Veröffentlicht: 29.04.2022
20.-22. April 2022: Volos, Agios Ioannis, Milopotamos
J. Von Volos und dem nahegelegenen Pelion hatten wir bisher nicht gehört, doch die Gegend wurde uns von mehreren Einheimischen empfohlen. Hierhin verschlägt es nur wenige internationale Touristen, dafür machen hier umso mehr Griechen Urlaub.
Der Pelion ist eine Halbinsel mit einem Gebirge drauf, das mit dichtem Wald bedeckt ist und von dem unzählige Flüsse in tausenden Wasserfällen stürzen. Der Legende nach leben hier die Zentauren und auch die Götter des Olymps haben hier ihre Sommerresidenz. Die Götter haben sich einen der schönsten Orte Griechenlands für ihre Sommerresidenz ausgesucht. Neben dem dichten Wald und dem sprudelnden Wasser, das von überall her zu kommen scheint, hat der Pelion auch einige der schönsten Strände Griechenlands (vielleicht sogar der Welt). Nicht ohne Grund wurde hier der Film Mamma Mia gedreht.
Auf dem Pelion gibt es 24 alte Dörfer. Bis in die 50er Jahre waren sie lediglich über steile Wege aus Kopfsteinpflaster, erreichbar, die ein Netz durch den Wald bilden und die Dörfer miteinander verbinden. Auch innerhalb der Dörfer sind die Straßen und Wege oft steil und noch traditionell mit großen Felssteinen belegt. Die Wege wurden ursprünglich für Fußgänger gemacht, doch seit die Straße gebaut wurde und die Dörfer auch mit dem Auto erreichbar sind, gibt es hier auch motorisierte Fahrzeuge. Gelegentlich habe ich mich gefragt, wie die Autos und Mopeds es diese steilen, holperigen Wege hoch schaffen. Das Netz an diesen Felssteinwegen zwischen den Dörfern wird allerdings immer noch ausschließlich von Fußgängern genutzt und eignet sich hervorragend zum Wandern.
Wir haben uns den Osten vom Pelion ausgesucht, da die Berge hier besonders steil ins Meer abfallen. Dadurch sind die Berge, aber auch die Küste und die Strände besonders schön und es gibt besonders viele Wasserfälle. Wir starteten im kleinen Dorf Agios Ioannis. Von dort brachte uns der alte Steinweg geradewegs den Berg hinauf. Auf den 360 Höhenmetern kreuzten wir häufig die Serpentinen der Straße, doch nachdem wir die Straße überquert hatten, verschwanden wir jedes Mal wieder im dichten Wald.
Oben angekommen, ruhten wir uns von dem anstrengenden Aufstieg aus, bewunderten die Aussicht und folgten der Straße nach Kissos. Von hier sollte nämlich der schönste Teil der Wanderung beginnen. Fernab jeglicher Zivilisation wanderten wir auf Steinwegen, kleinen Pfaden und manchmal ein bisschen durch das Unterholz bergab bis wir zu einem wunderschönen Fluss kamen, der in mehreren Wasserfällen den Berg hinab rauschte.
Gleich mehrere Bäche stützten an dieser Stelle in einem Wasserfall in den Fluss und auch ein weiterer Fluss floss nach zwei Wasserfällen etwas weiter unten hinein. Das Rauschen des Wassers war unglaublich laut und trotzdem sehr friedlich. Im Fluss lagen riesige Felsen, die sicher irgendwann mal vom Wasser mitgerissen wurden. Auch Äste und halbe Bäume lagen am Ufer oder waren an einem der vielen Steine oder Felsen hängen geblieben und boten einen wunderbaren Ort, um mit den Kräften des Wassers zu spielen. Hier wird besonders deutlich, wie kraftvoll die Natur ist. Hier ist der Mensch nur Gast in einem von der Natur beherrschten Paradies.
Nachdem wir den Fluss über eine Brücke überquert hatten, ging es durch den dichten Wald wieder bergauf. Kurz darauf stießen wir aber an einen weiteren reißenden Fluss ohne Brücke. Es lagen zwar einige Steine im Wasser, doch anscheinend ist dieser Fluss normalerweise nicht so voll. Wir mussten eine recht weite Strecke zwischen zwei großen Felsen über den reißenden Fluss springen. Wie gesagt, wir sind nur Gast hier in der Natur.
