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Down Under - Sydney

Veröffentlicht: 01.03.2017

Das Vokabular reicht nicht an Superlativen, um diese Stadt zu beschreiben. Sie ist wirklich wunderschön, wohin man auch schaut. Ich hatte eine gewisse Skepsis, ob die Begeisterung für Sydney in jedem Bericht oder Reiseführer und das Ranking, eines der Top Reiseziele für Touristen zu sein, vielleicht doch mehr schöner Schein als Wirklichkeit ist. Aber obwohl Sydney uns durchaus auf die Probe stellte, sich in diese Stadt zu verlieben, konnte sich niemand dem Charme und der Schönheit entziehen. Denn als wir ankamen, war das schlechteste Wetter, das man sich für den Sommer in Australien vorstellen kann: nur 20 Grad und heftigste Regengüsse. Ich konnte bei der Ankunft die Harbour Bridge nur in Wolken gehüllt sehen und leider auch nur schwache Konturen des berühmten Opernhauses. Wir waren alle mächtig enttäuscht, weil jeder das typische Bild eines sonnigen Sydneys im Sinn hatte und wir wussten, dass hier vor zwei Wochen noch 38 Grad herrschten. Jemand sagte, wir seien in der falschen Stadt und damit hatte er nicht Unrecht. Das Gefühl hatten alle. Hinzu kam, dass wir auch nicht im Hafen andocken konnten, weil die Queen Mary 2 vorher eingetroffen war und wir tendern mussten bis zum Abend nach Abfahrt der Mary , als QE dann endlich den schöneren Liegeplatz direkt neben der Harbour Bridge bekam.

Also ein sehr problematischer, nass-trüber Auftakt, dafür aber zeigte Sydney dann gegen Ende des Tages und vor allem am Folgetag das wahre Gesicht: Ein traumhaftes Bild eines natürlichen Hafens mit dem Opernhaus und der Harbour Bridge, die leicht bergigen Küstenabschnitte, wunderbare Strände wie Bondi und Manlay Beach, eine interessante Innenstadt mit historischen Gebäuden, ein moderner Finanzdistrikt und direkt vom Hafen bis tief in die Stadt hineinreichend, wunderbare Parks, zunächst der Botanische Garten und dann übergehend in den Hyde Park. Spektakulär einfach jeder Blick, immer wieder auf das Wasser und den Hafen, der die Stadt richtig einrahmt. Es leben 4,3 Millionen Sydneysiders, so heißen die Bewohner hier, dennoch erschien es mir nirgendwo übervoll und hektisch wie in anderen vergleichbaren Großstädten. Die Stadt bietet interessante und schöne Einkaufspassagen, z.T. in historischen Gebäuden als Passagen, 115 Museen und 75 Theater, also Unterhaltung und vor allem Erholung in den vielen Parks in Form von Picknicks, Sport und Relaxen – also eine hohe Lebensqualität.

Auf der leider sehr verregneten Fahrt durch die sehr weitläufige Stadt fuhr ich auch zu dem berühmten Bondi Strand, an dem bei diesem Wetter sehr hohe Wellen und der heftige Regen den Surfern nichts auszumachen schien, und sie akrobatisch auf ihren Brettern an den Strand glitten. Ich versuchte ein Foto zu machen, wurde aber trotz Regenkleidung unheimlich nass in nur 2 Minuten und gab mein Projekt von interessanten Fotos auf, um meine Kamera nicht zu ruinieren. Dafür habe ich dann am nächsten Tag und schon am Abend gut fotografieren können, vor allem natürlich das Operngebäude, das Wahrzeichen von Sydney.

