Veröffentlicht: 29.08.2016
23.08.2016
Gestern habe ich Blut geleckt! Nicht das des toupierten Hotelmoguls und auch kein sonstiges – aber das metaphorische Gefallen finden am Surfen hat mich trotzdem wieder einmal gepackt. Gefesselt von den überaus positiven Erfahrungen und Ereignissen des Vortags setze ich meinen Willen durch und wir reisen noch einmal in die Sechziger zurück. Viel Widerstand wird mir von Gudi allerdings nicht entgegengebracht, eher im Gegenteil, hat auch die das Örtchen liebgewonnen.
Am nahegelegenen Campingplatz, einem regelrechten Mekka für Feiheitsliebende (bzw. Freicampliebende) sind wir die Stars. Zwar tummeln sich unzählige heruntergekommene und auch verzierte, fahrende Unterkünfte an diesem Parkplatz, keiner aber ist so verschlissen wie der unsere. Und keiner wird von Blumen und dem Schriftzug „Hippie Camper“ geziert. Am Morgen unserer Abreise ruft mir ein zahnloser Camper, der offensichtlich noch deutlich im vorigen Jahrhundert lebt, „Flower Power – put your Hands forward!“ zu. Ich feiere dies, da ich es als Bestätigung erachte, dass die Alternativos uns als ihre Anführer auserkoren haben.
Am Strand finden wir leider ein komplett anderes Bild als gestern vor. So sind diesmal nicht nur wenige, sondern gar keine Surfer im Wasser. Dies liegt an den furchtbaren Bedingungen und den eisigen Temperaturen – oder daran, dass sie vor mir geflüchtet sind. Nichtsdestotrotz begehe ich das natursportliche NoGo und stürze mich alleine in die Fluten.
Nach und nach erkennen auch andere Wellenanbeter, dass man auch bei schlechten Bedingungen hervorragende Performances bringen kann und so bin ich nicht sehr lange unter meinesgleichen. Durchfroren, aber mit, vor Freude und Leidenschaft glühendem, Herzen besuche ich nach drei Stunden Gudi im Campervan wieder. Diese nimmt mein Versprechen wahr, mir ihren gestern erforschten Laufparcours zu zeigen, was mich in gegenwärtiger Situation genauso sehr interessiert wie ein Stein im Sand. Die Liebe motiviert und so finde ich mich kurze Zeit später hinter Gudi am Laufpfad wieder. Die sportliche Dame hat tatsächlich einen wunderschönen Weg ausgeforscht und lockt mich mit der Behauptung, gestern beim Leuchtturm Wale und Delphine beobachtet zu haben.
Diese erwartend treibe ich Gudi so sehr an, dass die arme noch Minuten nach dem Erreichen des Plateaus keucht wie ein Eisbär im Sommer. Meeresbewohner nehmen wir leider keine war. Trotzdem bin ich recht beeindruckt von den konditionellen Errungenschaften der Meinigen, waren die doch definitiv schon schlechter.
Fünfundzwanzig Schokomittagskekse später werfe ich mich nochmals aufs Brett und bemerke, dass ich leer bin. In den Muskeln, weniger im Bauch. Viel geht leider nicht mehr, weshalb wir den Tag recht bald aus sportlicher Sicht beenden.
Stattdessen parken wir unser Auto ausnahmsweise auf einem kostenpflichtigen Campingplatz, da wir eine Party in der Stadt besuchen und daher sehr zentral wohnen wollen. Den Köder, gratis Essen und Getränke bei freiem Eintritt genießen zu dürfen, mussten die Betreiber eines Hostels für uns nicht wirklich weit auswerfen. Unsere Lebern, sowieso mehr als unterfordert, lechzten danach, ihre Schaffenspausen beenden zu dürfen, weshalb wir uns kopfüber in das Partygetümmel stürzen. Dies führt fast dazu, dass ich beim Tanzen von meinem Sessel stürze. Alles weiter erklärt sich wohl selbst, wir schauen ausnahmsweise etwas tiefer ins Bierglas, was dazu führt, dass wir uns nicht lange fragen, weshalb all dies eigentlich umsonst sei. Möglicherweise ist dies die richtige Taktik um offensichtlichen Lockangeboten wie diesem zu entgehen, sind wir doch zum Ende des Gratistrinkens so bedient, dass wir nach Hause gehen müssen – ohne einen Cent ausgegeben zu haben. Müde und leicht schummrig lassen wir uns vom Prasseln der Regentropfen auf unserem Blechdach in den Schlaf trommeln. Die eigenen Alkoholausdünstungen im verschlossenen Auto tragen ihr Übriges dazu bei.
Gudis glorreiche Gesetze:
Tanze niemals angetrunken am Tisch!
Alles Blödsinn, ich bin nach einigen Bieren sowieso wesentlich koordinierter und aufmerksamer, als nüchtern. Gudi versteht dies nicht ganz, nimmt meine Erklärung, im Normalzustand nur Tollpatschigkeit vorzutäuschen aber mehr oder weniger resignierend hin. Vom Tisch falle ich außerdem an diesem Abend nicht und auch am Sessel hüpfend verschont mich die Gravitationskraft - wenn auch nur knapp.