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Reykjavik, Regen und Rhabarber

Veröffentlicht: 02.09.2021

Samstag, 21.08.2021

Mittags brechen wir wieder auf und fahren zum Glymur Wasserfall, wo wir spontan und ohne uns groß zu informieren eine Wanderung starten. Zu Beginn ist es noch trocken, aber nach einer halben Stunde fängt es wieder zu regnen an. Der Weg ist teilweise recht steil, aber der Blick von oben auf den Wasserfall, der tief in eine Schlucht fällt, ist lohnenswert. Irgendwo auf den Schildern unten stand, dass man für den Rundweg oberhalb des Wasserfalls über denselben Fluss drüber muss und entsprechende Schuhe mitbringen soll, das haben wir aber erstmal ignoriert. Oben angekommen liegt ein ca. 15 Meter breites Flussbett vor uns, mit Wassertiefen von bis zu 40cm. Wir beobachten Mit-Wanderer, die sich Wasserschuhe anziehen und mit den Wanderschuhen in der Hand durch den fast knietiefen Fluss waten. Es regnet stärker. Aber weil wir schonmal da sind, gibt’s jetzt auch kein Umdrehen mehr. Also - Schuhe aus, Socken aus und los. Und bloß nicht ausrutschen. Es ist eiskalt und ganz schön pieksig, aber wir schaffen es und sind mächtig stolz, als es auf der anderen Seite wieder bergab geht.

Abends suchen wir uns einen abgelegenen Schlafplatz und machen in einer Regenpause ein ganz besonderes Essen: Pfannenpizza. Abgeschaut von Instragram-Influencern bin ich anfangs skeptisch, aber die Lust auf (bezahlbare) Pizza ist so groß, das wird jetzt ausprobiert. Und das Ergebnis ist fantastisch! Der (fertige) Pizzateig wird auf Pfannengröße ausgerollt und von einer Seite vorgegart, dann gewendet, wie üblich belegt und mit Deckel drauf fertig gegart. Der Boden ist wunderbar knusprig und der Belag ausreichend gebacken durch den Deckel. Himmlisch!

Sonntag, 22.08.2021

Im Morgenlicht fällt uns auf, dass unser Bus schon auf etwas weicherem Boden steht und bei der Abfahrt bleiben wir beinahe im Matsch stecken. Ganz knapp war’s.

Bei mäßigem Wetter fahren wir weiter bis nach Reykjavik und stellen uns auf den örtlichen Campingplatz. Abends gehen wir eine große Runde durch Reykjavik spazieren und machen uns ein Bild von der Stadt. Es gibt hauptsächlich Geschäfte und Kneipen, zweitere sind sehr voll mit Locals und Touristen. Uns ist das zu teuer und in unseren etwas muffigen Wanderklamotten fühlen wir uns auch nicht adäquat angezogen für solche Lokalitäten.

Abends arbeite ich ein bisschen in der Hostellobby, da das WLAN entgegen der Info auf der Webseite nicht bis zu unserem Platz reicht. Der Campingplatz ist einer der hässlichsten bisher, wir stehen zwischen Metallabgrenzungen auf einem großen Schotterfeld.

Montag, 23.08.2021

Bis zum Nachmittag arbeiten wir am Campingplatz weiter, danach gehe ich mir eine neue SIM Karte kaufen. Eigentlich wollte ich einfach die bisherige wieder mit Daten aufladen, aber die Zahlungsseite nimmt keine unserer Kreditkarten. Auch der Berater im Vodafone Laden kann die Karte nicht mehr aufladen, also kaufe ich einfach ein neues Starter Kit - bestehend aus einer SIM Karte mit 10GB Datenvolumen inklusive. Erstaunlicherweise ist das Starter Kit nur ca. halb so teuer wie die Aufladung von 10GB Daten auf eine bestehende Karte.

Kurz vor Ladenschluss laufen wir nochmal in die Stadt und kaufen uns jeweils einen echten, von Isländern in Island mit isländischer Wolle handgestrickten Island-Pullover. Eine schöne, aber teure Investition, die uns hoffentlich immer schön warm hält von nun an.

Der nächste Schlafplatz ist ein Campingplatz gegen Spende, nur die Dusche kostet extra. Es regnet ganz fies, überall sind Pfützen im Gras. Auf dem Weg zum Badehaus ist es unmöglich, trocken zu bleiben.

Dienstag, 24.08.2021

Morgens arbeiten wir eine Weile am Campingplatz im Regen, danach besuchen wir den Flohmarkt des Besitzers mit ganz viel Grusch und Ramsch. Dort gibt’s für uns Kaffee und eine frische Waffel mit hausgemachter Rhabarber-Marmelade.

In mäßigem Wetter fahren wir zum Geysir-Gebiet und schauen dem Strokkur dabei zu, wie er ca. alle 10 Minuten kochend heißes Wasser in den Himmel pustet. Im anhaltenden Nieselregen schauen wir auch noch den Gullfoss an, den hunderttausendsten Wasserfall auf dieser Reise.

