Übers Wetter reden

Übers Wetter reden tut man ja dann, wenn man sonst nichts zu sagen weiß. Stimmt nicht, ich finde das Wetter hier total spannend und vor allem: überraschend und unberechenbar!

In den ersten Wochen hier in Australien hab ich immer wieder besorgte Nachfragen von daheim bekommen, ob es denn unerträglich heiß und die Hitzewelle auch in Perth wäre usw. Ich hab meistens erwidert, dass ich bisher öfter gefroren als geschwitzt hätte. Nun gut, ich halte Hitze relativ gut aus und tu mir mit Kälte nicht so leicht... Fakt ist, dass nachmittags "Fremantle Doctor" kommt, wie hier die Meeresbrise genannt wird und auch an heißen Tagen für angenehme Abkühlung sorgt. So lange die Fahne, die der Nachbar über seinem Haus flattern hat, Richtung Meer zeigt, soll man surfen gehen, wenn der Wind dann dreht, geht man besser wieder heim. Wenn der "Doctor" nachmittags nämlich richtig aufdreht, sind die Übergänge von Körperpeeling zu Sandstrahlbehandlung fließend.

Das Wetter hier wird als mediterran beschrieben, was lustig ist, weil das Mittelmeer doch ein Eck entfernt ist und der Indische Ozean so nah... Strömungen aus der Antarktis sorgen übrigens dafür, dass das Meer nicht allzu warm wird, es hat das ganze Jahr um die 20 bis 22 Grad Wassertemperatur.

Erstaunlich ist, wie schnell Temperaturschwankungen hier vor sich gehen. Innerhalb einer Woche musste Sofia einmal wegen unerträglicher Hitze in ihrem Zimmer zum Schlafen auf den Balkon auswandern, zwei Tage später herrschten morgens erbitterte Kämpfe um den Platz vor dem Heizstrahler und um die dickste Kuscheldecke. Der Wind, der durchs unisolierte Haus pfeift, hatte das Wohnzimmer auf ungemütliche 15 Grad abgekühlt. So geht das hin und her... Der nächste Winter kommt aber bestimmt, deshalb hat Rene letzte Woche von seinem Graz-Besuch neben 8 Liter Kernöl (Steirerbluat is koa Nudlsuppn) auch Handschuhe, Hauben, Pullis und Wärmeflaschen importiert. Nachdem unser Haus viele Fensterflächen, aber keine Isolation besitzt, habe ich noch 2 Heizstrahler auf Gumtree gekauft und einen dritten dazu geschenkt bekommen - jetzt sollten wir gewappnet sein!

Dabei ist es eh so angenehm und sonnig die ganze Zeit! Ständig blauer Himmel! Aber man darf nicht vergessen, dass die Sonne hier in einer anderen Liga spielt als zuhause. Anfangs haben wir die hysterischen Aussies belächelt, die dauernd mit Kappen und den sog. Rashies, also UV-Schutz-Leiberln, am Strand unterwegs sind. Inzwischen surfen wir nur noch mit unseren extrem unsexy Surfhüten und haben mehrere Bottiche Sonnencreme im praktischen 1-Liter-Pack zu Hause, im Auto, immer dabei... In der Schule herrscht eine strikte No-hat-no-sun-Policy: Wenn dein Kind keinen Hut dabei hat, darf es in der Pause auch nicht draußen spielen. Punkt. Australien hat die höchste Hautkrebsrate der Welt, also verständlich.

Beim gemütlichen Elterntreffen von Aurels Klasse letzten Sonntag im Park haben wir ein paar waschechte Australier (oder halt: eine Engländerin, ein holländisches Pärchen, eine Dänin, eine Süditalienerin, die in Kanada aufgewachsen ist) gefragt, wie das so mit fehlender Zentralheizung im Winter ist, wo die Temperatur doch unter 10 Grad sinkt. "We just ignore it! We want summer!" Na dann probiere ich das im Juli auch, einfach so tun, als ob es nicht kalt wäre... oder halt in den Norden fahren, da ist es ganzjährig tropisch! Ich hab schon gebucht!