Veröffentlicht: 27.02.2023
27.02.23 Merzouga Es ist 16 Uhr, als es an mein Wohnmobil klopft. Brigitte steht draußen und zeigt mir ihr Thermometer, das normalerweise an ihrem Fahrzeug montiert ist. 33 Grad Celsius in der Sonne. Ich kann es nicht glauben! Mir kommt es nicht so heiß vor. Brigitte hatte mich heute schon mehrmals vergeblich davon zu überzeugen versucht, dass die Temperaturen so hoch sind. Ich hätte alles gewettet, dass wir keine 25 Grad haben. Zum Glück wettet Brigitte nicht … Habe ich mich schon an die höheren Temperaturen hier gewöhnt? War ich in einem meiner früheren Leben vielleicht ein Berber, ein Wüstenbewohner?
Von wegen! Hasan, unser Guide, der hier wohnt und uns heute morgen durch eine Palmenoase in die Stadt führt, trägt einen dicken Kaftan und darunter einen noch dickeren Anorak. Dazu lange Hosen und ich möchte wetten, auch dicke Strumpfhosen. Es ist verrückt: Wir laufen alle mit T-Shirts und kurzen Hosen durch die Stadt, während die Einheimischen uns dick vermummt entgegen kommen und uns genauso verwundert anstarren wie wir sie.
Auf die Frage, wie Hassan sich das erklärt, muss er schmunzeln. „Wir haben hier im Sommer oft weit über 50 Grad. Wir könnten auf dem Boden Spiegeleier braten. Keiner kann das Haus verlassen. Wir sind andere Temperaturen gewöhnt.“ Klar, was würden die Berber in der Hitze noch ausziehen, wenn sie jetzt schon in Sommer-Kluft rumlaufen würden. Auf der anderen Seite: Was würden wir im Winter anziehen, wenn wir bei 30 Grad im Schatten unsere dicksten Klamotten spazieren tragen würden. Mich würde interessieren, wie lange es dauert, bis sich ein Erwachsener aus Deutschland an das Klima in Marokko gewöhnen würde. Wie würde ich auf 52 Grad im Sommer reagieren? Ein Versuch würde mich reizen …
Mich hat auch der Versuch gereizt, auf einem Dromedar zu reiten. Ja, ich weiß, das ist so richtig touristenmäßig und eigentlich nicht mein Ding, aber es war für unsere Gruppe organisiert. Wir Kolonnen-Fahrer sollten uns mal als Karawane versuchen. Ok. Und so kam ich auch ein Stück weiter in diese faszinierende Wüste hinein. So habe ich mich durchgerungen mitzureiten und es nicht bereut. Aus mehreren Gründen: Die Dromedare haben mich tief beeindruckt. Diese Kraft unter mir zu spüren, mit der diese Tiere sich die Dünen hinauf arbeiten und dabei spielend jedes Wegrutschen im Sand mit ihren dünnen Beinen austarieren, egal, wie groß die Last auf ihren Rücken auch sein mag. Und dabei eine Ruhe und Sicherheit ausstrahlen, die fast greifbar ist. Ich glaube, diesen Tieren geht es nicht schlecht. Wir waren am Morgen auf dem „Dromedar-Bahnhof“, wie es Hasan nannte und konnten sehen, wie die Vierbeiner versorgt und auf ihren Arbeitstag vorbereitet wurden. Das sah sehr professionell aus und spiegelte wider, welchen Wert die Tiere für ihre Besitzer darstellen.
Die Wüste in Merzouga ist wunderschön. Das liegt an den vielen Dünen, die sich hier empor schieben. Aber es sind nicht die größten der Welt, wie ich gestern irrtümlich berichtet habe, die gibt es in den USA zu sehen, wie mich Ralf heute wissen ließ. Die schönsten in Marokko sind sie allemal, davon konnten wir uns heute überzeugen. Eine davon durften wir sogar zu Fuß erobern, was nicht alle schafften. Ihnen entging ein beeindruckender Ausblick und ein rasanter Abstieg, den manche auf dem Hosenboden hinlegten.
Auf dem Nachhauseweg ritten wir dem Sonnenuntergang entgegen. Mich hat das Farbenspiel in seinen Bann gezogen. Braun ist meine Lieblingsfarbe und es war einfach nur schön, zu sehen, wie das Schattenspiel der untergehenden Sonne die Wüste in tausendfach verschiedene Erdtöne tauchte. Dabei kam ein leichter Wind auf, der den feinen Sand über die Dünen blies und mit ihm das Dunkel der Nacht wie ein Tuch über die Landschaft fallen ließ. Ich will mehr haben von dieser Sahara. Zum Glück kann ich das morgen schon kriegen …