Salam ya Amman
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Visaverlängerung, die Zweite.

Veröffentlicht: 06.12.2019

Dienstag, 3. Dezember

8: 15 am. Ich treffe mich heute schon früh mit Sophia und Nandini, eine andere Kommilitonin von uns, am 3rd Circle. Wir wollen unseren freien Vormittag heute für etwas Sinnvolles nutzen: Visaverlängerung. Auch wenn die zweite Verlängerung in der Regel aufwändiger ist, als die erste, werden wir heute zumindest keinen Ärger mit der Polizei haben – zu dieser Verlängerung müssen wir zum Directorate of residence and borders. Es befindet sich etwas weiter entfernt vom Zentrum auf der gleichen Höhe des 8th Circle, weshalb wir uns heute so früh wie möglich auf den Weg machen – man weiß ja nie, was passiert.

Der Verkehr ist auf dem Hinweg schonmal kein Hindernis, sodass wir ziemlich bald schon an unserem Ziel ankommen. Wir betreten das Gelände durch ein Tor und stehen dann zwischen zwei Containern. „Women“, steht auf dem linken, „Men“ auf dem rechten. Geschlechtertrennung, auch an den unerklärlichsten Orten, ist jedoch nichts mehr, was mich überraschen kann. Wir treten also in den linken Container, der sehr spärlich eingerichtet ist: ein scannender Sicherheitstürbogen, den man von Flughäfen kennt, und ein Schreibtisch. Daran sitzt eine Frau, die ihr Handy auf dem Tisch aufgestellt hat und sich in voller Lautstärke ein Video anschaut. Auch wenn sie offensichtlich merkt, dass drei zusätzliche Personen in ihrem Container stehen, macht sie keine Anstalten, ihren Blick von ihrem Handy zu lösen. Sophia, Nandini und ich schauen uns an und versuchen es dann mit einem „Guten Morgen“ auf Arabisch. Nach einer kurzen Weile schaut die Beamtin hoch und sagt in unsere Richtung „Close the door!“. Wir folgen ihrem Befehl und bleiben dann an der gleichen Stelle stehen, unsicher, was wir als nächstes tun sollen. „Come!“, folgt die nächste Aufforderung. Also gut. Wir treten durch den Sicherheitstürbogen (der entweder nur Attrappe ist, oder einfach nicht funktioniert) an ihren Schreibtisch heran. „Give me passport!“ Stumm folgen wir auch diesem Befehl. Die Beamtin trägt nun unsere persönlichen Daten in eine Liste ein und macht zwischendurch immer wieder Pausen, um ihr Video weiterzuschauen. Offensichtlich will sie uns mit jeder Bewegung ihre Machtposition deutlich machen. Und zeigen, wie wenig sie sich für unsere Angelegenheiten interessiert. Als sie alles ausgefüllt hat, liegen unsere Pässe noch auf dem Tisch, während sie wieder in ihr Video vertieft ist. Wieder schauen wir uns an. Wieder unschlüssig, was zu tun. Nach einem kurzen Räuspern von unserer Seite kommt von ihr nur ein „Go!“ zurück. Lange nicht mehr so ein tiefsinniges Gespräch geführt, denke ich mir, als wir mit unseren Pässen den Container verlassen.

Wir laufen über einen großen Hof und betreten das nächste Gebäude, wo wir uns in einem großen Raum wiederfinden. In der Mitte ein riesiger Wartebereich mit leeren Stuhlreihen, an den Wänden außen herum, unzählige Schalter. Im Gegensatz zu der unangenehmen Stimmung eben im Container kommt jetzt direkt ein Beamter auf uns zu und fragt uns, was wir brauchen. Wir finden uns also kurz darauf mit einem Stift beschäftigt, ein Visa-Dokument auszufüllen, und müssen dann noch einmal kurz über den Hof in einen kleinen Raum, in dem wir unsere Pässe kopieren sollen. Die Frau, die dort ein uraltes Kopiergerät bedient, ist ähnlich wortkarg wie die erste Beamtin eben im Container und händigt uns gegen 10 Cent pro Stück extrem dunkle Passkopien aus. Wenn alle Leute mit Visaangelegenheiten hier ihre Pässe kopieren müssen, kommt so jeden Tag bestimmt ein ordentliches Sümmchen zusammen.

Wir werden nun also zunächst zum ersten Schalter geschickt, wo sich herausstellt, dass Sophia ein anderer Prozess erwartet. Da sie zwischendurch nach Israel ausgereist ist, gelten für sie andere Prozeduren, weshalb sie an einen anderen Schalter verwiesen wird. Und auch Nandini und ich müssen nochmal eine Extra-Runde drehen – nicht überraschend sind unsere dunklen Passkopien nicht lesbar genug. Da hilft es auch nichts, als wir sagen, dass wir die Kopie hier auf dem Gelände haben erstellen lassen. Mir fällt ein, dass Markus eine ähnliche Geschichte von seiner Visa-Verlängerung vor zwei Tagen erzählt hat. Nicht unwahrscheinlich, dass hier eine Verkaufsstrategie der Kopier-Frau dahintersteckt. Wir sehen es jedoch nicht ein, ihr ein zweites Mal Geld zu bezahlen, was sie auch durchgehen lässt, woraufhin wir kurz danach wieder am ersten Schalter stehen.

Und es passt nun alles: erstaunlich schnell, und erstaunlich unkompliziert. In ein bis zwei Wochen müssen wir bei ihnen anrufen, mit viel Glück ist unser Visum für die nächsten zwei Monate dann fertig. Sophia gesellt sich wieder zu uns und sagt uns, dass sie ihr Visum wieder bei einer Polizeistation erneuern muss. Als sie den Beamten an unserem Schalter noch einmal zu genauen Details befragt, kann er ihr im ersten Moment nicht so wirklich weiterhelfen, was eindeutig an der Sprachbarriere liegt. Nach ein paar erfolglosen Erklärungsversuchen fragt er nach Sophias Pass. Wir sehen, wie er dort einen Stempel einfügt und etwas dazu schreibt. Dann händigt er ihr den Pass wieder aus. „You have Visum until February!“

Wow. Ich bin mir sicher, dass er dazu nicht befugt ist. Aber so einfach kann es gehen. Wer hier wann und wie ein Visum bekommt ist wirklich pure Willkür. Mir gibt das wirklich zu denken, wie viele der ganzen Verwaltungsprozesse tatsächlich notwendig sind. Wie auch immer - wir haben jetzt erst Mal alles getan, was wir tun konnten, und machen uns im Taxi wieder auf den Rückweg.

Bevor ich am Mittag zum Arabisch-Unterricht in der Uni gehe, steht jetzt erst noch was an, was ich die ganze letzte Zeit vor mir hergeschoben habe: Hausputz. Und die Mädels haben nicht übertrieben. Es dauert gute 3 Stunden, hier alle Glasflächen, Regale und Oberflächen abzuwischen, die unendlich vielen Quadratmeter zu kehren (Staubsauger haben wir leider nicht), und schließlich alles nass durchzuwischen. Aber das war wirklich auch mal nötig. Die Maid, die hier früher mit unseren Vermietern in dieser Wohnung gelebt hat, war hier sicherlich täglich mit Putzen beschäftigt.

Antworten (1)

Hannah
Woooow. Es muss blitzen und blinken, wenn ich am Samstag eintreffe. :D :P