Veröffentlicht: 14.01.2019
Geschafft.
Einfach nur geschafft.
Diese Zeilen schreibe ich noch von Anakiwa aus, dem Ziel des Queen Charlotte Tracks. Die Schmerzen und Wunden sind also noch ganz frisch.
Zugegeben - es war nicht zu schlimm. Für mich war es der perfekte Anforderungsgrad. Die 71km habe ich mir auf drei Tage aufgeteilt, das macht pro Tag mit Umwegen zu Lookouts etc. knappe 30km. Das spüre ich jetzt aber auch, besonders in den Füßen. Am Ende des Tages waren es weniger meine Muskeln, die an Meuterei dachten, als vielmehr meine Füße. Ein paar kleine Blasen sind auch dazu gekommen, aber das ist nur natürlich bei langen Wanderungen.
Was gibt es noch zu sagen?
Viel.
Zunächst, am ersten Morgen hat es geregnet in Picton. Ich habe versucht, das nicht als böses Omen zu interpretieren.
Früh morgens ging es mit dem Wassertaxi dann zum Startpunkt, Ship Cove. Die Fahrt dauerte eine Stunde, der Rückweg drei Tage.
Um es den ganzen übermotivierten Wanderern gleich mal richtig zu zeigen, ging es in der kommenden Stunde heftig steil bergauf. Weil ich anscheinend mit sehr kalten Muskeln in einem zu schnellen Tempo gestartet bin, habe ich mir gleich eine Art Zerrung in den Waden zugezogen.
In der ersten Hälfte des ersten Tages hatte ich also Schmerzen bei jedem Einzelnen Schritt, egal ob bergauf oder bergab. Nachdem das aufgehört hatte, kribbelt mein linker Fuß auf einer sehr beunruhigende Weise.
Aber ich bin ja nicht gestorben, deswegen höre ich mit dem Jammern auf.
Landachaftstechnisch war es wirklich so spektakulär, wie erwartet (erhofft). Den größten Teil des Weges lief man nur durch den Wald, aber wenn man dann mal einen Blick auf den Sound hatte - beeindruckend.
Ich liebe es ja, durch neuseeländischen Wald zu wandern, aber nach 5 Stunden geht es selbst mir dann langsam auf den Sack. Also: Schritte zählen, Lieder im Geist singen, irgendwie ablenken.
Trotzdem muss ich erwähnen, dass es schön war, mitten durch Natur zu wandern. Die Vogelstimmen, die Zikaden, das Grün,...
Für drei Tage hatte ich also perfektes Natur-Detox (ohne Gurkenwasser).
Anscheinend sind die Marlborough Sounds ein Naturschutzgebiet, denn in der Gegend lebt der Weka, ein weiterer nativer neuseelandischer, flugunfahiger Vogel. Auf der Nordinsel wurde mir erzählt, wie selten diese Vögel sind, und deswegen auch sehr scheu.
Dass ich nicht lache.
Die Wekas waren weder selten, noch scheu - im Gegenteil. Schon nach den ersten fünf Minuten spazierte ein Exemplar in Seelenruhe über den Wanderweg und schaute uns nur aus seinen schwarzen Augen an.
Da waren wir noch alle aufgeregt, weil: ein Weka!
Aber spätestens als diese Vögel anfingen, das Essen und Flip Flops zu klauen, hörte der Spaß dann auf. Die haben aber auch echt keine Scheu - kommen ganz nah und betteln quasi um Futter. Und nichts ist störender, als ein Weka auf Futtersuche, wenn man gerade probiert, sein Zelt auf zu bauen.
Der erste Campingplatz (kreativ: Camp Bay Campsite) war sehr schön, nah am Wasser, sodass man ein erfrischendes Bad nehmen konnte. Ausgestattet war der Zeltplatz nämlich nur mit einer Toilette, Wasseranschluss und einem Unterstand. Dafür war der Preis sehr erschwinglich.
Der Gepäcktransport hat auch super funktioniert, großes Lob dafür.
Meine erste Nacht im Zelt war okay. Es ist halt nicht super bequem, auf meiner Yoga/Pilates Matte, aber im Schlafsack hatte ich es warm und das Zelt erfüllte seinen Zweck. Als 2-Personen-Zelt hatte ich sogar mehr Platz für mich als in manchen Hosteln. Das war auch gut so, denn nach knapp 30km habe ich nur noch den Zipper des Zeltes hochgezogen und gelesen.
