastgeschenke aus China, Amerika u.ä. präsentiert. Der Schreibtisch des Bürgermeisters befand sich auf einer einstufigen Empore und war aus edlem, scheinenden Holz. Die Besucher konnten eine Stufe tiefer in Ledersesseln Platz nehmen und ein Mitarbeiter servierte uns Chai und Wasser. Wie gesagt, man kam sich vor wie bei einem Staatsempfang :O (Nicht dass ich damit Erfahrung hätte aber so stelle ich es mir zumindest vor :D ).
Mehmet erklärte unser Anliegen (das Besuchen der Ausgrabungsstätte) und der Bürgermeister tätigte ein paar Telefonate, um uns dies zu ermöglichen. Das Gebiet ist nämlich vom türkischen Militär abgezäunt und beschützt, da es nur der Euphrat von Syrien trennt. Wir bekamen also einen Guide organisiert, der das ganze mit uns begehen sollte. Während wir noch auf irgendetwas warteten oder einfach nur Zeit bekamen, um den super heißen Tee zu trinken, stellte der Bürgermeister dann noch ein paar recht unangenehme politische Fragen. So baute Deutschland die Eisenbahn, die durch Karkamis bis nach Syrien führt und kümmerte sich dann aber nicht um die Kosten der Instandsetzung. Allgemein war eine leichte Abneigung gegenüber Deutschland zu spüren, als der Bürgermeister seine Fragen stellte. Er lächelte auch nie. Nach ca. 15min war das Ganze bereits beendet, aber es war auf jeden Fall sehr speziell! :D
Nach dem Termin begleitete uns dann einer der Mitarbeiter zu der Ausgrabungsstätte. Uns wurde eindringlich untersagt, Fotos zu machen, was auch verständlich ist, wenn auch ein bisschen schade. Beim Passieren des Militärpostens am Eingang zur Stätte wurde salutiert, nachdem unser Guide mithilfe von Warnblinklicht dem voll bewaffneten Soldaten zu erkennen gab, das wir angemeldet sind oder so, und wir parkten das Auto irgendwo am Straßenrand der staubigen Straße, vorbei an kleinen mit Sandsäcken arrangierten Schießposten, die auf Karkamis zielen… Merkwürdig aber naja.
Das Areal der Ausgrabungsstätte ist riesig! Bei fast 40°C und keinerlei Schatten eine kleine Herausforderung, aber nur für mich :D Die Männer schienen ziemlich unbeeindruckt, auch wenn sie schon über 70 sind (und Jonas ist ja eh immer dabei, wenn es um hohe Temperaturen geht^^). Wie dem auch sei, bei der ersten Stätte begegneten wir vier weiteren Touristen plus Guide. Eine von den Damen ist selber Archäologin oder Historikern oder ähnliches und hatte die Stätte bereits vorab besucht und darüber geschrieben. Für 1-2 Monate im Jahr wird dort ausgegraben und es sind mittlerweile gerade einmal ca. 10% fertig entdeckt :O Leider hatten wir einen recht ungünstigen Zeitpunkt für den Besuch gewählt, da die Archäologen vor Ort seit Montag alles mit blauer Folie und Steinen abdecken, um es bis zum nächsten Jahr vor der Sonne zu schützen -.-
Einen Stein z.B. zeigten sie uns aber trotzdem, in dem in nicht-ägyptischen Hieroglyphen eine Inschrift zu erkennen war. Auf dem Areal gibt es eine Mischung aus römischen (eine römische Villa z.B.), griechischen (eine Akropolis) und „anderen“ Einflüssen, was die Ausgrabung auch für die Profis so interessant macht. Das ehemalige Mesopotamien bzw. die Ausläger davon sind nun einmal sehr sehr alt und bieten viele Informationen.
Immer wieder konnten wir auch Syrien sehen oder zumindest die hohe Mauer, die diese von der türkischen Seite trennt, wo der Euphrat nicht die Grenze ist. Bei einem Zwischenstopp im Schatten (zu meiner Erleichterung^^) stellten wir mithilfe von Mehmet den Guides ein paar Fragen zu dieser Situation. Einer erzählte, dass sein Großvater „drüben in Syrien“ 10 Hektar Land hat, die er aber nun niemandem vererben kann, da der Rest der Familie in der Türkei lebt. Generell wurden durch die Grenzen Familien räumlich getrennt, ähnlich wie damals durch die Mauer in der DDR. Die Türken haben laut Aussage der Guides eigentlich keine Probleme mit den Syrern und umgekehrt. Es gibt ja Tausende syrische Flüchtlinge in dieser Gegend. Allerdings hätten sich wohl direkt hinter der Grenze nun vor allem auch Terroristen stationiert, die man dann durch die Mauer und die Schließung der Grenze fernhalten möchte…Oben auf einem Hügel konnten wir sogar einen Stützpunkt der PKK sehen und stellten fest, dass es ein ganz schönes „Durcheinander“ ist. Eine Unterscheidung zwischen gut und böse wäre viel zu simpel. Die Situation vor Ort ist aber deutlich komplexer.
Nach dem Besuch der Stätte zeigte uns unser Guide noch einen echt coolen Spot am Euphrat, an dem wir für ein bisschen verweilen konnten. Der Zugang war eine schmale einspurige Brücke, maximal 30cm über dem Wasser,die als Staudamm funktioniert (wobei das Wasser von oben einfach durch Rohre durchfließt die ganze Zeit. Ein echter Stausee ist aber in Bau). Dahinter befinden sich ein paar Bäume, ein kleiner Brunnen mit Pumpe und eine „Grillstelle“. Dort konnte wir uns also erfrischen und ein bisschen die Natur „bewundern“.
Erfrischt und ein bisschen müde (ich zumindest :p ) ging es dann zurück nach Nizip, wo wir, wer kann es erraten, mit frischer Wassermelone, Weintrauben und Feigen begrüßt wurden :) Danach gab es noch einen Kaffee für alle (auch für Jonas und mich :O Mit genug Milch und Zucker ging es dann auch^^) und dazu super leckere Kekse, einmal eine Art Biscuit, auf die Jonas nun total abfährt und so Kringel aus Teig und Kümmel, die ich sofort ins Herz schloss
Nun sind Mehmet und Jonas Papa in Mehmets Garten, wo die Bäumen bespritzt werden, um die Käfer zu töten und wir schauen mit Fatma mehr oder weniger Fernsehen. Also eins kann man jetzt schon sagen, man wird super schnell in die Familie integriert. Klar, man „darf“ nicht helfen und lässt sich bedienen, auch wenn man Hilfe anbietet aber es ist vollkommen normal einfach beim Fernsehen oder Beten von Mehmet daneben zu sitzen, was irgendwie auch echt cool ist :)