Veröffentlicht: 10.07.2020
Bei diesem Haus zeigen sie ganz unterschiedliche Gesichtsausdrücke. Einem der Köpfe wurde bei der letzten Restauration vor einigen Jahren sogar ein besonderer medizinischer Eingriff zuteil: Hatte er zuvor noch geschielt, wurden seine Augen korrigiert und er blickt nun gerade auf den Markt.
Am Domplatz sahen wir zwei große Kirchen direkt nebeneinander: den Dom und St.-Severi. Beide waren ursprünglich kleine Kapellen, die immer weiter vergrößert wurden, bis es auf dem Berg eng wurde.
Dabei wollte der Mainzer Erzbischof mit dem Bau des Doms seine Macht demonstrieren, während die Erfurter Bürger mit dem Bau von St.-Severi dagegen hielten.
Vor dem Rundgang hatten wir noch Zeit, die beiden Gotteshäuser von innen zu sehen.
Direkt vor dem Dom war auf den Domtreppen eine Bühne Sitzplätzen mit Corona-Abstand aufgebaut. Die Domfestspiele finden tatsächlich im Sommer statt, wenn auch nicht die ursprünglich geplante Aufführung von Nabucco, sondern verschiedene musikalische Auftritte.
Erfurt war einst eine reiche Stadt und wurde im Krieg kaum zerstört. Deshalb sind heute noch viele alte Häuser zu bewundern.
Ein Teil des Reichtums verdankte Erfurt der Produktion des blauen Farbstoff aus der Waidpflanze: Sie wurde gesammelt und musste dann lange in Becken mit Wasser und Urin behandelt werden, um den Farbstoff zu gewinnen. Deshalb würde sie wohl auch von dem einfach zu verarbeitenden Indigo aus Indien verdrängt. Im alten Waidspeicher finden heute Kulturveranstaltungen statt.
Erfurt war auch eine vom Handel geprägte Stadt. Die Händler mussten durch enge Straßen zu den Speichern der Kaufleute fahren. Dort kann man heute noch die Kratzspuren erkennen, die nicht ganz so geschickte Wagenlenker hinterließen.
Etwas weiter sahen wir die alte Synagoge, die die älteste erhaltene Synagoge in Mitteleuropa ist. Sie wurde wahrscheinlich schon im 11. Jahrhundert gebaut, diente aber nur bis 1349 als Synagoge. In diesem Jahr wurden als Folge der Pestepidemie alle Juden in Erfurt ermordet.
In ihr befindet sich heute der "Erfurter Schatz", der vor etwa 20 Jahren bei Bauarbeiten gefunden wurde. Es handelt sich dabei um die zahlreichen Wertgegenstände eines getöteten Juden, der diese zuvor vergraben hatte, um sie zu schützen.
Am Wirtshaus Christoffel lernten wir die Funktion eines "Bierlochs" kennen. In einer mittelalterlichen Stadt hatten viele Häuser das Recht, Bier zu brauen. Damit alle wussten, wo es gerade frisches Bier gab, gab es drei Möglichkeiten:
1. Es wurde sonntags im Gottesdienst abgekündigt.
2. Der durch die Straßen gehende Bierrufer verkündete es.
3. Man sah es an dem Bierloch, das bei frisch gebrautem Bier mit frischem Stroh gefüllt wurde.
Auch in Erfurt findet man Luthers Spuren: Im Augustinerkloster der Stadt lebte er als Mönch, nachdem er sein Jurastudium an der Universität abgebrochen hatte.
Zum Schluss kamen wir dann zur Krämerbrücke, die seit dem 12. Jahrhundert mit Häusern bebaut ist. Durch Brände wurden Vorgängerbauten zerstört und die heutige Bebauung stammt wohl aus dem 17.-19. Jahrhundert.
Ist man auf der Brücke, erkennt man nicht mehr, dass man sich über dem Wasser befindet: Es wirkt wie eine normale Gasse mit Häusern zu beiden Seiten.
Da unser Reiseführer Gotha in den höchsten Tönen lobte, verließen wir Erfurt wieder vorbei am Stadtmuseum und Anger und machten uns auf den Weg zum Bahnhof, um noch etwas Zeit in der früheren Residenzstadt Gotha verbringen zu können.
Während Erfurt lebhaft und von beeindruckenden Bauten erfüllt war, wurden wir in Gotha bei unserer Ankunft am Bahnhof enttäuscht:
Das Gebäude und die Umgebung sahen stark renovierungsbedürftig aus und bei unserem Gang zum Schloss durch den Park wurden wir von bierseligen Herren lautstark begrüßt.
Zunächst kamen wir am herzogliches Museum vorbei, das heute verschiedene Sammlungen beherbergt. Die Ausstellung ist aber im Moment nur in Teilen zu sehen.
Wir gingen aber sogleich weiter zum Schloss Friedenstein, in dem verschiedene Museen untergebracht sind, die wir uns ansehen wollten.
Leider stellten wir im Schlosshof fest, dass alle Museen außer dem herzogliches Museum bis zum 14. Juli 2020 geschlossen sind (wir also 4 Tage zu früh dort waren). Einen kleinen Blick ins Innere des Treppenaufgangs konnten wir werfen, aber sonst blieb uns leider der Zugang verwehrt.
Also gingen wir weiter zum Hauptmarkt, der von restaurierten Bürger- und Geschäftshäusern gesäumt wird. In der Tat sind die Häuser in einem wunderschönen Zustand, aber leider war der gesamte Platz eine einzige Baustelle.
Bis Ende 2021 soll hier noch der historische Marktplatz wiederhergestellt werden. Abgesehen von vielen Bauzäunen und Maschinen sah der Platz tatsächlich schön aus, so dass wir uns vornahmen, Gotha mal wieder einen Besuch abzustatten - aber erst in ein paar Jahren, wenn die Bauarbeiten hoffentlich beendet sind (bei öffentlichen Bauvorhaben weiß man ja nie, wie lange es wirklich dauert...)
Wir gingen noch kurz durch die Innenstadt und schlugen dann den Weg zurück zum Schlosspark ein.
Dort bot sich uns ein schöner Blick auf die Orangerie (mit Bauzaun vor Schloss Friedrichsthal im Hintergrund). In diesem Teil des Parks war es etwas belebter und so gingen wir durch das Grün zurück zum Bahnhof.
Da die Museen in Gotha gar nicht oder nur eingeschränkt geöffnet haben, beschlossen wir, zurück nach Eisenach zu fahren und das dortige Bachhaus zu besuchen.
Im (vermeintlichen?) Geburtshaus von Johann Sebastian Bach findet man heute eine umfangreiche Ausstellung zu seinem Leben und Werk.
Neben historischen Räumen gibt es auch einen modernen Teil mit Hörbeispielen und Informationen zur Rezeptionsgeschichte.
Der Höhepunkt unseres Besuchs dort war dann ein kleines Konzert mit Erklärung auf historischen Instrumenten des Barock.