Salam ya Amman
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Weihnachtstag in Akko

Veröffentlicht: 30.12.2019

Mittwoch, 25. Dezember

8 am. Als ich heute Morgen mit ein wenig Halsweh aufwache und durch das Fenster nach draußen schaue, sieht es bewölkt, windig und ungemütlich aus. Das war’s jetzt wohl erst mal mit Sonnenschein. Aber wir hatten in den letzten Tagen auch wirklich extremes Glück mit dem Wetter. Wir nehmen jetzt also erst mal unser Frühstück im kleinen Café auf der anderen Straßenseite ein, das zu unserem Apartment gehört, und machen uns dann auf den Weg in die Stadt.

Es hat mittlerweile angefangen zu regnen, weshalb wir von einer älteren Verkäuferin in ihren Laden gebeten werden. Bei ihr sieht es wirklich urig aus. An den Wänden und an der Decke, eine uralte Bärchen-Tapete, die Regale vor den Wänden mit Wolle vollgestopft. Zwischendrin hängt der ein oder andere Pullover, der auch zum Verkauf angeboten wird. Im Schaufenster stehen außerdem ein paar vereinzelte Bücher. Es stellt sich heraus, dass sie eine palästinensische Christin ist, die hier gerade im Wollladen ihres Bruders steht, von Beruf aber eigentlich Schriftstellerin ist. Die Bücher im Fenster sind von ihr: eins über die Geschichte von Nazareth, der Rest Kinderbücher. 

Sie erzählt ein bisschen von ihrer Karriere, und wenn man allem glaubt, was sie sagt, ist sie als Autorin bis in israelische Regierungskreise bekannt, wohin sie immer mal wieder zu besonderen Anlässen eingeladen wird. Während sie redet fällt mir auf, dass ich noch nie wirklich über die christliche Dimension im israelisch-palästinensischen Konflikt nachgedacht habe. Man merkt ihr an, dass sie irgendwo dazwischen steht. Als Palästinenserin teilt sie das Leid der Besatzung und Unterdrückung der israelisch-jüdischer Seite, als Christin kann sie sich aber auch mit dem muslimischen Teil der Palästinenser nicht wirklich identifizieren. Interessanterweise hegt sie jedoch noch eher Sympathien für die jüdischen Israelis. Es ist, wie ich anfangs schon vermutet hatte – je mehr ich über den Konflikt erfahre, desto weniger sehe ich durch.

Wir gehen weiter durch windigen Nieselregen, zur griechisch-orthodoxen Verkündigungskirche. Für griechisch-orthodoxe Christen ist dies hier die wahre Kirche der Verkündigung, und nicht die große Basilika, in der wir gestern waren. Sie ist sehr klein, mit wunderschönen alten Fresken und ein paar Treppenstufen im Inneren, von denen man auf einen ehemaligen Brunnen schauen kann, von wo aus Maria die Verkündigung erfahren haben soll. Das Brunnenwasser wird in einen kleinen Tank gepumpt, aus dem man trinken kann. Wir sind heute also wieder gesegnet. Danach, weiter zur nächsten Kirche: die Kirche des Heiligen Joseph. Es wird angenommen, dass sich die Kirche dort befindet, wo Joseph einst sein Haus und seine Tischlerei hatte. Ein letztes Mal gehen wir dann noch in die große Basilika, in der wir heute noch den beeindruckenden riesigen Keller besichtigen, dann sind wir fertig mit den heutigen Kirchenbesuchen.

Es regnet jetzt sehr stark, und wir gehen noch einmal über den Markt, auf dem gestern Abend noch tote Hose war. Jetzt ist er voll mit Ständen, die am Anfang ganz viel Weihnachtsmann-Kitsch verkaufen, danach die üblichen Souvenirs und Klamotten. An einem Stand, der heiße Maronen verkauft, bleiben wir kurz hängen, besorgen uns Maronen und Sahlab (ein süßes, stärkehaltiges Milchgetränk mit Kokos und Zimt) und wippen ein bisschen zur lauten arabischen Musik, die die Maronenverkäufer im Hintergrund laufen haben. Und das war’s dann erst einmal mit Nazareth. Wir steigen ins Auto und fahren weiter nach Akko, eine alte Hafenstadt im Norden Israels.

Das Wetter hat sich bis dorthin leider nicht gebessert, aber dafür beziehen wir eine unglaublich gemütliche Wohnung, in einem 400 Jahre alten Steinhaus, direkt am Meer. Im Wohnzimmer mit schönen alten Lampen an den Wänden und warmem Licht machen wir uns dort zunächst die Heizung an und sitzen mit Tee und Keksen gemütlich zusammen, während es draußen stürmt und gewittert.

Am Abend wagen wir uns aber doch nochmal raus, um essen zu gehen, und brauchen unsere Kapuzen, als wir am Meer entlanggehen. Die Gischt hat eine unglaubliche Stärke, und deren kleine salzige Tropfen setzen sich direkt auf der Haut fest. Wir finden ein wundervolles Lokal, direkt am Wasser, in dem wir einen Platz im Wintergarten bekommen und das stürmische Meer beobachten können, während wir diverse Leckereien als Vorspeise, und Fisch zum Hauptgang gereicht bekommen. Ein wirklich würdiges zweites Weihnachtsessen.

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