Veröffentlicht: 03.01.2018
Die Wetteraussichten für den heutigen Tag sind hervorragend - das deckt sich wunderbar mit meinen Plänen. Es steht der extrem anstrengende Scotts Track an. Wahrscheinlich habe ich diese Worte so oder so ähnlich bereits an anderer Stelle gebraucht, aber nirgends treffen sie so sehr zu wie heute.
Um 10:00 Uhr setzen wir den ersten Fuß auf den Track, der mit 6-8 Stunden ausgeschrieben ist. Wir folgen der Empfehlung meines Guidebooks und gehen den Scotts Track hinauf, statt ihn als Bergabvariante zu nutzen, und werden dafür den Avalanche Peak Track nutzen. Gesagt, getan.
Zu Beginn begleiten Aussichten auf die Punchbowl Falls und Arthur's Pass Village den Wanderer. Jedes Fotomotiv ist gleichzeitig eine willkommene Verschnauf- und Trinkpause. Es dauert nämlich keine 10 Minuten bis wir beide durchgeschwitzt sind. Mein kleiner Reiseführer hat nicht zu viel versprochen - es geht durchgängig bergauf. Den Beinen wird keine Erholungsphase in Form eines ebenen Streckenabschnitts gegönnt. Insgesamt 1.100 Höhenmeter gilt es zu bezwingen, die wir uns mühsam zum Avalanche Gipfel auf 1.833 m hinaufarbeiten.
Nach etwa 3 Stunden Schinderei scheint das Ziel so nah, doch die aufragenden Hügel lassen nur hoffen, die sehnsüchtig herbeigesehnte Bergspitze zu sein. Als Avalanche Peak endlich in Sicht kommt, bedarf es einiges an Eigenmotivation, um bei dem Anblick nicht aufzugeben, wobei Eric gemessen an seinem entsetzten "Da hoch?!?!" und diversen Fluchattacken über das lose Geröll augenscheinlich etwas mehr mit sich zu kämpfen hat. Steil windet sich der Weg auf einem schmalen Bergtrampelpfad, vorbei an Berggänseblümchen und -lilien, nach oben. Und dann ist es geschafft! Endlich oben! Die Aussicht ist so fantastisch, dass man sie mit Worten kaum beschreiben kann. Der Blick schweift über die Southern Alps hinüber zum Crow Glacier, hinunter ins Tal und zu einem Kea, der die Leute nach möglichen Futterquellen abcheckt. Nach einigen Fotos werde ich unruhig. Nun bin ich schon seit 10 Minuten hier oben und Eric ist noch immer nicht da, dabei war er doch vorhin direkt hinter mir. Nach kurzer Zeit überwiegt die Sorge und ich eile den Track zurück - ein Auge auf dem Weg und das andere in den gähnenden Abgrund. Und als die Unruhe gerade Panik weicht, sehe ich ihn einige Meter weiter auf einem Stein sitzen und verschnaufen - Gott sei Dank! Ich kann ihn dann doch noch überreden, drei Minuten Kraft zu investieren und die Spitze zu bezwingen.
Als alle Fotos im Kasten sind, wird es Zeit für den Rückweg. Der hat es genauso in sich wie der Weg hinauf. Erst vor wenigen Minuten haben wir einen Helikopter der Bergwacht gesichtet, der zwei Wanderer eingesammelt hat. Vielleicht ist einer von ihnen umgeknickt oder unglücklich gestürzt (immerhin gibt es Handyempfang!). Bei dem losen Untergrund in Verbindung mit den steilen Hängen überrascht das nicht. Der Blick ins Tal gibt eine Ahnung wie weit es noch ist, doch einmal zurück im Wald bleiben hierfür nur noch wenig Indikatoren, zumal der Blick die meiste Zeit ohnehin auf die eigenen Füße gerichtet bleibt. Irgendwann krächzen die Knie und die Beine fangen an zu zittern.
Der ebene Untergrund am Ende des Tracks ist eine wahre Wohltat. Jetzt nix wie zurück ins Auto und ab ins Hostel unter die Dusche.