Für die Nacht geht es ins Landesinnere nach Kerlingarfjöll über eine sehr anstrengende Rüttelpiste. Dort treffen wir auch Frank und Sabrina mit ihrer kleinen Tochter Alba wieder, die uns seit der Fähre regelmäßig über den Weg laufen. Der Regen wird vom Wind waagrecht durch die Gegend geschossen, die Laune ist ziemlich im Keller.

Mittwoch, 25.08.2021

Morgens werden wir kurz vom Sonnenschein begrüßt, dann machen wir eine kleine Rundwanderung im geothermalen Gebiet. Überall dampft und blubbert es, die Landschaft nimmt wilde Farben von gelb über schwarz bis leuchtend grün an. Heiße Flüsse treffen auf Schneefelder. Vielleicht liegen irgendwelche Gase in der Luft, wir müssen nämlich ganz schön schnaufen beim wandern, obwohl wir unter 1.000 Meter Höhe sind. Die meiste Zeit der Wanderung verbringen wir im dichten Nebel mit kaum 10 Metern Sicht und starkem Wind, der Boden ist lehmig und matschig. Am Ende des Weges klart es nochmal auf, das ganze Gebiet ist ziemlich eindrucksvoll und wild. Wir treffen auf ein weiteres Filmteam - diesmal für eine Dokumentation für National Geographic.

Abends führt uns eine längere Fahrt zurück in die Südwest-Spitze, da sich morgen früh angeblich ein Wolkenfenster auftut und wir den aktiven Vulkan Fagradalsfjall unbedingt noch sehen wollen. Wir schlafen direkt auf dem Wanderparkplatz, sogar nachts im wilden Regen kommen immer noch Leute von der Vulkanwanderung zurück. Ein Search & Rescue Team ist vor Ort und schaut Netflix im Auto.

Donnerstag, 26.08.2021

Wir machen einen Frühstart und laufen um 6:00 Uhr zum Sonnenaufgang los. Der Regen hat tatsächlich aufgehört und es klart jede Minute mehr auf. Den ersten Blick erhaschen wir auf das erkaltete, den zweiten auf das noch glühende Lavafeld. Weiter oben sehen wir den Lavafluss und irgendwann den zu uns geöffneten Vulkantrichter.

Wir haben tatsächlich Sonnenschein und klare Sicht, es sind kaum Leute mit uns unterwegs so früh. Der Vulkan spuckt heftig rot-orange leuchtende Lava aus dem Trichter. Das 1.000 Grad heiße, flüssige Gestein fließt mit ordentlich Geschwindigkeit in einem einige Meter breiten Fluss das Lavafeld herunter. Vom Aussichtshügel ein paar Schritte nach unten stehen wir direkt am Lavafeld und wärmen uns wie an einem brennenden Lagerfeuer auf. Hier ist der perfekte Ort für unsere Brotzeit. Ich bin überrascht, dass wir so nah an das Lavafeld herangehen können, immer wieder bricht flüssige Lava aus dem Rand des Feldes heraus und brennt das Gras rauchend weg.

Beim Rückweg zieht dichter Nebel auf, trotzdem wandern uns auf einmal hunderte von Menschen entgegen. Was für ein Glück wir hatten.

Mit einer längeren Fahrt geht es wieder ins Land hinein. Auf dem Weg schauen wir den Háifoss an - jedoch komplett ohne Sicht. Wir können den Wasserfall nur erahnen, der da direkt vor unserer Schnauze 122 Meter in die Tiefe fällt. Geschlafen haben wir schön abgelegen auf einem kleinen Campingplatz am Wasser mit ein bisschen Wald, was hier eher selten ist.

Freitag, 27.08.2021

Wegen erneut schlechtem Wetter schlafen wir lange aus. Es hatte in der Nacht nur 9 Grad und regnet konstant. Mittags arbeiten wir im Wintergarten vom Campingplatz. Da dieser aber nicht geheizt ist, sind wir irgendwann komplett durchgefroren.

Im Auto heizen wir uns wieder auf während der Fahrt nach Landmannalaugar und so langsam wird das Wetter besser. Der Campingplatz befindet sich im fast leeren Flussbett mit wilder, bunter Landschaft um uns herum.

Nach der Ankunft machen wir noch einen Abendspaziergang durch’s Lavafeld, kochen und um halb elf heizen wir uns im Hot Pool nochmal auf, wo mehrere heiße Quellen in den kalten Fluss laufen. Durch die späte Stunde sind wir am Schluss ganz allein, was hier super selten ist. Es ist fast wie Kneipen, nur ohne bewegen, da die Wasseroberfläche extrem heiß ist, am Grund ist es jedoch noch kalt. So paddeln wir im ca. 50cm tiefen Wasser umher und suchen die perfekte Temperatur.


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