Ich habe an jedem Tag ungefähr 6 Stunden gebraucht, dadurch erreichte ich die Zeltplätze schon am Nachmittag. Aber ungelogen - den Rest des Tages lag ich nur noch im Zelt und habe mich erholt. Jeder Gang auf die Toilette oder zum Wasserholen wurde überdacht.
Der zweite Tag war von der Strecke her der anstrengende. Es ging hoch und runter, immer wieder. Und das über insgesamt 400 Höhenmeter. Es waren zwar nur 23 km, aber am Ende musste ich einmal 100 Höhenmeter zu einer Küste runter laufen, meinen Rucksack aufsammeln, dann wieder hochlaufen und dann die selbe Höhe an der anderen Seite wieder runterlaufen, zu dem Zeltplatz.
Und natürlich hat das Wetter in dieser Nacht beschlossen, dass es mal wieder regnen sollte. Dankeschön auch.
Jetzt würde es sich also zeigen, was das 20$ Zelt vom Warehouse so taugt. Und ich muss sagen, ich bin beeindruckt: nur ein wenig Wasser ist ins Zelt gekommen und es hat auch problemlos den sehr starken Wind ausgehalten.
Am Morgen hat es immer noch geregnet, das war dann nicht lustig, das Zelt zusammen zu packen. Zumal es ziemlich nass ist, ich muss es in Picton also noch trocken lassen, heute Abend am besten noch.
Weil ich die Zeit nicht gut einschätzen konnte, startete ich heute auch schon um 7 Uhr. Ich musste ja schließlich den ganzen Weg wieder hoch laufen, dann an der anderen Seite wieder runter, dann wieder hoch.
Und dann - dann ging es weitere 300 Höhenmeter nach oben. Steil.
Ich bin ehrlich - die ersten zwei Stunden heute waren Mist. Ich brauchte Musik. Da mein Akku noch zu 85% geladen war, habe ich mir das gönnen können.
Es ging dadurch nicht unbedingt schneller oder leichter voran, aber ich hatte definitiv mehr Spaß.
Meine Muskeln heute waren schon recht erschöpft, ich wollte einfach nur noch zum Ziel. Trotzdem habe ich mich sogar noch zu einem Lookout hochgequält. Immerhin regnete es nicht mehr so stark und nur noch unregelmäßig.
Die letzten Kilometer führten an der Küste entlang durch Wälder und waren als Ausklang dann angenehm zu laufen.
In Anakiwa angekommen, hat sich jeder Wanderer erst mal auf die erste Parkbank geschmissen. Schuhe aus, Trinken, Atmen.
Dann konnte man anfangen sich zu gratulieren und Smalltalk zu beginnen. Jeder neuer Wanderer wurde begrüßt und auf die Bank eingeladen.
Und dann hieß es nur noch: Warten auf das Wassertaxi. Ein Schwede, zwei Franzosen und meine Wenigkeit haben sich dann zusammen gefunden und über Gott und die Welt geredet. Aber vorallem, welche Körperteile gerade am meisten Schmerzen.
Irgendwann kam dann auch das Taxi und hat uns zurück nach Picton geschippert. Nie habe ich mich mehr auf ein Hostel gefreut.
Heute Abend passiert nicht mehr viel bei mir: ich werde probieren müssen, das Zelt irgendwo zu montieren, damit es ordentlich Trocknen kann. Vielleicht packe ich meine Rucksäcke wieder um, aber sobald ich im Bett liege, komme ich da nicht wieder hoch. Einzig und allein Essen, Toilette und eine Dusche (eine Dusche!!!) könnten mich dazu motivieren.
Noch ein kleines Fazit am Ende: Der Queen Charlotte Track ist es definitiv wert, bewandert zu werden! Die Landschaftsblicke sind zwar irgendwie immer gleich (die Fjordlandschaft halt), aber immer wieder schön. Deswegen gibt es diese Mal auch so viele Bilder, ich könnte mich nicht entscheiden. Aber bitte erwartet nicht von mir, dass ich jede einzelne Bay noch benennen kann...