Bei unserer Wanderung hier durch die Berge und den dichten Wald konnten wir uns gut vorstellen, dass hier Zentauren leben. Der Legende nach lebten hier nicht nur die aggressiven Zentauren, sondern auch ein freundlicher Zentaur, Chiron, der ein Halbgott war. Er war ein Meister in der Medizin und nutzte Heilkräuter aus dem Pelion (die übrigens immer noch genutzt werden). Er bildete außerdem viele berühmte Leute aus, u. A. Achilles und Jason, der später mit den Argonauten das goldene Fließ holte. (Der Pelion ist voller Mythen. So wurde beispielsweise durch einen Apfel bei einer Hochzeit im Pelion der Trojanische Krieg ausgelöst. Wenn ihr mehr über die Mythen wissen oder die Geschichten hören wollt, fragt mich gerne.)
Nach unserer abenteuerlichen Wanderung durch die Natur stießen wir in Mouresi wieder auf die Straße. Von hier ging es auf kleinen Pfaden, durch immer lichter werdenden Wald und am Ende durch Olivenhaine hinab zum Meer in Damouchari. In diesen Olivenhainen tanzten Meryl Streep und viele lokale Frauen zum Lied "Dancing Queen" bei den Dreharbeiten von Mamma Mia. Auch der wunderschöne Strand von Damouchari kommt im Film vor. Er besteht aus weißen, runden Kieselsteinen. Am Rand fließt ein glasklarer kleine Bach, kurz nachdem er in einem Wasserfall vom Berg gestürzt ist, ins ebenso glasklare Meer. Überall hier an der Küste ist das Meer gleichzeitig unglaublich klar und blau. Sehr beeindruckend, finde ich.
Auf dem Weg zurück nach Agios Ioannis kamen wir am Port vom Damouchari vorbei. Hier legte im Mamma Mia Film die Fähre an. Im Film sieht dieser kleine natürliche Hafen aber noch etwas schöner aus, als in Wirklichkeit.
Am nächsten Tag besuchten wir einige weitere wunderschöne Strände der Region. Von gelbem Sand zu weißen Kieselsteinen konnten wir alles finden, einige hatten dichten Wald im Hintergrund, andere waren umrahmt von steilen Klippen und einige lagen direkt vor malerischen Dörfern. Eines hatten sie alle gemeinsam: unglaublich klares, blaues Wasser, das zu dieser Jahreszeit zwar noch etwas kalt, aber sehr erfrischend war.
An einigen Stränden und auf vielen Straßen im Pelion konnten wir die Naturgewalt, die hier regiert erkennen. Anscheinend gab es vor einigen Monaten ein Unwetter, vielleicht hat es etwas mit der Schneeschmelze nach dem besonders kalten Winter dieses Jahr zu tun. Auf jeden Fall lagen an vielen Ständen große Äste und offensichtlich waren neben den ohnehin schon vielen Flüssen und Bächen noch mehr hinzugekommen, die Sand, Äste und Steine den Berg hinab und auf die Strände gebracht haben. Auf einigen Strandpromenaden lag noch der Schutt; ein Strand war nicht mehr zugänglich, durch die großen Felsen, die den Weg versperrten. Besonders beeindruckend und etwas gruselig fand ich die Spuren, die das Unwetter auf den Bergstraßen hinterlassen hatte. An vielen Stellen war die äußere Spur abgesackt, manchmal war sie komplett weggebrochen. Es gab viele Baustellen, die die abgesackte, bzw. nicht mehr vorhandenen Teile der Straße reparierten. An einigen Stellen war auf der äußeren Spur aber auch eine mehrere Meter lange Stelle, die 30cm tiefer war, als der Rest der Straße und die von Rissen umrandet war. Wir sind mit unseren 3,5 Tonnen da lieber nicht drübergefahren.
Auf dem Weg von Volos in den Osten des Pelions überquerten wir die Spitze des Gebirges und fuhren durch das Skigebiet. Hier waren die Straßen noch heile, wir waren aber überrascht, als wir am Straßenrand Schneeberge entdeckten. Weiter oben, lag im Wald sogar flächendeckend ein halber Meter hoch Schnee. Zum Glück war die Straße frei und wir konnten wieder an die warme Küste fahren.