Die Führung durch das Gebäude war sehr beeindruckend, denn wenn man näher dran steht, sieht man, dass das Dach aus vielen gelblich-weißen Kacheln besteht, die dann bei Sonnenlicht ganz weiß erscheinen. Die Idee zu dieser Konstruktion hatte der Däne Jörn Utzon 1959 und gewann damit die Ausschreibung. Der damalige Gouverneur wollte nämlich ein Wahrzeichen zur Identifikation der sehr jungen, erst 200 Jahre alten Nation und hatte weniger die Funktion eines Gebäudes, sondern eher eine Skulptur vor Augen. Dieses setzte Utzon dann um mit seinem Dach, das Segel darstellen soll, oder abstrakter, etwas, das auf dem Wasser fließt. Ähnlich wie bei der Elbphilharmonie war die Umsetzung nicht klar, es führte zunehmend zu kontroverser Diskussion und Erhöhung der Baukosten, was dazu führte, dass der Architekt das Projekt abgab bzw. indirekt dazu gezwungen wurde. Erst 1973 wurde das Opernhaus dann von der britischen Queen eröffnet, der Architekt hat das Bauwerk nie mehr besucht und war auch bei der Eröffnung nicht dabei. Lediglich sein Sohn hat dann bei dem 10 Jahre dauernden Innenausbau mitgewirkt. International wurde Utzon zwar gewürdigt, aber eben nie in Australien selber. Schon eine tragische Geschichte.

Die Schönheit der Form setzt sich im Innenausbau nicht gleichermaßen fort. Der Baustoff Beton der 60er-70er Jahre überwiegt, zwar durchaus mit ein paar Holzverschalungen, aber sonst wirkt es recht dunkel. Lediglich der Konzertsaal in drei von den Segeln bildet ein Gebäude, das innen mit Holz und inzwischen sehr guter Akustik auch recht schön wirkt. Die Oper selber ist sehr eng im Bühnenraum, weil sie in nur zwei Segelformen passen musste. Das führt dazu, dass kaum Platz für Kulissen vorhanden ist und sich die Produktionen auf 4 Opern pro Quartal beschränken, dann kommt für 3 Monate das Ballett hinein, wenn die Kulissen ausgelagert werden. Also auch ganz anders bei uns.

Ich konnte abends dann das Opernhaus in Aktion erleben, was noch einmal einen anderen Eindruck vermittelte: durch das indirekte Licht wirkte der Beton nicht so grau und kalt wie am Vormittag. Dennoch ein paar Besonderheiten: Das Orchester sitzt fast unterirdisch im Graben, überwiegend unter der Bühne, ich habe mich gewundert, dass das akustisch überhaupt so geht. Dann ist über den Musikern ein Netz gespannt, die sitzen daher wie im Käfig und sind kaum zu sehen. Der Grund: Ein Tänzer ist einmal in den Orchestergraben gefallen, aber es war unspektakulär, der 2. Unfall hat dann aber zum Netz geführt, der ist lustiger: In einer Inszenierung waren 5 lebende Hühner auf der Bühne, eines ist in den Graben gestürzt auf einen Musiker, der hat das Huhn genommen und wieder auf die Bühne zurückgeschmissen, hat dabei aber die Sopranistin getroffen, so dass die Vorstellung unterbrochen werden musste. Also in „down under“ geht es schon ruppig zu, selbst in der Oper.

Die Aufführung von „La Traviata“ hat mir gut gefallen, gute Besetzung, akustisch auch in Ordnung, obwohl das ja immer noch am Opernhaus moniert wird. Das Bühnenbild war allerdings sehr traditionell, fast etwas plüschig mit der Liebe zum Detail, das kennt man bei unseren Inszenierungen ja nicht mehr so. Ich habe vor allem auch die zwei Pausen im Foyer, oder besser Ausguck, mit Blick auf die Harbour Bridge und die vielen beleuchteten Schiffe im Hafen genossen. Das war schon spektakulär. Das Publikum war zwar sehr begeisterungsfähig und spendete viel Applaus, aber vom Erscheinungsbild im Vergleich zu unserem Theater-und Opernpublikum in Deutschland sehr leger gekleidet. Die Herren im Anzug fielen schon auf und waren fast ausschließlich Passagiere der QE. Die sehr lässige Kleidung ist auch auf dem Schiff zu merken, nachdem 800 Australier zugestiegen sind. Der „Maitre“ des Restaurants hat abends schon seine Mühe, die Leute mit Shorts und Flip Flops zum Umziehen zu bewegen. Er sagt immer sehr charmant, dass die „sich verlaufen hätten“.

