Salam ya Amman
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Der Palast

Veröffentlicht: 01.11.2019

15. – 31. Oktober. Teil 1

Ich lebe noch! Und entschuldige mich für die zweiwöchige Funkstille. Mein Laptop hat sich von mir verabschiedet und es hat länger gedauert als gedacht, meine ganzen Daten zu sichern und mir einen neuen Laptop zu besorgen. Nach den ein oder anderen Komplikationen habe ich es allerdings geschafft und bin jetzt wieder online. Da es mir zeitlich nicht möglich ist, alle Geschehnisse der letzten beiden Wochen im Detail zu erzählen, werde ich nur das Wesentliche berichten und die noch fälligen Berichte in 3 Teile untergliedern: Wohnung, Amman & Praktikum. Yallah!


Wohnung

Am 15. Oktober ist es endlich so weit: wir ziehen in unsere neue Wohnung. Jud, unsere Vermieterin, begrüßt uns freundlich und lässt uns schon mittags unser Gepäck in der Wohnung abstellen, während die Maid noch einen Grundputz der Wohnung vornimmt. Nach einem langen Vorlesungstag können wir dann abends endlich zum ersten Mal unsere „eigenen“ vier Wände betreten. Es fühlt sich allerdings alles noch ein wenig komisch an. Im Vergleich zu unseren Unterkünften davor wirken die riesigen Räume mit ihren hohen Decken und luxuriösen Möbeln etwas unverhältnismäßig. Unsere Stimmen hallen durch den langen Flur und die überdimensionale Küche, und der Weg vom großen Wohnbereich zu den hintersten Zimmern kommt einem kleinen Spaziergang gleich. Nachdem wir unsere Zimmer aufgeteilt haben, geben wir uns jedoch beste Mühe, diese mit diversen Lampen und dekorativen Gegenständen zu füllen, die wir an verschiedensten Stellen in der Wohnung finden. Ich bin am Ende auch wirklich sehr zufrieden und fühle mich wohl in meinem kleinen und gemütlichen Zimmer. Eines fällt uns am späten Abend dann auch noch auf: es herrscht hier Stille. Ungewohnte Stille. Zum ersten Mal in Amman. Was eigentlich Grund zum Entspannen sein könnte, fühlt sich in diesem Moment irgendwie noch unstimmig an. Und ich vermisse unsere Tauben guys, deren Beobachten in den letzten Tagen zu einer vertrauten Gewohnheit geworden war.

Am nächsten Morgen hören wir dann allerdings wieder vertraute Klänge: die kleinen Mini-Vans, die mit bekannter Melodie Gasflaschen verkaufen, touren auch durch unsere neue Nachbarschaft. Zum ersten Mal wirkt diese Melodie beruhigend auf mich. Und auch in den nächsten Tagen gewöhnen wir uns immer mehr an unsere kleine Villa. An unserem ersten Sonntag tritt dann das erste Problem auf: wir haben kein Wasser mehr. Die Ursache dafür ist schnell gefunden: die Klospülung in einem unserer Bäder (ja, genau genommen haben wir 4 Toiletten) ist konstant durchgelaufen und hat still und heimlich die beiden Wassertanks auf unserer Dachterrasse geleert, die für unsere Wohnung bestimmt sind. Zum Glück gibt es noch einen Notfalltank, sodass wir in den nächsten beiden Tagen noch duschen können, bevor dann am Dienstagabend wieder Wassermarsch ist. Wir haben das Prinzip des Waschtags mittlerweile verstanden: Für 24 Stunden jede Woche (immer Dienstag- bis Mittwochabend) öffnet die jordanische Regierung die Wasserleitungen und pumpt non-stop Wasser nach, sodass man beliebig viel davon nutzen kann. Mittwochsabends ist die Wasserparty dann vorbei, und man muss den Rest der Woche mit dem Wasser aus den Tanks zurechtkommen, die auf jedem Hausdach platziert sind. Wir werden uns nun also artig daran halten, und Wasch- und Spülmaschine vor allem mittwochs nutzen.

Nur ein paar Tage nach unserem Einzug steigt in unserer Bude dann auch die erste Feier, zu Ehren von Rebeccas Geburtstag. Mit Menschen und Leben gefüllt, ergibt unsere weitläufige Wohnung sehr viel mehr Sinn. Zumindest für uns. Für unsere Nachbarn eher weniger, die irgendwann nach Mitternacht an unserer Tür klopfen und sich über die Lautstärke beschweren. Nicht gerade ein passender Einstand, weshalb sich Rebecca am nächsten Tag in unserem Namen auch demütig bei unserer Vermieterin entschuldigt. Sie erklärt uns dann, dass es zusätzlich zu unverhältnismäßiger Lautstärke in Amman auch nicht üblich sei, seine Nachbarn an der Freude, die man gerade hat, teilhaben zu lassen. Alles passiert hinter verschlossenen Türen und Fenstern. Wir nehmen uns das zu Herzen und achten von dort an darauf, unsere Rollos weitestgehend geschlossen zu halten. Freude wollen wir natürlich auch weiterhin haben.

Was uns in den letzten Tagen außerdem aufgefallen ist: der Wetterumschwung. Mit der Zeitumstellung, die wir auch hier in Jordanien mitgemacht haben, kündigt sich auch eine andere Jahreszeit an. Auch wenn die Sonne tagsüber noch wärmend scheint, wird es abends nun sehr schnell kalt. Und das merken wir auch jetzt schon in unserem Palast (den Spitznamen hat unsere Wohnung von einer Kommilitonin bekommen, die an Rebeccas Geburtstag bei uns war): ich habe abends tatsächlich schon meine Wollsocken ausgepackt, weil meine Füße angefangen haben zu frieren. Ich will gar nicht wissen, in welche Eiskammer sich unsere Wohnung noch verwandelt, wenn es erst so richtig kalt wird. 




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