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Torres del Paine

Veröffentlicht: 26.01.2020

Der Nationalpark Torres del Paine ist einer der bekanntesten Nationalparks auf dem Kontinent Südamerika. Somit sassen wir schon an Auffahrt 2019 vor dem Computer und buchten die Campings für den Torres del Paine. Ob dieses Highlight dann in unsere Reiseplanung passen würde, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht – doch es passte wunderbar. 

Tag 1: Da wir erst zwei Tage zuvor, als wir unser Nationalparkticket lösen wollten, erfuhren, dass gewisse Wanderwege nur noch in eine Richtung begangen werden können, mussten wir unsere geplante Wanderung für den ersten Tag umstellen. Wir wollten eigentlich einem See entlang zum ersten Campingplatz wandern, was jetzt ein (nicht ganz gratis – Halsabschneider) Katamaran für uns abkürzte. So nahmen wir den gleichen Bus wie Franziska (Carlas Mutter, die an ihrem letzten Tag in Patagonien einen Tagesausflug zum Torres del Paine machte) und fuhren zur Anlegestelle am See. Da wir über fünf Stunden Zeit hatten, liessen wir unsere Rucksäcke im Bus und wanderten nur mit dem Nötigsten zu einem Wasserfall und einem Mirador. Im Nachhinein war es eine gute Sache, diesen Teil des Nationalparks auch noch zu sehen, aber im Moment haben wir uns fürchterlich genervt, dass ein Weg quasi gesperrt wurde, nur dass man eine teure Schifffahrt lösen muss.

Auf dem Zeltplatz angekommen, konnten wir unser Zelt irgendwo aufstellen. Wir fanden eine einigermassen ebene Stelle und verankerten unser tragbares Zuhause für die nächsten sechs Nächte gut im Boden. Die Windböen wirbelten schon kräftig über den Platz. Beim Nachtessen (es gab Menü 2: Kartoffelbrei mit Würstchen) beobachteten wir belustigt, dass gewisse Wanderer kaum mehr gehen konnten und hofften, dass es uns nach diesen Tagen besser gehen würde.

Tag 2: Heute wanderten wir früh los. Unser Ziel war der Gletscher Grey am Ende des Tals. Der Weg führte uns durch abgebranntes Buschland, aus dem bizarre weisse Baumskelette herausstachen. Vor einigen Jahren hatte ein Wandertourist sein WC-Papier zwischen den Büschen angezündet, was zu einem verheerenden Brand führte. Der Wind trug das Feuer das ganze Tal hinunter und liess in kürzester Zeit viele Hektare Natur sterben.

Nach einem kurzen, heftigen patagonischen Regenschauer (dem Einzigen, bei dem wir unsere Regenponchos überzogen) blitzten plötzlich tiefblaue Eisschollen auf der Laguna Grey auf. Die grossen Eisbrocken leuchteten in einem so intensiven Blau, dass sie wie ins Bild gepinselt wirkten. Da wir schon den viel grösseren Perito Moreno Gletscher bestaunen durften, wirkte der Gletscher Grey auf uns nicht mehr so eine grosse Faszination aus. Viel mehr verzauberten uns die Eisberge, die in den unterschiedlichsten Formen und Farben vor dem Gletscher im Wasser schwammen.

Zurück auf dem Camping gönnten wir uns eine Dusche und setzten uns in den Gemeinschaftsraum. Wir kamen mit anderen ins Gespräch und tauschten Räubergeschichten aus. Ach ja, heute stand Menü 1 auf dem Plan. Genau, Pasta mit Tomatensosse.

Tag 3: Nach einer windigen Nacht verstauten wir all unsere Sachen wieder in den Rucksäcken und nahmen den nächsten Teil des W-Treks unter die Wanderschuhe. Mit all dem Essen und Equipment waren die Rucksäcke ordentlich beladen und wir kämpften uns zu Beginn gerade mal einen Anstieg hinauf. Danach ging es besser und wir erreichten vor dem Zeitplan einen kleinen Zeltplatz, bei dem wir unsere Sachen lassen konnten und wieder nur mit dem Nötigsten durch das Frances-Tal wanderten. Wir kamen super schnell zum ersten Aussichtspunkt hinauf und waren euphorisch, da wir über eine Stunde schneller waren als angegeben. Leider merkten wir bald, dass die Zeiten überhaupt nicht stimmen konnten, denn zum eigentlichen Ziel hatten wir dann mehr als doppelt so lang als angeschrieben. Oben war es dann nach einer Salami und M&Ms so oder so wunderschön. Wir hatten einen gewaltigen Ausblick auf einen Talabschluss mit mächtigen Felswänden und einem grünen Tal, das in einem milchig-blauen See endete. Diese Bergwelt erinnerte uns stark an die Schweiz, der vom Gletscher geformte See mit den vielen kleinen Inseln aber eher an einen See in Schweden oder ans Meer in Kroatien, einfach sehr schön.

Wieder unten mussten wir mit den Rucksäcken nur noch eine halbe Stunde zu unserem Zeltplatz wandern. Dort bekamen wir eine Plattform am steilen Hang zugewiesen. Eigentlich noch cool, so ein Schlafplatz mit Ausblick. Aber habt ihr schon mal ein Zelt auf einem Holzboden aufgestellt? Die Heringe konnten wir vergessen. So behalfen wir uns mit einer Zeltschnur die wir mitgebracht hatten und versuchten so, unser Zelt windsicher fest zu verankern. Hier wurde uns das erste Mal bewusst, dass wohl nur wenige ihr eigenes Zelt mittragen. Es gab nur etwa 10 Plätze für eigene Zelte, auf allen anderen Plattformen standen Mietzelte (mit Holzschrauben verankert).