Das es kurz vor dem orthodoxen Ostern ist, haben wir bei unserer Wanderung durch die Dörfer gemerkt. Die Griechen fahren zu Ostern zu ihren Familien in die Dörfer, sodass Athen wie ausgestorben wirken muss, dafür ist in den ländlichen Regionen und auf den Inseln besonders viel los. Auf jedem Dorfplatz waren die Restaurants gut besucht, Kinder spielten auf den Straßen und alte Bekannte unterhielten sich. Am Donnerstag wurde viel geputzt, aufgeräumt, gefegt und Rasen gemäht. Am Freitag waren die Fischrestaurants am Meer voll besetzt.
Am Freitagabend waren wir in Volos der Stadt die das Eingangstor des Pelions ist. Hier wollten wir den Karfreitagsumzug sehen. Abends um halb 9 machen wir uns auf den Weg in die Stadt und sehen einige Kirchen vor denen große Menschenmassen mit Kerzen stehen. Der Gottesdienst wird über Lautsprecher aus der vollbesetzten Kirche nach draußen übertragen. Die Stimmung ist feierlich und besinnlich und auch ein bisschen von Vorfreude geprägt.
Da wir nichts verstehen und draußen auch nichts sehen, gehen wir weiter. In der Nähe des Hafens finden wir inmitten zahlreicher Cafés eine hellbeleuchtete, leere Bühne auf der nichts zu passieren scheint. Wir machen uns auf den Weg zur größten Kirche der Stadt und hoffen hier etwas mehr mitzubekommen. Auf dem Weg begegnen uns plötzlich erst einzelne, dann immer mehr freudig aufgeregte Menschen mit Kerzen. Wir gehen ihnen erst entgegen, dann folgen wir ihnen. Da sie aber aus verschiedenen Richtungen kommen, wissen wir nicht so recht wo lang, bis wir entfernte Blasmusik hören. Wir folgen unseren Ohren durch die Gassen von Volos und treffen plötzlich auf eine kleine Gruppe kerzenhaltender Passanten. Direkt vor uns marschiert das Blasorchester eine breite Straße hinunter und spielt langsame, traurige Musik.
Sie sind der Anfang eines längeren Zuges. Hinter ihnen wird ein großes Holzkreuz getragen, bevor das Highlight des Umzugs kommt: eine reichlich mit Blumen geschmückte und mit einem blumigen Himmel überdachte Totenbare, die das Grab Jesus symbolisiert, wird von Soldaten getragen. Davor laufen rückwärts zwei Weihrauch schwenkende Männer, dahinter gehen, von etwa 20 Soldaten flankiert, drei Priester in goldenen Umhängen mit den typisch orthodoxen, schwarzen Hüten und langen Bärten.
Mit mehreren Metern Abstand folgt ein offensichtlich höher gestellter Priester, der noch edler gekleidet ist und mit einem goldenen Kreuz die Passanten segnet. Er ist umrahmt von mehreren in Gold gekleideten Männern, dicht gefolgt von der lokalen, vermutlich politischen, Prominenz. Dahinter schiebt sich die Gemeinde kerzenhaltend und eng gedrängt die Straße hinunter.
Der Umzug ist auf dem Weg zu der Bühne, die wir vorher schon gesehen haben. Wir kreuzen den Zug und laufen die Parallelstraße entlang, um die Ankunft bei der Bühne zu sehen. Als wir dort ankommen, ist der Platz schon voller Menschen und auf der Bühne stehen bereits drei mit Blumen geschmückte Totenbaren. Es muss also zeitgleich vier solcher Umzüge, von vier verschiedenen Kirchen gegeben haben. Als der letzte Umzug ankommt, wird eine Predigt gehalten, bevor die Totenbarren wieder, in vier verschiedene Richtungen zurück zu ihren Kirchen getragen werden.
Nur der eine Umzug hatte Soldaten und ein Blasorchester. Wir folgen einem anderen bis zur Kirche. Der Gottesdienst ist anscheinend noch nicht zu ende, denn der kleine Rest der Gemeinde, der bis hier hin mitgekommen ist, geht zurück in die Kirche.
Tag 189 – Gesamttour 14.469 km
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