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Südafrika Tag 17 - Good bye South Africa

Veröffentlicht: 06.06.2024

Um 9:30 Uhr setzen unsere Gastfamilien uns auf dem Parkplatz der Universität Pretoria ab. Das Gepäck wurde verladen, viele Fotos wurden geschossen und das ein oder andere Tränchen verdrückt. Nachdem wir gemeinsam mit unseren Gastbrüdern und -schwestern noch ein letztes Mal gesungen hatten, hieß es endgültig Abschied nehmen.

Bevor es für uns allerdings zum Flughafen ging, machten wir noch einen Abstecher nach Soweto. Soweto steht kurz für „South Western Townships“ und war ein 1963 administrativ vollzogener Zusammenschluss zahlreicher Townshipssiedlungen im Südwesten der südafrikanischen Industriemetropole Johannesburg. Von 1983 bis 2002 war Soweto eine eigenständige Stadt. Seit 2002 gehört es zur Metropolgemeinde City of Johannesburg.

In Soweto besuchten wir einen Gottesdienst. Dieser fand in einem weißen flachen Zelt statt. Als wir aus dem Bus ausstiegen dröhnte uns bereits laute Musik und Gesang entgegen. Als wir dann das Zelt betraten waren wir überwältigt. Etwa Zweidrittel des Zelts waren mit Menschen gefüllt, die sich alle anlässlich des Sonntagsgottesdienstes sehr schick gekleidet hatten. Sie standen vor ihren Stühlen und waren der Bühne zugewandt, auf der ein Mann mit Mikrofon stand und laut in einer Mischung aus Singen und Sprechen über Gott und Jesus sprach und ihnen dankte. Dazu spielte laute Musik unter anderem erzeugt durch Keyboard und Schlagzeug und die Leute riefen bekräftigende Worte und jubelten. Die Atmosphäre war der Wahnsinn. Wir waren völlig sprachlos und ziemlich überfordert mit diesem Moment. Das Ganze ging über etwa 10 Minuten. Dann ergriff ein weiterer Mann das Mikrofon. Er hieß die Leute willkommen und begrüßte uns als Special Guests from Germany. Er holte Herrn Kammel zu sich nach vorn auf die Bühne und es wurde erneut gesungen, diesmal gemeinsam mit den Menschen im Zelt und Herrn Kammel, der ein Mikrofon in die Hand gedrückt bekommen hatte und den leitenden Satz des Liedes singen sollte. Er hat sich sehr wacker geschlagen;) Dann wurde der „Soweto Gospel Choir" willkommen geheißen. Die etwa 30 Mitglieder umfassende Gruppe, von denen an diesem Tag nur ein paar beim Gottesdienst dabei waren, wurde von den Chorleitern David Mulovhedzi und Beverly Bryer im Johannesburger Stadtteil Soweto gegründet. Ihren ersten Auftritt hatte sie 2003 beim Konzert 46664, das von Nelson Mandela initiiert wurde. Seitdem hat sie mehrere internationale Tourneen absolviert, zwei Grammys gewonnen und sang 2010 sang gemeinsam mit dem US-Amerikaner R. Kelly die Hymne Sign of Victory bei der Eröffnungsfeier der Fußball-WM in Südafrika. Die Gruppe führte den Gottesdienst fort und sang drei mitreißende Lieder. Natürlich alles mit Bewegung und so viel Energie, dass es auf jeden im Publikum überschwappte. Selbstverständlich wünschten sich die Menschen im Anschluss, dass der den Gottesdienst besuchende Chor aus Deutschland auch noch etwas Musik zum Besten gab. Dem kamen wir natürlich nach und sangen Witness und Kwangena. Leider mussten wir uns dann bereits wieder verabschieden und verließen das Zelt, nicht ohne noch einen letzten Segen ausgesprochen zu bekommen.

Ziemlich überwältigt von den Eindrücken fuhren wir mit unserem Bus weiter durch Soweto, bis zur „Regina Mundi Catholic Church". Sie ist die größte römisch-katholische Kirche Südafrikas. Aufgrund der Rolle, die sie als Versammlungsort für die Menschen von Soweto in den Jahren vor, während und nach dem Kampf gegen die Apartheid spielte , wird sie oft als „Volkskirche“ oder „Volkskathedrale“ bezeichnet. Die Menschen versammelten sich in der Kirche und anstelle Gottesdienste abzuhalten schmiedete sie hier Pläne um sich gegen die Apartheid zu wehren. Da politische Versammlungen an den meisten öffentlichen Orten verboten waren, wurde die Kirche zum wichtigsten Ort, an dem sich die Menschen in Soweto treffen und diskutieren konnten. Sogar Beerdigungen endeten oft in politischen Versammlungen. Daher war Regina Mundi eines der wichtigsten Zentren des Anti-Apartheid-Aktivismus in der Provinz Gauteng.
Während des Soweto-Aufstands vom 16. Juni 1976, als Studenten wahrend eines Protestes in Orlando West von der Polizei beschossen wurden, flohen viele Demonstranten nach Regina Mundi. Die Polizei drang in die Kirche ein und feuerte scharfe Munition ab. Niemand wurde getötet, obwohl viele verletzt und die Kirche selbst sowie ihre Möbel, Dekorationen und Symbole beschädigt wurden. Sowohl die Innen- als auch die Außenwände der Kirche tragen noch immer die Spuren der Schießereien.

