Veröffentlicht: 06.08.2019
«Da ging Rasmus ein Licht auf, was es hiess, Landstreicher zu sein. In einem einzigen, erleuchteten Augenblick wurde ihm das Wunderbare an diesem neuen Leben klar. Man konnte genau das tun, was man wollte. Man konnte essen und schlafen und wandern, ganz wie es sich ergab. Man war frei, so göttlich frei wie ein Vogel im Walde» (aus Rasmus und der Landstreicher).
Wir sind in der Region Smaland gelandet, oder besser gesagt, in die Welt von Astrid Lindgren eingetaucht. Wir sind total verliebt in diesen Teil von Schweden. Weite Landschaften, unterbrochen durch märchenhafte, mit Moos und Farn verwachsene Wälder und immer wieder die liebevollen, gepflegten Grundstücke mit den typisch schwedisch-roten Häuser und Bauernhöfe. (Dieses Schwedenrot stammt aus der Zeit, in der grosse Mengen Eisenerz abgebaut wurde. Das Abfallprodukt, ein roter Schlick, wurde dann gebraucht, um die eigenen Holzhäuser anzustreichen. Dies hatte den Vorteil, dass das Holz wetterbeständig blieb, gegen Schädlinge geschützt war und die Wärme in den Häusern hielt).
Ja, und jetzt sind wir unterwegs wie Rasmus und der Landstreicher. Geniessen und verplämpern die Zeit, erleben und sind und tun nach was uns ist. Und so hat es uns plötzlich gepackt, in die Welt von unseren Kindheitserinnerungen einzutauchen. «Kommt herein oder bleibt draussen, wie ihr wollt!», rief Pippi. «Ich zwinge niemanden» (aus Pippi Langstrumpf).
Nach einem heftigen Gewitter sind wir kurz nach Vimmerby in den Geburtsort von Astrid Lindgren. Hier ist die Zeit (leider) nicht stehen geblieben und wir erlebten das Städtchen charmlos, was uns dazu bewegte schnell weiter zu fahren. Zum Glück, wie sich herausstellte. Denn hätten wir ein gemütliches Kaffee gefunden, wären wir bestimmt sitzen geblieben und hätten Folgendes verpasst. Aus einer Laune heraus haben wir den Katthulthof angefahren. Das ist der Hof, auf dem Michel gefilmt wurde. Der Hof wird nach wie vor von einer Familie betrieben und steht den Besuchern zur Besichtigung offen. Es war fantastisch. Unsere Fantasiebilder aus den Texten und dem Film von diesem Lausbuben, haben sich plötzlich mit der Wirklichkeit vermischt. Alles war da: der Säuli- und Pferdestall, das Familienhaus, das Plumsklo in dem Michel mal seinen Vater eingesperrt hat, der Fahnenmasten, das rote Gattertor und natürlich auch der Holzschuppen mit den vielen geschnitzten Holzfiguren, wenn Michel wiedermal einen Unfug angestellt hat. «Unfug denkt man sich nicht aus, Unfug wird es von ganz allein» (aus Michel aus Lönneberg).
Am nächsten Tag machten wir uns früh auf, um noch mehr in die Kindheitserinnerungen aus den Geschichten von Astrid Lindgren einzutauchen. Wir beschlossen die Astrid Lindgren Värld in Vimmerby zu besuchen. Okay, ein Kinderparadies und okay, wir waren vermutlich die einzigen ohne kleinen Kindern, aber he … «Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen, muss wie andere Menschen» (Astrid Lindgren). Diese kleine Welt war dann auch unglaublich liebevoll gemacht. Als erstes steuerten wir die Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf und Herrn Nielson an. Nach einer kurzen Besichtigung war es auch schon Zeit für das erste Theater/Musical von Pippi. Weiter ging es durch den Mattiswald zur Mattisburg. Hier durften wir mit einem Theater nochmals miterleben wie Ronja auf der Burg gross wurde (mit einem gewaltigen Knall hat sich tätsächlich die ganze Burg in zwei geteilt!). Durch die Wolfsklamm gelangten wir ins Bullerbü und weiter zum Katthult. Dort erlebten wir, wie Klein-Ida auch mal Unfug machen wollte, wie Michel seinen Kopf in die Suppenschüssel steckte und seine Schwester den Fahnenmasten hochzog. Übers Kirschblütental gelangten wir dann ins Heckenrosental, in dem wir das Wiedersehen von den Gebrüder Löwenherz bestaunten. Obwohl die Musicals alle auf Schwedisch waren, fanden wir es sehr gelungen, konnten mitlachen und uns wieder an die (vor)-gelesenen Geschichten erinnern. Wir fanden die
Welt war definitiv einen Besuch wert. Und das Beste war, niemand von uns hatte in die Hose gemacht, niemand hatte einen Tobsuchtsanfall, weil er kein Eis bekam, niemand musst während der Vorstellung aufs WC und niemand hat geweint, weil der andere ihm die Zunge herausgestreckt hat.
«Und ich steck’ meine Nase grad in den Sommerwind und weiss, dass ich zu jeder Stund ein Abenteuer find’ – Der Sommer ist das Schönste im ganzen Jahr, im Winter denk’ ich immer wie warm’s im Sommer war» (Pippi Langstrumpf).