Salam ya Amman
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Goodbye 2019

Veröffentlicht: 25.01.2020

Dienstag, 31. Dezember

7 am. Wir haben gut geschlafen heute Nacht und nehmen ein kleines Frühstück in dem gemütlichem Raum mit Kamin zu uns, während uns von draußen schon die Sonne entgegenstrahlt. Wir knuddeln dann noch einmal mit Diesel, verabschieden uns von Chris, geben unser großes Gepäck an der Rezeption ab und laufen los. Unser Ziel: zunächst das Arafat Museum, dann noch der Schneider-Laden von Anas‘ Vater. Ihm sollen wir doch 'Hi' sagen, wenn wir schon einmal in Ramallah sind, hat Anas uns aufgetragen. Wir laufen wieder mal versehentlich in die falsche Richtung und müssen letztendlich doch noch Passanten nach dem Weg fragen, als wir feststellen, dass wir uns ganz in der Nähe von der Schneiderei befinden müssen. Wir beschließen also, zunächst dorthin zu gehen, bevor wir das Arafat-Museum besuchen.

Überraschenderweise stehen wir tatsächlich kurz darauf vor dem Laden, den Anas uns beschrieben hat, ohne die genaue Adresse zu kennen. Der Name der Schneiderei stimmt aber, weshalb wir eintreten und uns suchend nach einem älteren Mann umschauen. Wir sehen allerdings nur einen jüngeren Mann, der im Hintergrund mit seiner Nähmaschine beschäftigt ist, und eine junge Frau, die uns neugierig anschaut. Ob sie englisch spricht, fragen wir. „Of course!“. Super. Ob sie einen Anas kennt, unsere nächste Frage. „Yeah, I’m his sister!“ Super!

Es stellt sich also heraus, dass wir es hier mit Noor zu tun haben, Anas‘ Schwester. Wenn sie lacht, ist die Ähnlichkeit zu Anas unverkennbar. Wir erklären ihr, wie die Verbindung zu Anas zustande kommt, und sie freut sich sehr, uns zu sehen. Ihr Vater sei heute unterwegs, sagt sie uns. Nur sie und ihr Cousin seien hier im Laden. Noor ist super nett und bietet uns zunächst einen Tee an. Sie erzählt uns dann, wo sie schon überall mit ihrem Mann gelebt hat, unter anderem einige Jahre in Belgien, und wie sehr sie ihre Heimat Ramallah vermisst hat. Jetzt sind sie wieder hier und sie macht eine Weiterbildung zur Schneiderin. Ihre selbstgenähten Taschen, die sie hier im Laden verkauft, sind wirklich wunderschön, und wir kaufen ihr direkt zwei davon ab. Das nächste Mal wenn wir in Ramallah sind, lädt sie uns zu sich nach Hause an, sagt sie. Dann kocht sie für uns.

Wir sind so sehr in das nette Gespräch vertieft, dass wir gar nicht merken, wie schnell die Zeit vergeht – zu spät, um jetzt noch zum Museum zu gehen. Wir verabschieden uns also von Noor und eilen zurück zum Hostel, wo wir unser Gepäck abholen und uns dann wieder auf den Weg zur Bushaltestelle machen. Es ist wirklich schade, hier jetzt so hetzen zu müssen. Aber heute Abend zu Silvester wollen wir wieder in Amman sein. Ich komme aber zurück. Ganz sicher.

Der Bus ist deutlich leerer als auf dem Hinweg, als wir losfahren. An dem Grenzposten, der die West Bank von Israel teilt, halten wir an. Eine schwerbewaffnete junge Soldatin und ihr Kollege steigen ein und kontrollieren nun die Pässe. Ich sehe, wie die Palästinenserin vor mir ihnen ein zerknicktes Dina-4 Blatt entgegenstreckt, was ihr Ausweis zu sein scheint. Ich verstehe zwar das meiste nicht, was die beiden zu ihr sagen, aber dass sie harsch und unfreundlich sind, verstehe ich. Nach einer kurzen Diskussion geht es weiter mit der Patrouille. Sie bleiben beim nächsten Fahrgast hängen, einem alten Mann mit Krückstock. Wieder verstehe ich nicht, was das Problem ist, aber dass er aussteigen muss, verstehe ich. Mühsam schält er sich aus seiner Sitzreihe und humpelt langsam mit seinem Krückstock den Gang entlang zum hinteren Busausgang, während die Bewaffneten ihm hinterherschauen. Dieser Mann darf die West Bank offensichtlich nicht verlassen. Wir sind als nächstes dran. Die Soldatin schaut einen Sekundenbruchteil auf unsere deutschen Pässe und geht dann weiter, ohne unsere Pässe auch nur einmal in der Hand gehalten zu haben. Wie unfair und grausam ist diese Welt. Ich kann es nicht oft genug sagen.

Ohne weitere Zwischenfälle erreichen wir wieder Jerusalem, wo wir dann genug Zeit haben, um unser Gepäck an der Busstation abzustellen und noch einmal in die Altstadt zu gehen. Wir besorgen ein paar letzte Mitbringsel, treffen Sophias Eltern, nehmen noch ein Shawarma-Sandwich zu uns und machen uns dann mit einem Mini-Bus auf den Weg zurück zur Grenze nach Jordanien. Unser palästinensischer Fahrer klärt uns darüber auf, wo sich hier die israelischen Siedlungen befinden (meistens auf den Bergkuppen), und wo die Mauer entlangführt, die das israelische von den palästinensischen Gebieten trennt. Dann, Fahrerwechsel mitten auf der Schnellstraße: unser Fahrer tauscht mit dem Fahrer eines entgegenkommenden Kleinbusses, der uns dann schnurstracks zur Grenze bringt.

Entgegen unserer Erwartungen klappt hier mal wieder alles wie am Schnürchen: ohne Befragungen und Gepäckdurchsuchungen müssen wir lediglich die israelische exit fee zahlen und können uns dann mit einem Taxi auf den Weg nach Amman machen. Das Taxi ist groß genug, dass wir auch mit 5 Personen noch ausreichend Platz darin haben, und der Taxifahrer sehr unterhaltsam, sodass wir eine gute Stunde später gut gelaunt wieder am 2nd Circle ankommen. Hier verabschieden Hanni und ich uns nun und laufen zurück zur Wohnung, wo Rebecca und Lea schon alles für die Silvester-Feier vorbereitet haben.

Wir stoßen um Mitternacht auf der Dachterrasse an und beobachten genau eine Feuerwerks-Rakete. Überraschend, aber definitiv im positiven Sinne. Während der Rest der Party-Gesellschaft noch weiterzieht, legen Hanni und ich uns schlafen. Wir haben uns spontan dazu entschieden, die nächsten zwei Tage noch nach Petra zu fahren, weshalb wir morgen schon wieder früh aus den Federn müssen.

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