Tag 4: Vor diesem Tag hatten wir etwas schiss. Es war mit Abstand die längste Strecke und die meisten Höhenmetern, die wir mit den schweren Rucksäcken bewältigen mussten. Wir nahmen uns aber genügend Zeit und wanderten gemütlich durch die abwechselnde Natur. Gegen den frühen Nachmittag kamen wir dann auf dem Camping Chileno an und erlebten gleich die erste Überraschung. Hier herrscht absolutes Feuerverbot. Es gab auch kein Kochzelt oder ähnliches, sie könnten einfach heisses Wasser anbieten, oder halt das Restaurant (ja ja, Halsabschneider). Da wir nur noch Reis oder Pasta hatten, beschlossen wir einfach mal den Koch in der Küche zu fragen, ob er nicht unseren Topf mit Pasta auf seinen Herd stellen könnte. Hat bei uns wunderbar geklappt, später gegen den Abend war es dann nicht mehr möglich, zu viel los hiess es. Wir waren aber satt und schlüpften bereits in unser Zelt, als einige Wanderer sichtlich müde erst auf dem Camping eintrafen. Unser Zelt stand auch hier auf einer Plattform im steilen Wald, aber immerhin bekamen wir diesmal noch Nägel und einen Hammer dazu.

Tag 5: Immer wieder sagten wir, dass der Torres del Paine Nationalpark mit den bekannten Felstürmen unser Hauptziel in Patagonien sei. So liessen wir es uns nicht davon abhalten, wenigstens den Versuch zu unternehmen, den Sonnenaufgang beim Torres del Paine zu sehen. Bereits um 3:20 Uhr wanderten wir mit dem Schein unserer Stirnlampen los und stiegen durch ein anspruchsvolles Gröllgelände immer höher. Immer wieder mussten wir einige Meter des steilen Pfades in einem Bach emporsteigen, denn das Wasser floss zwischenzeitlich genau durch diesen Weg. Als wir das verblockte Gelände hinter uns gelassen hatten und schon fast oben waren, sagte uns ein grosser Graufuchs guten Morgen.

Durchgeschwitzt wechselten wir bei dem Bergsee angekommen unsere Kleider und suchten uns einen geeigneten Platz für das beste Foto. Dick eingepackt warteten wir (es hatte bereits einige Leute hier oben, wann sind die bloss aufgestanden?) auf die Sonne. Es wurde heller und heller und die Sonne kitzelte schon etwas den Horizont, doch leider zogen auch die Wolken hinein und so blieb uns das perfekte Spektakel verborgen. Aber ein Himmel ohne eine Wolke, ist ja eh langweilig und so war es mit Wolken doch noch viel besser als schon lange geträumt. Und es kam noch besser. Da wir genügend warme Kleider bei uns hatten, überstanden wir alle mittlerweile durchgefrorenen Frühaufsteher und hatten die drei Felstürme eine Zeit nur für uns. Wie als Gutmachung für die unangenehmen Wandertage in Peru, verzogen sich dann auch noch die grössten Wolken und belohnten uns mit einem unvergesslichen Blick. Wie schön!

Wieder durchs Bachbett hinuntergestiegen, stärkten wir uns mit einem Frühstück, bauten das Zelt ab und musterten die Tagestouristen, die langsam von ganz unten kamen. Den ganzen Weg hinunter ins Tal schlossen wir Wetten ab, ob wohl die weissen Turnschuhe am Ende des Tages noch weiss wären, Leinenschuhe wasserdicht sind, die Plastikdaunenjacke die richtige Wahl sei, einen Rucksack Hinten und! Vorne die Sicht aufs Geröll nicht etwas beeinträchtigt und das verschwitzte, rote Gesicht ganz oben vom kühlen Wind getrocknet wird, oder früher umkehren muss …

Wir kamen gut wieder hinunter in die Ebene, wo der W-Trek eigentlich endet. Wir wären aber nicht wir, wenn wir nicht noch eine Zusatzschleife geplant hätten. So stellten wir nochmals unser Zelt auf und genossen zum ersten Mal Menü 3: Reis mit Fleisch und Gemüse aus dem Beutel.

Tag 6: Die Nacht war bitter alt. Der Wind und die Talsenke wirkte wie ein Kühlschrank und liess und die Nacht hindurch heftig bibbern. So machten wir uns wenig motiviert auf den Weg zum letzten Camping Seron. Wir durchwanderten einen Wald und eine Ebene voll mit Margeriten. Also wirklich voll. Riesige Wiesen voll mit den weissen Blumen. Phuuu … wir kamen nicht vorwärts. Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, sie liebt mich …

Beim Camp Séron trafen wir am frühen Nachmittag ein und entspannten in der Sonne. Nochmals Menü 3 und ab in die Haia.

Tag 7: Leider plagten Carla schon seit einigen Tagen ein komischer Bauch, der sie heute immer wieder ans WC fesselte. Jetzt war es langsam genug und wir sehnten uns nach einem richtigen Bett. Wie beim ersten Tag wäre auch dieser Weg zurück zum Haupteingang nur one-way, aber alles liessen wir uns nicht verbieten (auch weil es im Internet bei unserer Planung nicht aufgelistet war). Wieder durchquerten wir die Blumenwiesen, einen Anstieg und einen Wald und kamen dann erschöpft, aber stolz und glücklich beim Besucherzentrum an.

Die Wanderung durch den Torres del Paine war ein Hauptziel von uns in Patagonien und mit etwas Abstand zu den Strapazen sind wir überglücklich dies erlebt zu haben. Noch nie haben wir in so kurzer Zeit so viel verschiedene Natur erlebt, die einfach einzigartig ist. Zwei Tage weniger hätten es vermutlich auch getan. Aber sind es nicht oft genau diese spezielle Abenteuer, die uns am meisten in Erinnerung bleiben?

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