Am zweiten Tag habe ich erst einmal Fotos vom Schiff aus gemacht, nachdem ich mit Blick auf die Oper gefrühstückt hatte. Das war wirklich dicht bei, und nach kurzem Weg zu Fuß dorthin habe ich mir dann den wunderschönen botanischen Garten angeschaut, der eigentlich mehr ein riesiger Park ist, und mitten drinnen dann Gärten für asiatische Pflanzen, Palmen oder Kräuter bietet. Mittendrinn liegt auch die offizielle Residenz des Gouverneurs Sydneys, der dort aber nicht ständig wohnt. Sie wurde von dem gleichen Architekten gebaut, der auch Buckingham Palace in London gebaut hat. Man sieht deutliche Ähnlichkeiten. Überall in den Parks laufen und fliegen Vögel, besonders die recht frechen Kiwis. Die sind wie bei uns die Tauben oder Möwen und lauern nur auf Essen, sitzen z.T. schon auf den Mülltonnen oder in den Cafés auf den Tischen (siehe Foto, die haben doch beide den gleichen Gedanken: Essen!). Mit dem sich immer wieder verändernden Blick auf die Buchten habe ich im Botanischen Garten richtig schöne Pausen gemacht und konnte mir nicht vorstellen, dass ich mitten in einer 4-Millionen-Stadt bin.

Da Sonntag war, habe ich den zweiten Teil des Tages im ältesten Viertel Sydneys „The Rock“ verbracht, weil dort am Wochenende die vielen kleinen Geschäfte in den ehemaligen Speicherhäusern geöffnet hatten und viel Interessantes anboten. Das Viertel liegt wirklich auf einem kleinen Felsen mit abfallenden Straßen und Treppen. Zudem waren in den kleinen Gassen Straßencafés und Pubs sowie Marktstände mit Streetfood und allen möglichen Dingen. Es hat mich etwas an Covent Garden in London erinnert. Das Viertel führt auch direkt zur Harbour Bridge, dem anderen Wahrzeichen der Stadt, das die beiden Seiten der Hafenbucht verbindet - sowohl für Autos, wie Eisenbahn und Fußgänger. Die 1932 eröffnete Brücke war zur damaligen Zeit mit 503 m die längste Bogenbrücke. Ganz mutige könnten auch über den oberen Teil der Brücke angeseilt in Kolonne gehen, aber das ist auch ziemlich teuer und man darf keine Gegenstände, wie eine Kamera, mit sich führen, weil diese runterfallen und Menschen unten auf der Straße verletzen könnte. Dort ist nämlich wieder eine der vielen Grünanlagen, wo die Leute essen oder einfach im Gras ausruhen, alles natürlich wieder mit dem schönen Blick auf Sydney Stadt. Ich traf dann noch ein paar nette Leute vom Schiff, denn inzwischen kennt man die Gruppe der Weltreisenden doch recht gut und wir haben uns im ältesten Pub des Stadt einen Drink gegönnt und die eigentlich obligatorische Seenotrettungsübung, die alle 27 Tage jeder Passagier mitmachen muss, ausfallen lassen und die letzte Stunde bis alle wieder für die Abfahrt an Bord sei mussten, genossen. Das Schiff ist inzwischen ein zweites Zuhause und es ist immer wieder super, wenn man durch die strengen Sicherheitskontrollen am Bordeingang hindurch ist und „wieder daheim ist“.

Den Abschied von Sydney habe ich schon ein wenig bedauert, denn die Stadt bietet so viel, also Wiederkommen ist ein Muss.

Liebe Grüße an euch alle!

Eva

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