Eine kurze Busfahrt weiter gelangten wir zum Hector Pieterson Platz. Der 12-jährige Junge Hector wurde an jenem 16. Juni 1976 von der Polizei während der Soweto-Aufständen erschossen.
Die Polizei eröffnete das Feuer auf schwarze Schüler*innen, die an jedem Tag gegen die Einführung von Afrikaans als Unterrichtssprache für alle Schulfächer protestierten, da sie lieber in ihren Muttersprachen Xhosa und Zulu lernen wollten. Ein Nachrichtenfoto zeigt den tödlich verwundeten Pieterson, der von einem anderen Jungen getragen wird, während seine Schwester neben ihnen herläuft. Der Jahrestag von Hector Pieterson Tods wird in Südafrika als Tag der Jugend bezeichnet.

Zu Fuß liefen wir vom Hector Pieterson Platz etwa 10 Minuten lang bis zum Mandela Haus. Nelson Mandela bezog dieses Haus mit seiner damaligen Familie im Jahre 1946. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau heiratete er Winnie Mandela und lebte gemeinsam mit ihr in diesem Haus bis 1962, bevor er in den Untergrund ging und später 27-jährige Haftstrafe antrat. Winnie Mandela bewohnte das Haus mit den gemeinsamen Kindern bis zu ihrer Bannung nach Brandfort. Nach Mandelas Freilassung im Februar 1990 zog er erneut in das Haus. In seiner Autobiografie "Der lange Weg zur Freiheit" schrieb er, erst dort das Gefühl von Freiheit gehabt zu haben. Er verblieb jedoch nur elf Tage dort und bezog später ein Haus im Johannesburger Stadtteil Houghton Estate. Das Haus dient heute als Museum um Mandelas Leben und Geschichte zu veranschaulichen. In den Fassaden der Hauswand sind noch bis heute Einschusslöcher zu sehen.

Nachdem wir an unserem letzten Tag in Südafrika noch diese drei geschichtsträchtigen Orte besucht hatten, mussten wir dann leider den Weg zum Flughafen Johannesburg antreten. Nach einer Stunde Fahrt gelangten wir dort gegen 16 Uhr an. Die Koffer waren schnell aufgegeben, letzte Souvenirs eingekauft und alle durch die Sicherheitskontrolle gelangt. So hob um 19 Uhr eine Boeing 747 mit dem NKC an Board ab, um gute 11 Stunden später gegen 5:45 Uhr in Frankfurt zu landen. Auch die dreistündige Rückfahrt zum Schiller-Gymnasium in Heidenheim verlief reibungslos und so wurden wir kurz nach 11 Uhr von einem tollen Empfangskomitee bestehend aus Eltern und Freunden herzlich begrüßt.

Nun geht also auch diese einzigartige Reise zu Ende. 17 intensive, spannende, ereignisreiche aber auch anstrengende Tage liegen hinter uns. Viele Eindrücke konnten wir gewinnen, haben Neues gelernt und tolle Konzerte zusammen gesungen. Dass diese Reise durch und durch ein Erfolg war haben wir vor allem Sylvia Lohse zu verdanken. Du hast uns mit deiner monatelangen Planung und Organisation eine unvergessliche Reise beschert und wir können uns nur von Herzen bei dir bedanken! Ein großer Dank gilt auch unserer Pianistin Kyoko Kanazawa, die uns herausragend am Klavier bei jedem Konzert begleitet hat, ganz gleich welch verstimmtes Klavier oder wackeliges Keyboard ihr hingestellt wurde. Ein riesengroßer Dank gilt auch Daniela Burkart, die für alle immer ein offenes Ohr hatte und Frau Lohse in jeder Hinsicht bei der Planung unterstützte! Und die mir sämtliche Bilder hat zukommen lassen, was diesen Blog um einiges bereichert hat!
Und nicht zu vergessen natürlich auch ein herzliches Dankeschön an Thomas Kammel, der mit uns jedes Konzert bestritt und das Beste aus uns herausgeholt hat!

Danke an alle, die diese Reise zu der gemacht haben, die sie war!


Herzlichst, Anna

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