Veröffentlicht: 05.04.2020
Meine siebte Woche hier in Addis genoss ich sehr. Wegen Corona habe ich "Ferien".
Die Bewegungsfreiheit wurde bisher nicht eingeschränkt. Ich schlief täglich aus, fuhr Velo, war oft draussen in der Natur und tat, was ich gerade Lust hatte: In Barbaras Garten gibt es viele kleinere Reparaturarbeiten zu tun, bei Addis Guzo habe ich begonnen eine Hundehütte für Marley, den Wachhund, zu bauen. Es ist spannend in Addis Ababa, überall gibt es Handwaschstationen, manchmal sieht man Menschen mit Mundschutz und Gummihandschuhen und manchmal merkt man gar nichts von Corona. Inzwischen haben auch wir eine Handwaschstation vor dem Haus mit Wasser und Seife eingerichtet...
Die Spaziergänge rund um Addis bieten viel: Viele Farben, spannende Flora und Fauna, interessantes Panorama, frische Luft mit Eukalyptusduft. In dieser Woche sah ich Hyänen aus der Ferne, verschiedenfarbige und -grosse Vögel, Affen und verschiedene Insekten. Wir fanden einen kleinen Wasserfall mit Pool und einer alten Stahlbrücke, dieser Ort erinnerte mich ans Maggiatal. Im Wald begegnet man manchmal anderen Menschen, oft sind es Frauen, die Holz sammeln.
Velofahren in Addis macht Spass, einzig die ungesunde Abgasluft ist störend. Die Geschäfte sind alle offen, vor dem Einkaufen muss man die Hände waschen und in einigen kleinen Supermärkten bestellt man die Ware von aussen ohne das Geschäft zu betreten. Die touristischen Restaurants und Parks sind geschlossen. In den Quartieren jedoch herrscht "normales" Leben, denn dort wird gelebt, gearbeitet, eingekauft etc.
Mir geht es gut, ich fühle mich sicher und gut informiert. Es ist für mich schwierig mit Äthiopierinnen und Äthiopiern über Corona zu sprechen. Sehr viele Fake News und Angstmacherei liegen in der Luft, rationales Denken nur sporadisch vorhanden. Heute ist die erste Person in Äthiopien am Coronavirus gestorben (eine 60jährige Frau), morgen wird die Angst vor dem Virus wohl noch grösser sein...
In Äthiopien gibt es sehr viele Kranheiten (Hunger, Malaria, Tuberkulose, Gelbfieber, HIV, Masern uvm.), an denen täglich tausende Menschen sterben. Ich finde es schwierig zu verstehen, warum die Medien den Menschen wegen Corona eine solch riesige Angst einjagen. Im äthiopischen Fernsehen werden täglich die schlimmsten Coronabilder von Europa und den USA in Endlosschleife gezeigt. Die Massnahmen der Regierung werden wie Propaganda kommuniziert, einige Regionen haben sich komplett abgegrenzt. Ich finde all das sehr übertrieben und freue mich, wenn der Trubel vorbei ist.