Veröffentlicht: 14.07.2024
Endlich, nach drei langen und wettertechnisch herausfordernden Tagen auf See, legen wir in der Nacht im Hafen von Nuuk an.
Am Morgen danach begrüßt uns das weiterhin vertraute Wetter der letzten beiden Tage: tiefhängende Wolken, regnerisches Wetter und eine Temperatur um 5 ° C. Dr Wetterbericht spricht nicht davon, dass sich das Warten auf besseres Wetter im Tagesverlauf lohnen würde.
Die Hoffnung auf eine stabile Internetverbindung schwindet, als uns klar wurde, dass wir uns zwar auf oder in dänischem Hoheitsgebiet befinden, das Internet sich aber so verhält, als würden wir uns außerhalb aufhalten. Es heißt also, wer ins Internet will, muss sich ein „Grönland-Paket“ kaufen. Wir schließen den Pakt für jedes Handy über jeweils 40 Euro. Klar, bei Thorsten klappt das direkt, bei mir lautet es gleich: Sie haben ihr Paket von 100 MB bereits aufgebraucht. Sie können gerne ein weiteres Paket kaufen oder bei Rückfragen melden Sie sich bitte beim Kundendienst … (lustig, wenn man kein Internet hat …) … und dabei habe ich noch gar nichts geladen oder angesehen … Noch einmal wollen wir das nicht riskieren und ich lasse es sein ☹.
Wir werfen uns nach dem Frühstück in unseren Grönland-Dress. Skiunterwäsche, dicke Strümpfe, Wanderhose und Wanderschuhe. Dazu Handschuhe, wetterfeste Jacke und warme Wollmütze. Und raus an Land!
Nuuk ist nicht nur die Hauptstadt von Grönland sondern auch die nördlichste Hauptstadt der Welt. Hier leben ca. 20 000 Menschen und damit der Großteil der insgesamt 60 000 Einwohner Grönlands. Die Insel ist sechsmal so groß wie Deutschland mit 84 Millionen Menschen. Es ist also noch jede Menge Platz hier!
Auf der ganzen Insel gibt es nur Straßen innerhalb der Ortschaften. Will man von einem Ort in den nächsten, geht das nur mit einem Boot oder mit dem Flugzeug. Und noch ein Novum für Nuuk: das ist die einzige grönländische Stadt, die zwei Ampelanlagen hat. Wir überlegen im Nachhinein, ob wir diese gesehen haben? Also ich erinnere mich, dass wir einmal an einer Fußgängerampel stehen geblieben sind und auf Grün gewartet hatten … ob das eine der beiden war??? Wenn wir das gewusst hätten, wir hätten sie fotografiert.
Wie üblich ist der Kreuzfahrer-Hafen ein Industriegebet und empfängt uns mit Fischgeruch. Man kann sich gleich vorstellen, womit hier Geld verdient wird. Wir nehmen erneut nicht den kostenpflichtigen Shuttle zum Stadtzentrum, sondern freuen uns, dass wir endlich mal wieder richtig laufen können.
Der Regen und die tiefen Wolken machen das Ganze nicht gerade zum Vergnügen, dennoch sind wir gespannt auf die Stadt. Wir laufen in Richtung Wasser, dem ausgewiesenen „Boardwalk of Nuuk“ und kommen dabei durch eine Gegend, in der man überlegen muss, ist man hier im tiefsten Rumänien, in Sibirien oder tatsächlich auf Grönland??? Plattenbauten at its best … mit kleinen Fenstern und alles etwas oder auch ziemlich heruntergekommen. Das man hier ein echtes Problem hat mit Depressionen, hoher Selbstmordrate und Alkoholismus ist mehr als einleuchtend. Wir erfahren im Netz, dass jeder fünfte Grönländer einmal einen Suizid-Versuch startet. Und das vermehrt im Sommer (was uns ein wenig verwundert), denn die Menschen sind vollkommen übermüdet, weil sie keine Nacht spüren, die ihnen einen erholsamen Schlaf bringt. Wir hätten es eher für möglich gehalten, dass man die ständige Dunkelheit in den Wintermonaten nicht gut ertragen kann …
Wir haben Sommer, der Tag ist lange hell aber das Wetter ist nicht dafür gemacht, sich draußen aufzuhalten … also geht man zur Arbeit, die meist im kalten und im Unwirtlichen stattfindet, zumindest was unsere Vorstellung angeht. Während wir so durch die Straßen gehen und die Menschen sehen, fragen wir uns, wie man hier sein ganzes Leben lang leben kann … aber wir sind keine Grönländer und können das sicher nicht mit unserer „zivilisierten“ Lebensvorstellung erahnen.
Wir suchen einige Punkte auf, von denen man sagt, dass man sie gesehen haben sollte, wenn man schon mal Nuuk ist. Da ist die „Mother of the Sea“, die sich ähnlich wie die kleine Meerjungfrau in Kopenhagen, am Meeressaum befindet und bei Flut fast gänzlich im Wasser verschwindet. Sie ist die Hüterin der Meerestiere. Die Geschichte sagt, dass sie die Tiere zurückhält, wenn man sie nicht gut behandelt (wie immer das aussehen soll) und der Fischfang nicht ausreichend erfolgreich ist.
Oder die 1846 erbaute Erlöserkirche inmitten der bunten Häuser, die so charakteristisch sind für Grönland oder auch Island. Die Erlöserkirche oder auch „Annaassisitta“ ist die ältere der beiden Kirchen in Nuuk.
Ansonsten lässt noch nicht viel darauf schließen, dass wir uns auf Grönland befinden. Kein Schnee, keine Iglus, keine Eisbären. Eigentlich könnten wir auch in einem schottischen oder norwegischen Hafen befinden (oder bei schlechtem Wetter im Mülheimer Hafen in Kölle 😉) … Wenn da nicht das Highlight (zumindest für uns Kreuzfahrer) im Hafen befinden würde: ein Eisberg. Einfach so: inmitten der anderen kleineren Schiffe und einer Fregatte … Frage: wie kommt der hier her? Müsste der nicht schon lange geschmolzen sein, weil es regnet und keine Minustemperatur vorherrscht? Ist das ein künstliches Objekt des Tourismusbüros und steht das ganze Jahr über hier?
Heute werden wir das Geheimnis nicht lüften können, denn wir sind durch und durch Nass geworden. Nach knapp drei Stunden Spaziergang durch ständigen Regen und Wind sind wir trotz ganz guter Kleidung jetzt durchgefroren und durchnässt und freuen uns auf unsere windgeschützte und wärmende Kabine.
Morgen ist auch noch ein Tag und den verbringen wir auch noch in Nuuk. Mal sehen, ob wir den vor drei Tagen gebuchten Ausflug zum Hausberg auf über 400 Meter mitmachen werden. Wenn sich das Wetter nicht grundlegend ändert, das heißt der Regen nachlässt und die Wolken sich verziehen, sehen wir schwarz für die „Kraxeltour“ …
Wir werden sehen!